UPDATE Emerging Markets Russland: Putin/Biden-Gespräch - Entspannung in greifbarer Nähe?

09.12.2021
um 19:38 Uhr

Liebe Leser,
 
die politische Situation rund um die Russische Föderation und USA bleibt weiter uneindeutig, wobei sich die Gesamtlage nach dem gestrengen Gespräch zwischen Vladimir Putin und Joe Biden tatsächlich zu entspannen scheint. Beide Leader sowie ihrer Vertreter gaben zunächst sehr wenige Informationen nach dem zweistündigen Gespräch bekannt. Doch die Ereignisse, die nach dem virtuellen Treffen beider Präsidenten stattfanden, lassen vermuten, dass schon bald eine signifikante Entspannung möglich wäre.
 
Grund dafür ist die jüngste Verabschiedung des US-amerikanischen Verteidigungsetat für 2022 durch US-Repräsentantenhaus, wobei einige zuvor hochgespielte und sehr umstrittene Maßnahmen wie ein Vorschlag zur Verhängung von Sanktionen gegen die russische Gaspipeline Nord Stream 2 sowie gegen 35 Russische Staatsbürger aus der vermuteten Umgebung des russischen Präsidenten gestrichen wurden. Im Umkehrschluss bedeutet dies quasi ein grünes Licht für Gazprom seitens der USA und einen baldigen Anfang von Gaslieferungen nach Europa.
 
Und damit bestätigt sich indirekt die frühere Annahme, dass Biden die nicht einfache Situation rund um die russische Pipeline Nord Stream 2 nicht weiter verschärfen will. Grund dafür ist die kontinuierlich wachsende Unzufriedenheit in Deutschland. Und an dieser Stelle ist es sehr unwahrscheinlich, aber auch verständlich, dass die USA zukünftig eine gute Beziehung zu einem sehr wichtigen NATO-Partner nicht riskieren werden. Dies wäre eine sehr gute Nachricht für die in den vergangenen Monaten, aber auch gestern oft thematisierte Aktie von Gazprom.

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Quelle: https://aktie.traderfox.com/visualizations/US3682872078/EI/gazprom-pjsc-adrs


Sehr interessant ist hier aber auch die jüngste Initiative des russischen Präsidenten Putin, der sowohl Gazprom aber auch Rosneft beauftragt hat, die Möglichkeit einer Gaslieferung-Erweiterung nach Europa via NS2 im Umfang von rund 10 Mrd. qm zu prüfen. Und diesen Anteil soll dann das Unternehmen Rosneft erhalten. Dies ist ein sehr schlauer Zug, denn potenziell wird man damit EU-Restriktionen umgehen, denn diese besagen (vereinfacht ausgedrückt), dass Gazprom ein Monopolist sei und daher beschränkt man auch seine Lieferkapazität, um den EU-Markt und den Endverbraucher zu schützen. Sollte also demnächst Rosneft dazu kommen, so ist Gazprom formal kein Monopolist mehr. Und damit wäre es sehr wahrscheinlich, dass EU schon bald deutlich mehr Gas via NS2 geliefert bekommt. Tatsächliche Resultate erwartet man hier eher Richtung März 2022+, wobei der positive Ausgang sowohl in die Karten von Gazprom als auch von Rosneft spielen würde.
 
Die große ungeklärte Frage (zumindest nach außen) und gelichzeitig der größte Risikofaktor bleibt nach wie vor die Ukraine. Und in diesem Fall hat Biden ganz klar die zahlreichen schweren Sanktionen erwähnt für den Fall, dass die russische Föderation tatsächlich eine Invasion in die Ukraine plant. Im Umkehrschluss bedeutet dies aber auch gleichzeitig, dass man im BadCase nicht wirklich dazu bereit ist, für die Ukraine zu kämpfen, was sich natürlich jederzeit ändern könnte. Am Donnerstag will außerdem der US-amerikanische Präsident mit dem ukrainischen Präsidenten Zelenskij telefonieren. Ein Gespräch Zwischen dem französischen Präsidenten Macron und Zelenskij ist ebenfalls geplant. Und hier kommt die Vermutung auf, dass man die ukrainische Führung unmissverständlich zur Erfüllung unterzeichneter Minsker-Abkommen bzgl. der Separatistenregion rund um Donezk und Lugansk bewegen will. Sollte es gelingen, so wäre die weitere Deeskalation immer wahrscheinlicher. Im Gegenfall steigt die Wahrscheinlichkeit einer lokalen kriegerischen Auseinandersetzung in der erwähnten Region schon in diesem Winter 2021/22, was sehr schnell zu einem Chaos führen wird. Doch diese Wahrscheinlichkeit halte ich persönlich zu diesem Zeitpunkt für gering. Viel mehr erwarte ich eine Entspannung und eine mediale Deeskalation bzgl. der Ukraine-Frage.
 
Abschließen lässt sich sagen, dass man hier die Entwicklung noch Paar Wochen abwarten soll, um tatsächlich zu sehen, in welche Richtung die Situation sich entwickelt. Sollte es jedoch zur politischen Entspannung in Kombination mit einer besseren medialen Rhetorik und den weiter abnehmenden Omicron-Sorgen komme, so sind dann politisch angeschlagenen TOP-RF-Stocks aufgrund ihrer günstigen Bewertung ein sehr plausibler Buy.
 
Viel Erfolg und bleiben Sie profitabel!

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Quelle: https://aktie.traderfox.com/visualizations/US67812M2070/DI/rosneft-oil-company-gdrs