Reuters

Modellwechsel und Lieferengpässe verderben Mercedes und Volkswagen den Jahresstart

30.04.2024
um 12:57 Uhr

- von Christina Amann und Ilona Wissenbach

Berlin (Reuters) - Modellwechsel und fehlende Teile für renditestarke Verbrennerfahrzeuge haben den Autobauern Mercedes-Benz und Volkswagen einen Gewinneinbruch eingebrockt.

Volkswagen erwirtschaftete mit 4,6 Milliarden Euro ein Fünftel weniger Gewinn als vor Jahresfrist, bei Mercedes lag der Rückgang sogar bei knapp einem Drittel auf 3,9 Milliarden Euro, wie die beiden Unternehmen am Dienstag mitteilten. Der französische Rivale Stellantis meldete ein Umsatzminus von zwölf Prozent. Für den Jahresverlauf versprechen die Autobauer Besserung und halten an ihren Prognosen fest. An der Börse gehörten die Papiere dennoch zu den größten Verlierern.

Die Papiere von Mercedes gaben 3,7 Prozent nach, die VW-Aktien 1,9 Prozent, die Stellantis-Titel verloren 2,2 Prozent. "Sie leiden alle mehr oder weniger unter den gleichen Problemen", sagte Moritz Kronenberger, Portfoliomanager bei Union Investment. "Sie haben Lieferprobleme und ihre Margen sind unter Druck." Es stelle sich die Frage, ob 2024 wegen der vielen anstehenden Modellwechsel ein Übergangsjahr sei, oder ob die Nachfrage insgesamt schwächle. "Man muss von letzterem ausgehen, angesichts der hohen Inflation, der hohen Preise und der schwachen Nachfrage nach Elektroautos."

AUTOBAUER HALTEN AN PROGNOSE FEST

VW-Finanzchef Arno Antlitz sagte, der Start in das Jahr sei wie erwartet verhalten ausgefallen. "Ein starker März, die solide Auftragslage und der sich verbessernde Auftragseingang der letzten Monate sind ermutigend und sollten sich bereits im zweiten Quartal positiv auswirken." Auch Mercedes geht von Besserung im Jahresverlauf aus. Dabei dürfte der Stuttgarter Konzern davon profitieren, dass die Produktion von wichtigen Verbrennermodellen wieder anläuft, die zuletzt wegen Lieferproblemen bei 48-Volt-Systemen des Zulieferers Bosch ins Stocken geraten war. Die Preise will Mercedes trotz des schwierigen Marktumfelds nicht senken. Allerdings räumt Finanzchef Harald Wilhelm ein, dass sich die Nachfrage nach Luxusautos zuletzt abgeschwächt hat, vor allem in China. "Wir sehen eine Marktschwäche, der sich Top-End-Produkte nicht entziehen konnten."

Die Rendite in der Mercedes-Autosparte sackte in den ersten drei Monaten um sechs Prozentpunkte auf neun Prozent ab. Bei Volkswagen ging sie um 1,4 Prozentpunkte auf 6,1 Prozent zurück und lag damit deutlich unter der Zielmarke von sieben bis 7,5 Prozent für das Gesamtjahr. Ein wichtiger Grund für den Rückgang sind den Angaben zufolge Lieferengpässe bei der Premium-Tochter Audi: Hier sanken die Erlöse deutlich, weil V6 und V8-Motoren zeitweise nicht ausreichend zur Verfügung standen, die Rendite brach ein. Auch bei Porsche liefen die Geschäfte nicht so rund wie gewohnt. Besser sah es dagegen in der Volumengruppe Core aus, zu der die Kernmarke Volkswagen sowie Skoda, Seat/Cupra und die Nutzfahrzeugsparte mit dem VW-Bus gehört.

NEUE MODELLE KOMMEN IN DEN VERKAUF

Zu spüren bekamen beide Unternehmen, dass wichtige renditestarke Modelle erst im Jahresverlauf auf den Markt kommen. Bei Mercedes sollen mehr hochpreisige Top-End-Fahrzeuge wie die jüngst vorgestellte elektrische G-Klasse die Kasse füllen. Antlitz verwies darauf, dass die Sportwagentochter Porsche im Jahresverlauf eine Reihe neuer Fahrzeuge vorstellt. Bei der Kernmarke VW kommen bei Passat und Tiguan neue Versionen absatzstarker Fahrzeuge, bei Audi geht der elektrische Q6 e-tron in den Verkauf. Der Auftragsbestand liege mit derzeit 1,1 Millionen Fahrzeugen immer noch höher als vor der Corona-Pandemie, betonte Antlitz. "Wir sind zuversichtlich, dass der Auftragseingang sowohl bei Verbrennern als auch bei Elektroautos wieder ansteigt."

Volkswagen-Konzernchef Oliver Blume hat dem Wolfsburger Autobauer ein milliardenschweres Sparprogramm verordnet. Allein bei der Kernmarke Volkswagen sollen die Kosten bis 2026 um zehn Milliarden Euro sinken, die Rendite soll zugleich auf 6,5 Prozent steigen. Für die gesamten Markengruppe hat sich der Konzern sogar acht Prozent vorgenommen. Die Programme dürften im Laufe des Jahres 2024 allmählich Wirkung zeigen, sagte Antlitz. Zunächst aber fielen Kosten für Abfindungen in Höhe von 900 Millionen Euro an, die Volkswagen im zweiten Quartal verbuche.

(Redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter Berlin.Newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder Frankfurt.Newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)