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Euro-Wirtschaft kommt in Schwung - Industrie bleibt Sorgenkind

23.04.2024
um 13:27 Uhr

Berlin (Reuters) - Die Wirtschaft in der Euro-Zone setzt zum Frühjahrsaufschwung an: Im April ist sie auch dank einer unerwartet starken Belebung in Deutschland so kräftig gewachsen wie seit einem knappen Jahr nicht mehr.

Der Einkaufsmanagerindex stieg um 1,1 auf 51,4 Punkte, wie der Finanzdienstleister S&P Global am Dienstag zu seiner monatlichen Umfrage unter Tausenden Firmen mitteilte. Das ist der höchste Wert seit elf Monaten. Das Barometer zeigt bei Werten über 50 ein Wachstum an. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Volkswirte hatten zwar mit einem Anstieg gerechnet, allerdings nur auf 50,7 Zähler.

"Die Euro-Zone hat einen guten Start ins zweite Quartal hingelegt", sagte der Chefökonom der Hamburg Commercial Bank, Cyrus de la Rubia. Dafür sorgten vor allem die Dienstleister: Deren Barometer legte um 1,4 auf 52,9 Zähler zu, was ebenfalls der höchste Stand seit elf Monaten ist. Eine niedrigere Inflation und höhere Löhne stärken derzeit die Kaufkraft der privaten Haushalte, wovon der Service-Sektor profitiere.

Dagegen sank das Industriebarometer um 0,5 auf 45,6 Punkte. "Das Bild bleibt recht trübe, sinkt das Neugeschäft doch weiterhin rasant", sagte de la Rubia dazu. Das gelte auch für die Auftragsbestände. Dabei dürften neben der schwächelnden Nachfrage auch strukturellen Gründe eine Rolle spielen. "Unter anderem dürfte hier China verantwortlich zeichnen, dessen Unternehmen mehr und mehr zu einem Konkurrenten für die hiesigen Hersteller werden, auch und besonders bei High-Tech-Produkten", warnte der Chefökonom, dessen Bank die Umfrage sponsert.

"ZEIGT FRÜHLINGSGEFÜHLE"

Dass die Euro-Konjunktur wieder besser in Form ist, liegt auch an ihrer größten Volkswirtschaft Deutschland: Hier kletterte der Einkaufsmanagerindex um 2,8 Zähler auf 50,5 Punkte und liegt damit erstmals seit zehn Monaten wieder über der Wachstumsschwelle von 50. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten nur einen Anstieg auf 48,5 Zähler vorhergesagt. "Die deutsche Wirtschaft zeigt Frühlingsgefühle", sagte der Chefvolkswirt für Deutschland bei Deutsche Bank Research, Robin Winkler. "Und es ist klar, wer die Herzen höher schlagen lässt: der Dienstleistungssektor." Dies deute auf eine stärkere Frühjahrsbelebung im privaten Konsum.

Der Preisdruck in der Euro-Zone hat sich derweil im April wieder verstärkt und ist erneut stärker ausgefallen als vor der Pandemie. Demnach hat sich sowohl der Anstieg bei den Einkaufs- als auch bei den Verkaufspreisen beschleunigt. "Die Zahlen werden die Bereitschaft der EZB, die Zinssätze im Juni zu senken, auf die Probe stellen", sagte de la Rubia. "Die Kosten haben sich deutlicher erhöht, was wahrscheinlich nicht nur auf die gestiegenen Ölpreise zurückzuführen ist, sondern auch - und das ist besorgniserregender - auf höhere Arbeitskosten."

Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer warnte daher vor einer zu schnellen Zinswende durch die Europäische Zentralbank (EZB). "Das positive Konjunktursignal sowie der zuletzt wieder anziehende unterliegende Inflationsdruck sprechen gegen eine frühe EZB-Zinssenkung, die EZB-Präsidentin Lagarde faktisch bereits für Juni angekündigt hat", sagte Krämer.

(Bericht von Rene Wagner, Reinhard Becker, redigiert von Christian Rüttger. - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)