Reuters

AfD-Politiker Krah will trotz Spionage-Affäre EU-Spitzenkandidat bleiben

24.04.2024
um 14:52 Uhr

- von Markus Wacket und Alexander Ratz

Berlin (Reuters) - Der wegen einer Spionage-Affäre in Verbindung mit China unter Druck geratene AfD-Politiker Maximilian Krah will Spitzenkandidat seiner Partei für die Europawahl bleiben.

Er habe persönlich kein Fehlverhalten an den Tag gelegt, sagte Krah am Mittwoch in Berlin nach einem Gespräch mit der AfD-Spitze. Daher sehe er keine Notwendigkeit, persönliche Konsequenzen zu ziehen. "Ich bin und bleibe Spitzenkandidat", betonte Krah.

Dem Mitarbeiter in seinem Büro, der unter Verdacht der Spionage für einen chinesischen Geheimdienst steht, kündigte Krah nach eigenen Angaben. "Es geht jetzt darum, dass wir den Wahlkampf wieder auf die europäischen Themen fokussieren und wegkommen von dieser sehr unangenehmen Angelegenheit", sagte er mit Blick auf die Wahl zum Europäischen Parlament, die in Deutschland für den 09. Juni terminiert ist. Am Wahlkampfauftakt der AfD am Samstag in Donaueschingen werde er allerdings nicht teilnehmen, sagte Krah.

Krahs Mitarbeiter Jian G. war am Montag in Dresden festgenommen worden, wie die Generalbundesanwaltschaft in Karlsruhe am Dienstag mitgeteilt hatte. Der Mann sei Mitarbeiter eines chinesischen Geheimdienstes. Das EU-Parlament suspendierte den Mitarbeiter noch am Dienstag mit sofortiger Wirkung. Jian G. wurde nach Angaben des Generalbundesanwalts vom Mittwoch in Untersuchungshaft genommen, ein Richter habe den Haftbefehl in Vollzug gesetzt. Die chinesische Regierung dementierte eine Verstrickung in den Fall.

"DAMIT EINHERGEHENDE RUFSCHÄDIGUNG"

"Es ist sehr unangenehm, und es ist in meinem größten Interesse, das aufzuklären", sagte Krah. Aber es sei eben nicht so, dass er es getan habe. Der 47-Jährige ist Mitglied im Bundesvorstand der AfD und seit 2019 Abgeordneter im Europäischen Parlament. Zur internen Klärung der Vorgänge zitierten die Vorsitzenden der Partei, Alice Weidel und Tino Chrupalla, Krah für Mittwochmorgen zu einem persönlichen Gespräch nach Berlin. "Wir haben heute in einer gemeinsamen Beratung mit Herrn Dr. Krah die schwerwiegenden Spionagevorwürfe gegen seinen Mitarbeiter und die damit einhergehende Rufschädigung erörtert", hieß es in einer Erklärung Weidels und Chrupallas im Anschluss. Sie hoben hervor, dass Krah den Mitarbeiter entlassen habe und nicht am Wahlkampfauftakt teilnehmen werde. "Jegliche Einflussnahmen fremder Staaten durch Spionage, aber auch der Versuch, Meinungen und Positionen zu kaufen, müssen aufgeklärt und mit aller Härte unterbunden werden", teilten sie mit. Einigen AfD-Politikern wird auch eine zu große Nähe zu Russland nachgesagt.

"ERHEBLICHES SPIONAGE-RISIKO"

Laut Bundesanwaltschaft wird dem festgenommenen Mitarbeiter Agententätigkeit für einen ausländischen Geheimdienst in einem besonders schweren Fall zur Last gelegt. Der Beschuldigte habe im Januar 2024 wiederholt Informationen über Verhandlungen und Entscheidungen im Europa-Parlament an seinen nachrichtendienstlichen Auftraggeber weitergegeben. Zudem habe er chinesische Oppositionelle in Deutschland ausgespäht. Der Hinweis auf den Beschuldigten kam nach Angaben der Anklagebehörde vom Bundesverfassungsschutz. Mit den polizeilichen Ermittlungen sei das Bundeskriminalamt beauftragt.

Ein Regierungssprecher sprach in Berlin von "besorgniserregenden Nachrichten". Es sei gut, "dass die Ermittlungsbehörden das Thema ernst nehmen, und dort ist es jetzt auch in guten Händen." Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums betonte, es gebe ein "ganz erhebliches Spionage-Risiko aus China". Er verwies dabei aber auch auf die erfolgreichen Zugriffe der Ermittler. Bereits am Montag hatte die Festnahme von drei Deutschen Schlagzeilen gemacht, die für China spioniert haben sollen. Sie waren in Düsseldorf und Bad Homburg festgenommen worden und sollen unter anderem Informationen zu militärisch nutzbaren Technologien beschafft haben.

(Redigiert von Kerstin Dörr; Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)