Liebe Leser,
wissen Sie schon, was Sie morgen zum Frühstück essen werden? Haben Sie schon eine Einkaufsliste für die Lebensmittel erstellt, um den Kühlschrank erneut zu füllen, oder machen Sie es so ineffizient wie ich und behalten alles im Kopf, was zu den unnötigen Spontankäufen führt? So oder so sind wir alle auf Lebensmittel angewiesen, denn ohne Essen werden wir nicht lange überleben. Diese Redewendung ist selbstverständlich allen sehr gut bekannt, aber nur wenigen tatsächlich bewusst!
Auf die wirtschaftliche Ebene übertragen, bedeutet dies, dass die Nachfrage nach Lebensmitteln immer da sein wird, solange die Menschheit existiert. Gleichzeitig wird sie immer mit der Weltbevölkerung wachsen, denn logischerweise brauchen mehr Menschen auch mehr Essen.
Die Statistik kann diese These sehr gut untermauern. Der globale Lebensmittelmarkt hatte im Jahr 2021 einen Wert von fast 11,3 Bill. USD und wird in den kommenden Jahren dank dem anhaltenden Bevölkerungswachstum sehr wahrscheinlich weiter wachsen. Die Lebensmittelindustrie ist ein riesiger Kuchen mit vielen interessanten Untertrends wie FastFood, Bionahrungsmittel, Bewusste/Gesunde Ernährung, aber auch Fertigessen etc. All diese Trends sind sehr spannend und interessant, werden jedoch unterschiedlich gespielt. Doch im globalen Sinne sind sie vom Wohlstand der westlichen Welt abhängig.
Der in den vergangenen Jahrzehnten enorm gestiegene Wohlstand in den USA, EU, aber auch in einigen Emerging-Markets hat zur Entstehung einer zahlungskräftigen Mittelschicht geführt. Gleichzeitig hat sich auch die gesellschaftliche Lebensmittel-Wahrnehmung sehr stark verändert. Und so hat die wohlhabende Mittelschicht eine sehr starke Konsumfreude entwickelt. Der Markt wurde größer und hat viele neue Player angelockt.
Einen weiteren Schwung bekam dieses Segment mit der globalen Internetverbreitung und Entstehung von Social-Media-Plattformen wie YouTube, Facebook, Instagram etc. Auch diese Plattformen wurden als Umsatzquelle entdeckt und entsprechend monetisiert. Es brauch lediglich Paar Worte einzugeben und schon findet man eine Armee von Hobby- und Profiköchen, Ernährungsberatern, Fitness-Trainer, Lifestyle-Experten, Sportlern, aber auch Celebrities, Stars und anderen bedeutenden und unbedeutenden Influencern, die eine direkte, aber auch indirekte Werbung für Lebensmittelprodukte machen. Und schon landen beworbene überteuerte Lebensmittel-Produkte im Einkaufskorb, denn die Posts und Videos, wo alles mega-lecker aussieht und dargestellt wird, das Auge kauft eben mit, immer von einem Link mit einem netten Influencer-Rabat versehrt werden.
Genau in solchen Zeiten einer blühenden Wirtschaft und eines steigenden Wohlstands lohnt es sich für Trader und Investoren am meisten, mediale und stark-ge-hypte Nischentrends aus der Lebensmittelindustrie zu spielen.
Doch nun scheinen sich die Zeiten stark zu ändern. Der aufgeflammte Ukraine-Konflikt, aber vielmehr die undurchdachte Sanktionspolitik gegen die Russische Föderation in Kombination mit der COVID-bedingten lockeren Fiskalpolitik der vergangenen Jahre münden in eine sehr hohe Inflation. Und dies betrifft sowohl die Emerging Markets als auch die wohlhabende westliche Welt. Die Kaufkraft der Menschen fängt schon jetzt an zu sinken. Dabei schnellen auch die Lebensmittelpreise in die Höhe. Und so verlagert sich auch der Konsumenten-Fokus immer mehr Richtung Grundnahrungsmittel und teilweise günstigeres Fertig-Essen.
Genau deswegen sehen wir derzeit, dass Food-Stocks aus Nischenbereichen wie z. B. Beyond Meat (BYND), der sich auf die Herstellung von Fleischersatzprodukten spezialisiert, stark abverkauft werden, während große, etablierte Lebensmittelkonzerne wie z. B. General Mills (GIS) mit einem sehr gut diversifizierten Produktportfolio auf neue Allzeithochs ausbrechen.
