(Reuters) - Die zunehmenden pro-palästinensischen Proteste an US-Universitäten spielen immer mehr in den Wahlkampf ums Weiße Haus hinein.
Der republikanische Präsidentschaftsbewerber Donald Trump übte schwere Kritik an den Demonstrationen, die überwiegend friedlich verliefen, teils aber auch von Zusammenstößen zwischen Studierenden und der Polizei sowie Dutzenden Festnahmen begleitet werden. Trump behauptete, das Ausmaß der Gewalt und des Hasses sei viel schlimmer als bei einem Neonazi-Aufmarsch in der Stadt Charlottesville im Jahr 2017. Damals war ein mutmaßlicher Rechtsextremist mit einem Auto in eine Gruppe von Gegendemonstranten gerast. Eine Frau wurde getötet, mehrere Menschen wurden verletzt.
Bei den Studentenprotesten, die sich gegen Israels Krieg im Gazastreifen richten, gab es bislang keine derartige Gewalteskalationen. Trump sagte jedoch, Charlottesville sei im Vergleich zu den jetzigen Campus-Protesten eine Kleinigkeit gewesen. Der Republikaner war 2017 Präsident. Die tödlichen Ereignisse in Charlottesville wurden zu einer der ersten großen Krisen seiner Präsidentschaft, weil er sich lange nicht klar distanziert hatte, sondern weißen Rassisten und Gegendemonstranten gleichermaßen die Schuld gab.
Trump holte im Zusammenhang mit seiner Kritik an den Universitäts-Protesten auch direkt gegen seinen Rivalen, Präsident Joe Biden, aus. Biden rede nicht über die Proteste, weil er sie nicht verstehe. "Er versteht nicht, was in unserem Land los ist", sagte Trump.
Für Biden könnten die Demonstrationen tatsächlich zum Problem im Wahlkampf werden. Er hat im Zusammenhang mit den Protesten sowohl Antisemitismus verurteilt als auch "diejenigen, die nicht verstehen, was mit den Palästinensern los ist". Die Teilnehmer werden überwiegend dem linken politischen Spektrum zugerechnet und sie gelten somit als potenzielle Wähler des Demokraten Biden. Da es bei der Wahl im November voraussichtlich auf jede Stimme ankommt, kann sich Biden nicht erlauben, diese Anhängerschaft zu verprellen. Gleichzeitig steht aber die US-Regierung klar zu Israel, das nach dem Massaker der Hamas am 7. Oktober im Gazastreifen versucht, die radikalislamische Palästinenser-Organisation ein für allemal auszuschalten. Die Demonstranten fordern hingegen eine härtere Haltung gegenüber der israelischen Regierung und mehr Unterstützung für die Palästinenser angesichts mittlerweile Zehntausender Toter im Gazastreifen und der immer prekäreren Lage der Zivilbevölkerung.
(geschrieben von Christian Rüttger mit Material von Nathan Layne, Julia Harte, geschrieben von Christian Rüttger, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)