Liebe Leser,
mit der gestrigen Abfahrt von Carnival Splendor (Cruise-Liner) aus dem Hafen von Seattle feiert das Kreuzfahrtunternehmen Carnival Cruise (CCL) den Neustart seiner gesamten Schiffsflotte. Damit wird man die erste große Kreuzfahrtgesellschaft in den USA sein, die diesen wichtigen Post-COVID-Meilenstein erreicht hat. Mit der Inbetriebnahme der Carnival Splendor ist Carnival Cruise Line begeistert, dass die gesamte Flotte von 23 Schiffen wieder in Betrieb ist und den Gästen endlich mehr Möglichkeiten bietet, sein einzigartiges Entertainmentangebot zu genießen, während sie zu wunderschönen Urlaubszielen reisen, sagte Christine Duffy, Präsidentin von Carnival Cruise. Wir freuen uns besonders, unser Alaska-Programm in dieser Saison mit drei Schiffen zu erweitern, die mehr als 100.000 Gäste - darunter mehr als 6.000 allein in der ersten Woche - von Seattle und San Francisco aus zu den beeindruckenden Häfen Alaskas zu bringen, führte sie weiter aus.
https://viz.traderfox.com/peer-group-tabelle/US02376R1023/DI/american-airlines-group-inc/aktien-424428-67274-6200327-68110-67957-2361983-67804-68786-68112-68993-387281-19994
Und damit kommt die plausible Annahme auf, dass schon bald der gesamte Kreuzfahrt-Sektor die volle Inbetriebnahme vermelden wird, was letztendlich in eine gute Operative Performance mündet. Damit bestätigt sich im Großen und Ganzen die schon Ende 2021 aufgestellte These über die stärkste Post-COVID-Re-Opening im Tourismussegment, was letztendlich stark angeschlagene Aktien von Kreuzfahrtunternehmen in eine nachhaltige Erholungsbewegung versetzen dürfte. Für uns sind solche Meldungen Grund genug, einen etwas genaueren Blick auf die Top-Vertreter dieser Industrie zu werfen, noch bevor diese Aktien dynamisch angesprungen sind. Doch zunächst die globale Situation rund um die Kreuzfahrtindustrie kurz zusammengefasst.
Hier gilt es zunächst zu wissen, dass nur wenige Sektoren während der Pandemie so viel Schmerz verkraftet haben, wie die Kreuzfahrtindustrie. Diese war gezwungen vom März 2020 bis Juni 2021 den gesamten Betrieb in den USA einzustellen. Dabei wurden alle Gesellschaften weiterhin mit sehr hohen Kosten belastet, was die Aktien der Top drei größten Unternehmen zum massiven Absturz brachte. Die Last dieser Situation war bis zuletzt so stark, dass die Stocks sich immer noch nicht vollkommen erholt haben. Nehmen wir bspw. Carnival (CCL), das weltweit größte Kreuzfahrtunternehmen und eine Art Branchenindikator. Obwohl die Aktie schon weit von ihrem 52-Wochen-Tief entfernt ist, liegt sie insgesamt mehr als 50 % unter dem Punkt, an dem sie Ende Januar 2020, also vor Beginn der COVID-Pandemie, gehandelt wurde. Bei den anderen Konzernen wie Royal Caribbean (RCL) und Norwegian Cruise (NCLH) ist die Situation ähnlich.
Grund für das zurückhaltende Verhalten der Investoren und Trader ist die Bündel von negativen Einflussfaktoren, die gerade in diesem Jahr ein sehr hohes Risiko für die Kreuzfahrtbranche darstellen. Als ob COVID-Pandemie und ihre Folgen nicht belastend genug wären, sehen sich Kreuzfahrtgesellschaften mit einigen neuen Gegenwinden konfrontiert. Diese ergeben sich nun aus der steigenden Inflation, einschließlich steigender Treibstoffkosten und des potenziellen Drucks, den höhere Preise auch einen negativen Effekt auf die Freizeitausgaben der Kunden an Bord ausüben könnten. Darüber hinaus weigern sich einige potenzielle Passagiere, eine COVID-Voll-Impfung zu machen, was sie in den meisten Fällen von der Kreuzfahrt immer noch ausschließt. Dies könnte zu der suboptimalen operativen Performance in 2022 führen, was letztendlich eine negative Wirkung auf die Rückkehr, zu der seit Anfang der COVID-Pandemie ersehnten Profitabilität verlangsamen wird.
