Berlin (Reuters) - Die deutsche Wirtschaft ist im ersten Quartal dank steigender Exporte und Bauausgaben an einer Rezession vorbeigeschrammt.
Das Bruttoinlandsprodukt wuchs von Januar bis März um 0,2 Prozent im Vergleich zum Vorquartal, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag mitteilte. Das ist das größte Plus seit einem Jahr. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten nur mit einem Mini-Wachstum von 0,1 Prozent gerechnet. Im vierten Quartal 2023 war Europas größte Volkswirtschaft noch stärker geschrumpft als bislang angenommen, und zwar um revidiert 0,5 (bisher: -0,3) Prozent. Bei zwei Minus-Quartalen in Folge wird von einer technischen Rezession gesprochen.
Den Statistikern zufolge wurde das Wachstum zu Jahresbeginn von Anstiegen der Bauinvestitionen und der Exporte getragen. "Die privaten Konsumausgaben gingen dagegen zurück", hieß es. 2023 insgesamt sank das Bruttoinlandsprodukt mit 0,2 Prozent etwas geringer als bislang mit minus 0,3 Prozent angenommen. Die Bundesregierung erwartet für 2024 ein Wachstum von 0,3 Prozent. Dem Internationalen Währungsfonds (IWF) zufolge schlägt sich keine andere große Industrienation schlechter. "So richtig deutliches Wachstum wird es wohl erst 2025 geben", sagte LBBW-Ökonom Jens-Oliver Niklasch voraus.
"STRUKTURELLE HERAUSFORDERUNGEN BLEIBEN"
Zuletzt verbesserten sich allerdings viele Stimmungsindikatoren wie das Ifo-Geschäftsklima. "Für den lange ersehnten Aufschwung der deutschen Wirtschaft keimt Hoffnung auf", sagte der Konjunkturexperte des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Guido Baldi. "Strukturelle Herausforderungen bleiben aber bestehen und dämpfen das Trendwachstum vorerst weiterhin ? von der Alterung der Bevölkerung über die Rückstände bei der Digitalisierung bis hin zur lange verschleppten Energiewende."
Allerdings wächst die Zuversicht, dass künftig der private Konsum die Konjunktur anschiebt. Der Umsatz im Einzelhandel stieg im März mit real 1,8 Prozent zum Vormonat so stark wie seit fast zweieinhalb Jahren nicht mehr. "Es wächst die Hoffnung, dass der nahende Frühling den Konsum weiter anstacheln wird", sagte der Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank, Alexander Krüger.
Die Bundesbank sieht die heimische Wirtschaft allerdings noch nicht vor einem anhaltenden Aufschwung. "Die Konjunktur in Deutschland hat sich etwas aufgehellt, eine durchgreifende Belebung ist aber noch nicht gesichert", heißt es im aktuellen Monatsbericht. So dämpften die gestiegenen Finanzierungskosten und die erhöhte wirtschaftspolitische Unsicherheit die Investitionstätigkeit der Unternehmen. Die Nachfrage nach Waren "Made in Germany" aus dem In- und Ausland sei nach wie vor schwach. Auch im Wohnungsbau sei der Negativtrend in der Nachfrage noch nicht gebrochen.
(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Christian Rüttger. - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)