Peking (Reuters) - Es hat nur vier Jahre gedauert, den chinesischen Smartphonehersteller und Telekomausrüster Huawei zu einem führenden Zulieferer für die Autoindustrie zu machen.
Um die verheerenden Auswirkungen der US-Sanktionen auf das Mobilfunkgeschäft abzufedern, baute der Konzern ein Geschäft mit einem Fahrerassistenzsystem auf, das bei der Automesse in Peking für Aufsehen sorgt. Mindestens sieben chinesische Autobauer haben die Programme bereits in ihre Fahrzeuge aufgenommen. Mit der Volkswagen-Tochter Audi hat Huawei zudem inzwischen einen ersten wichtigen ausländischen Kunden gefunden.
Die Ingolstädter setzen das Fahrerassistenzsystem ab kommendem Jahr in der Langversion des elektrischen Q6 ein, der für den chinesischen Markt ausgelegt ist, wie mehrere Insider der Nachrichtenagentur Reuters sagten. Audi erklärte dazu, sich nicht zu Zulieferern zu äußeren. Huawei antwortete zunächst nicht auf die Bitte um Stellungnahme. Auch andere ausländische Autobauer zeigen Interesse. So besuchte Nissan-Chef Makoto Uchida den Stand des Unternehmens und ließ sich die Produkte zeigen. Drei Manager bei ausländischen Autobauern sagten, Huawei gelte als potenzieller Partner, trotz der Sanktionen im Westen. Ein wichtiger Grund dafür sei, dass Huawei seine eigenen Halbleiter herstelle, betonten sie. Das könnte dabei helfen, das China-Geschäft eigenständiger aufzustellen.
Dabei sind es gerade die Sanktionen in den USA und Bedenken in Europa, die dazu beigetragen haben, dass Huawei inzwischen etablierten Herstellern wie Bosch oder Continental bei intelligenten Fahrerassistenzsystemen (ADAS) Konkurrenz macht. Denn das Geschäft mit Smartphones und Netzausrüstung hat durch die Strafmaßnahmen einen deutlichen Dämpfer verzeichnet, die seit 2019 in Kraft sind.
Zugute kommt Huawei, dass das Geschäft mit Elektroautos in China boomt und die Autos in atemberaubender Geschwindigkeit besser werden. Die etablierten Autobauer ringen mit Neuankömmlingen um Marktanteile, auch günstige Fahrzeuge werden mit Systemen ausgerüstet, die lange als Premium galten. Insbesondere staatliche Hersteller sind nach Einschätzung von Analysten auf Zulieferer angewiesen, wenn sie den Anschluss an reine Elektroautobauer wie BYD nicht verlieren wollen. So nutzen die staatlichen Hersteller Changan, Dongfeng und Baic Huawei-Systeme in ihren Elektroauto-Marken. Auch Guangzhou Automobile (GAC) verwendet Huawei in seinen Spitzenmodellen. "Huawei ist derzeit führend in der ADAS-Technologie", sagte GAC-Spitzenmanager Feng Xingya.
Und doch bleiben Risiken. Einerseits investiert Huawei auch in den Bau eigener Autos. Das schürt nach Einschätzung von mehreren Brancheninsidern Sorgen, dass Huawei nicht nur ein Zulieferer ist, sondern auch ein Konkurrent. Dazu kommt, dass Huawei im Ausland kritisch gesehen wird. Die USA werfen dem Konzern enge Verbindungen zur chinesischen Regierung vor. Die Regierung in Washington hat inzwischen auch Ermittlungen dazu eingeleitet, ob chinesische Autos ein Risiko für die nationale Sicherheit darstellen, weil sie beim Fahren Daten sammeln. Huawei könnte ein weiteres Mal mit Sanktionen belegt werden. Und so könnte Huawei vor allem die Autos durch China steuern. Exportpläne hat bislang keiner der Huawei-Kunden angekündigt.
(Bericht von Zhang Yan, Kevin Krolicki und Brenda Goh, geschrieben von Christina Amann, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter Berlin.Newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder Frankfurt.Newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)