An dieser Stelle denken wohl viele, dass die klassische Bull-Run-These für die Kreuzfahrt-Stocks zumindest in diesem Jahr nicht erfüllt ist, weswegen man diese Trading-Investment-Alternative bis aus Weiteres an die letzte Stelle schieben soll. Doch genau dieses Verhalten könnte sich als nicht optimal erweisen, denn was sehr viele derzeit bei den Kreuzfahrt-Stocks übersehen, ist der psychologische Aspekt, der diese Trendrichtung begleitet. Die Wahrscheinlichkeit eines Rebounds bei den Top-Kreuzfahrt gerade in diesem Sommer ist hoch, weil Kreuzfahrtreisen zu den beliebtesten Reisearten gehören, und die Leute lieben es, wochen-, oder sogar monatelang umgeben vom Luxus und zahlreichen Entertainment-Möglichkeiten zu cruisen. Diese Annahme wird auch immer häufiger von Konzernmeldungen unterstützt, wobei man immer wieder auf die trotzt der Pandemie starke Nachfrage nach Reisen verweist.
Trendtechnisch befinden wir uns derzeit ebenfalls in einer sehr guten Ausgangslage, da sich die Sommersaison, wo in normalen Zeiten das größte Teil der Umsätze und Gewinne erzielt wird, schnell nähert. Und diese potenziell positive Entwicklung ist in den Aktienkursen noch nicht eingepreist. Dabei kommt die Kreuzfahrtindustrie zwar langsam, doch operativtechnisch immer mehr in Schwung, was man nicht ignorieren darf: Immer mehr Kreuzfahrtschiffe verlassen endlich US-Häfen. Reisen werden intensiv gebucht. Die Ausgaben an Bord von Kreuzfahrten z. B. in Restaurants, Spa-Salons und anderen Veranstaltungsorten haben im vergangenen Winter und dem laufenden Frühling deutlich gezeigt, dass die Leute immer noch dazu bereit sind, viel Geld auf einer Kreuzfahrt-Reise auszugeben, um den Urlaub tatsächlich in vollen Zügen zu genießen. Und dies stimmt auch für die kommende Sommersaison zuversichtlich. Zumal auch die Urlaubsbuchungen für diesen Sommer und darüber hinaus haben zugenommen haben.
Was an dieser Stelle wichtig ist, wäre die Situation rund um Ticketpreise. Diese sollten ja im Idealfall hochgenug sein, dennoch für die Mittelschicht akzeptabel bleiben, damit man immer mehr Reisende an Bord bekommt. Der Umsatz wird dann später via On-Bord-Aktivitäten zu erhöhten Preisen erzielt. Und die aktuelle Preissituation stimmt ebenfalls zuversichtlich. Die Ticketpreise halten sich im Vergleich zu den Vorpandemie-Niveaus in verschiedenen Sommerurlaubszielen wie Alaska, Europa und Karibik ziemlich gut. Basierend auf einigen Analystendaten sind die Sommerpreise für Alaska um etwa 5 % gesunken; die Preise für karibische Sommerkreuzfahrten stiegen um etwa 5 %, wobei eine Kreuzfahrt nach Europa nun durchschnittlich 5-10 % mehr kostet. Dies ist wichtig, denn damit verschreckt man wohl kauf urlaubshungrige Reisende, wobei man andererseits mit den leicht höheren Ticketpreisen die steigende Inflation etwas ausgleichen kann.
Und obwohl das Reiseaufkommen das Vorpandemie-Niveau in diesem Jahr nicht erreichen wird, wird es angesichts der aktuellen Buchungsintensität deutlich über dem Q1-Resultat liegen, was im BastCase zu einer positiven Überraschung führen könnte. Dafür sprechen auch die Q1-Ergebnisse von Carnival Cruise, der Passagierauslastung von 54 %, gegenüber 58 % im Vorquartal vermeldete. Doch dies war die Folge der damals aufgekommenen COVID-Omicron-Variante. Und sobald dieses Problem wieder vergessen wurde, meldete der Konzern für März schon eine 70%ige Passagierauslastung. Der Konzern meldete auch in einer Pressemitteilung Ende April, dass man mittlerweile mit einem positiven EBITDA zu Beginn der Sommersaison rechnet. Und obwohl alle drei Unternehmen weiterhin verschuldet sind, sind sie insgesamt auf einem guten Weg, Richtung 2023 die Profitabilitätsschwelle zu erreichen.
Was die Risiken angeht, so sind diese ebenfalls vorhanden und man darf sie nicht ausblenden Primär ist zunächst die aktuelle Verschuldung der Branche. Gleichzeitig haben Konzerne während der COVID-Pandemie Kapitalerhöhungen durchgeführt, um diese eben akzeptabel zu überstehen. Dies stellt nun eine weitere Belastung dar, was den Weg zur ersehnten Profitabilität etwas länger machen wird. Der zweite große Risikofaktor ist die COVID-Pandemie selbst, denn sie ist zwar medial vergessen, bleibt jedoch weiterhin sehr unberechenbar und gefährlich, wobei eine jede neue COVID-Mutation nicht nur die Kreuzfahrt-Branche, sondern die gesamte Welt erneut lahmlegen kann. Aus diesem Grund wäre es für konservative Anleger bspw. durchaus plausibel Top-Kreuzfahrt-Stocks zunächst auf der Watchlist zu behalten. Zumindest so lange, bis sie entweder die Gewinnschwelle erreichen, oder anfangen, positives CashFlow zu erwirtschaften.