Und so gelangen wir auch zu der Hauptannahme der heutigen Analyse: Großetablierte und gut diversifizierte Lebensmittelunternehmen haben starke Lebensmittelmarken, die die Verbraucher dazu zwingen, für ihre Lieblingsprodukte etwas mehr zu bezahlen. Gleichzeitig profitieren sie auch von Skaleneffekten, die die Kosten niedrig halten. Und da wir uns nun in den Zeiten einer global steigenden Inflation befinden, dürfte sich der Mix aus der Preissetzungsmacht und Kostenvorteilen besonders gut auszahlen, denn, ob Krise oder nicht, auf das Essen wird sich die kontinuierlich wachsende Weltbevölkerung nicht verzichten können.
https://viz.traderfox.com/peer-group-tabelle/US6092071058/LS/mondelez-international-inc/aktien-19368-48194-51940-19282-60435-1337558-48198-18859-21454-60205-3267354
Der Top-Profiteur der beschriebenen Entwicklung ist ohne Zweifel der Lebensmittelgigant General Mills (GIS). Der Konzern spezialisiert sich auf die sog. Abgepackte Lebensmittelprodukte. GIS besitzt eine Vielzahl bekannter Marken. Das Markenportfolio des Unternehmens umfasst Pillsbury, Cheerios, Häagen-Dazs, Progresso, Green Giant, Yoplait und viele andere. Die COVID-19-Pandemie kam General Mills zugute, da die Verbraucher ihren Konsum von Lebensmitteln zu Hause aufgrund von Einschränkungen beim Essen in Restaurants erhöhten. Besonders gut entwickelte sich während der Pandemie das nordamerikanische Kerngeschäft, das von der starken Nachfrage nach Bio-Produkten, abgepackten Fertig-Mahlzeiten und Backwaren angetrieben wurde.
Doch nun kommt die erhöhte Inflation und wirtschaftliche Unsicherheit in den USA ins Spiel, die US-amerikanischen Konsumverhalten erneut ändern würden. GIS dürfte dabei weiterhin stabile Umsätze und Gewinne zeigen, denn genau hier dürfte der vorteilhafte Mix aus eine starkdiversifizierten Produktportfolio und niedrigeren Produktionskosten am besten funktionieren. Und dies beginnt sich schon jetzt in den Ergebnissen des Unternehmens zu zeigen. Wie der Konzern meldete, stieg der Q4-Umsatz im Vergleich zum Vorjahreswert um 8,1 % auf 4,9 Mrd. USD (Konsens: 4,8 Mrd. USD). Das EPS von 1,12 USD fiel ebenfalls besser als die erwarteten 1,01 USD aus. das organische Wachstum lag dabei bei +6 %, während sich das operative Ergebnis um 11 % verbesserte. Und so stieg das EPS um 23 %. Dies war die Folge der höheren produktpreise und der erfolgreichen Produktmix-Anpassung.
Gleichzeitig hat die Gesellschaft auch die Quartalsdividende um 6 % auf 0,54 USD je Aktie erhöht, was die Investoren ebenfalls erfreuen dürfte. Das Haustiersegment von General Mills - das Ergebnis der Übernahme von Blue Buffalo im Jahr 2018, ist besonders gut positioniert, um von höheren Preisen in der Kombination mit der weiterhin starken Nachfrage zu profitieren. Denn viele Menschen haben sich während der Pandemie Haustiere angeschafft. Und da diese ebenfalls ohne essen nicht überleben können, ist GIS in der Lage auch von der Stärke seines Geschäfts rund um die Premium-Tiernahrung zu profitieren. Dies ist die Folge der gesellschaftlichen Veränderung, wobei Haustiere in der westlichen Welt immer mehr als Familienmitglieder verstanden werden. Daher neigen sehr viele Menschen immer mehr dazu nur das Beste für den Hund und Katze zu kaufen. Selbst in den Zeiten steigender Preise zögern Tierbesitzer sehr lange, auf billigere Tierfutteroptionen umzusteigen, was GIS in die Karten spielt.
Ein zweites Unternehmen aus diesem Segment, das man kennen sollte, ist Tyson Foods (TSN). Und mit dieser Aktie geht man schon die Trend-Richtung der Fleischproduktion. Der Konzern ist der größte Produzent von Fleisch in den USA. Abnehmer von Hähnchen-, Rind- und Schweinefleisch-Produkten sind neben Supermärkten wie Walmart und Costco auch Restaurantketten wie McDonald’s, Burger King, und Yum! Brands. Hinzukommen aber auch Schulen und Gefängnisse. Zudem bietet das Unternehmen Fertiggerichte, die Herstellung und Vermarktung von tiefgekühlten und gekühlten Lebensmitteln sowie Logistikaktivitäten für den Transport der Produkte. Probleme in der Lieferkette und ein angespannter Arbeitsmarkt haben zu höheren Futtermittelpreisen, Versandkosten und Löhnen geführt. Doch Tyson wird es nicht viel ausmachen, da man die höheren Kosten problemlos an die Kunden weitergeben kann, was zumindest die höheren Futtermittelpreise ausgleichen werde und im BestCase sogar seine Margen erhöhen wird.