Was die Konzerne selbst angeht, so gilt hier primär Folgende Unterschiede zu beachten. Carnival (CCL) bekommt ab dem 1. August einen neuen CEO, der das neue Leben in das Unternehmen einatmen soll. Und dies könnte einen unerwartet positiven Effekt haben. Zum Ehren des alten CEOs, Arnold Donald, muss man aber sagen, dass er in der Pandemiezeit einige durchaus kluge Entscheidungen getroffen hat. Dazu gehört die Stilllegung von 22 Schiffen aus der gesamten Flotte, während man in der Zwischenzeit einige neuere Liner modernisiert, um das zukünftige Post-Covid-Betrieb noch effizienter zu gestalten. Und damit kommt die plausible Annahme ins Spiel, dass Carnival mittelfristig eine signifikante Margen-Verbesserung verzeichnen könnte, was die Rückkehr an die Vor-Pandemie-Gewinne beschleunigen könnte. Das CCL- spezifische Problem liegt jedoch in der Konzernausrichtung, da das Unternehmen eher auf Mittelklasse abzielt und daher sehr stark auf Massenmarktreisende angewiesen ist. Und da wir uns derzeit in der Situation einer steigenden Inflation und einer möglichen globalen Rezession befinden, könnte dies dazu führen, dass CCL-Rückkehr in die Gewinnzone unerwartet ausgebremst wird.
Norwegian Cruise (NCLH), ist dabei das kleinste Unternehmen, doch im Gegensatz zu Carnival Cruise neigt man mehr dazu, High-End- und Luxuskunden zu bedienen. Und dies ist eine sehr lukrative Nische und gleichzeitig ein Wettbewerbsvorteil, da man mit weniger Kunden deutlich mehr Einnahmen realisieren kann. Statistisch betrachtet kommen rund Ein Drittel aller NCLH-Einnahmen von den Super-High-End-Luxuskreuzfahrten, was zukünftig eine wichtigere Rolle spielen könnte. Was NCLH-Problematik angeht, so ist sie der von CCL gleich. Auch NCLH hat während der Pandemie Kapitalerhöhung durchgeführt, was nun schuldentechnisch zusätzlich belastet.
Schließlich ist da noch die Royal Caribbean (RCL) und diese Kreuzfahrtgesellschaft hat im Großen und Ganzen am besten durch die Pandemie navigiert. Die Aktien haben seit Ende Januar 2020 fast 30 % verloren und liegen damit vor Norwegian, das um etwa 60 % gefallen ist, und Carnival, das um rund 55 % gefallen ist. Im Vergleich zu CCL und NCLH weist der Konzern auch eine deutlich kleinere Gesamtverschuldung auf. Strategisch betrachtet hat der Konzern auch viel Geld in die Modernisierung seiner Flotte investiert und gleichzeitig für neue Geschäftsinitiativen ausgegeben. Dazu zählt bspw. Perfect Day at CocoCay. CocoCay ist eine Bahamas-Insel etwa 55 Meilen nördlich von Nassau, wo man zahlreiche Aktivitäten exklusiv für RCL-Reisende aufgebaut hat. Und diese Destination ist bei RCL-Kunden wirklich sehr beliebt. Fundamental-technisch hat auch RCL während der Pandemie die Kapitalerhöhung durchgeführt, doch seine Aktienverwässerung ist im Vergleich zu CCL und NCLH deutlich geringer, was beim Anlauf der Erholungsbewegung zusätzliche Trader und Investoren anlocken könnte.
Abschließend ist es zu erwähnen, dass die Investitionen und Trades im Rahmen des Re-Opening-Trends gerade bei den Kreuzfahrtkonzernen ein deutlich höheres Risiko als bspw. Investitionen und Trades in Hotelketten, Fluggesellschaften oder Online-Portale darstellen und könnten im suboptimalen Verlauf eine große Menge Geduld in Anspruch nehmen. Und daher wäre diese Sektor-Richtung nur etwas für risikofreudige Investoren, wobei konservative Anleger diese Top-3 Stocks auf jeden Fall auf der Watchlist behalten sollten, zumindest bis zum Zeitpunkt, wo ein oder anderes Unternehmen die Gewinnschwelle erreicht hat.
Was uns angeht, so gehen wir davon aus, dass alle drei Aktien im Rahmen des idealen Re-Opening-Trends über ein signifikantes Erholungspotenzial verfügen, wobei die Aktie von Royal Cruise (RCL) zu diesem Zeitpunkt aufgrund der im Vergleich zu CCL und NCLH einer kleineren Verwässrung leicht attraktiver auszusehen mag.
Viel Erfolg und bleiben Sie Profitabel!