Was die Fleischindustrie angeht, so hat sie sich weitgehend von den Herausforderungen der Betriebsschließungen und COVID-Lockdowns, die man besonders zu Beginn der Pandemie beobachten konnte, weitgehend erholt. Die Inflation könnte hier sicherlich eine negative Rolle spielen, wobei die Verbraucher ihren Fleischkonsum stark reduzieren oder auf günstigere Produkte umsteigen, doch dies ist bisher nicht der Fall. Trotz zweistelliger Preissteigerungen in allen Kategorien in den vergangenen Quartalen hielt sich der Umsatz von Tyson gut, wobei die Rentabilität sich sogar verbessert hatte.
Die Bestätigung dieser Annahme kam ja auch von besser als erwarteten Zahlen. Dabei stieg der Q2-Umsatz im Vergleich zum Vorjahreswert um 16,1 % auf 13,1 Mrd. USD (Konsens: 12,8 Mrd. USD). Das EPS (+71 %) von 2,29 USD fiel sehr deutlich über den erwarteten 1,83 USD aus. Grund dafür war die durchschnittliche Preiserhöhung für TSN-Produkte, die wir bereits angesprochen haben. Und da die Nachfrage unelastisch ist, rechnet das Unternehmen für FY22 nun mit einem Umsatz am Höheren Ende von 52-54 Mrd. USD statt 49-51 Mrd. USD (Konsens: 51,79 Mrd. USD), bei einer etwas besseren Marge. In Kombination mit einem Kosteneinsparungsplan, der bis 2024 zu Einsparungen in Höhe von 1 Mrd. USD führen dürfte, könnte Tyson in der Lage sein, seine Gewinne vor dem Hintergrund des Inflationsdrucks und der Einschränkungen der Lieferkette aufrechtzuerhalten.
Schließlich ist es heute die Aktie von Mondelez International (MDLZ), die wir uns etwas genauer anschauen werden. Wie General Mills verfügt Mondelez über eine lange Liste bekannter Marken. Dazu gehören Cadbury, Chips Ahoy!, Oreo, Philadelphia, Ritz, Wheat Thins und viele andere. Der Fokus des Unternehmens liegt auf Snackmarken, dabei verkauft das Unternehmen seine Produkte in mehr als 150 Ländern. Und dies ist eine GIS-ähnliche Diversifikation sowohl im Produktbereich als auch geografisch, die sehr viele Vorteile bietet, was man auch an den starken Q1-Zahlen sehen konnte.
Mondelez steigerte den organischen Umsatz im ersten Quartal um 8,6 % auf 7,8 Mrd. USD (Konsens: 7,5 Mrd. USD), bei einem EPS von 0,84 USD (Konsens: 0,74 USD) und das nicht nur aufgrund höherer Preise. Das Stückvolumen stieg in jeder geografischen Region und das Unternehmen Verspürte auch keine Nachfrageverlangsamung, obwohl man die Preise um fast 5 % erhöhte. Grund dafür ist die loyale Kundschaft, denn noch sind die Verbraucher nicht bereit beliebte Markenprodukte wie Oreo aufgrund des Preisanstiegs aufzugeben.
Und so geht der Konzern davon aus, dass der organische Umsatz in diesem Jahr um mindestens 4 % steigen wird. Das EPS soll auch wachsen, da höhere Preise die gestiegenen Kosten ausgleichen. Der Ukraine-Konflikt wirkt sich zwar negativ auf das Ergebnis aus, doch der Konzern erwartet immer noch einen freien Cashflow von mindestens 3 Mrd. USD für das laufende Fiskaljahr. Mondelez ist mit einem KGVe22 von rund 21,2 etwas teurer als General Mills (KGVe22 rund 19,7) bewertet, aber die geografische Diversifizierung von Mondelez und seine starke Markenvielfalt sind schon gute Faktoren, v.a. dann, wenn man davon ausgeht, dass wirtschaftliche Unsicherheit weiterhin zunehmen könnte.
Was uns angeht, so sehen wir aktuelle gleichgute Chancen bei allen angesprochenen Aktien. Momentum-technisch ist es jedoch die Aktie von General Mills (GIS), da sie im sehr schwachen Marktumfeld es tatsächlich geschafft hat, auf ein neues Allzeithoch auszubrechen. Gleichzeitig nahm hier auch der institutionelle Support zu, wobei die Kursziele auf bis zu 88 USD (Citi) erhöht wurden.
Abschließend muss man auch erwähnen, dass der Food-Trend sich auch über zahlreiche andere Aktien (s. Tabelle) spielen lässt, die wir dann auch bei einer oder anderen guten Gelegenheit herauspicken werden.