Wer macht das Spiel?
Das aktuelle Kalenderjahr hat die sommerliche Äquatorlinie nun überschritten und beginnt damit seine zunächst träge wirkende Bewegung in die Richtung der winterlichen und meist profitablen Weihnachtsperiode. Die Wellen der äußerst politisierten „Brexit“-Abstimmung werden immer flacher und die deutsche Börsenlandschaft, die sehr stark davon erfasst wurde, befindet sich soweit in der erwarteten Erholungsphase. Der Bankensektor steht wieder unter Druck und die Sorgen der Skeptiker über die bevorstehende Wirtschaftskrise und ferner das Ende des Kapitalismus werden immer lauter. Der wöchentliche TrendScout bleibt aber weiterhin bei seiner Aufgabe – die Identifizierung perspektivenreicher Branchen und Unternehmen, um seine Informationsaufgabe bestmöglich zu erfühlen.
In dieser Woche beschränken wir uns nicht auf ein Trendthema, sondern bieten den Lesern einen trendübergreifenden Überblick über die aussichtsreichsten Trading- und Investitionsmöglichkeiten für das 2. Halbjahr.
The sky is the Limit!
Der erste Kandidat, den wir uns vorgenommen haben, ist der rund 352 Mrd. USD schwere E-Commerce Riese von Jeff Bezos, Amazon (AMZN), dessen Aktienkurs aktuell bei rund 745,80 USD liegt. Wir haben die Aktie schon öfter in unserer Anlagetrend-News-Rubrik betrachtet und das Unternehmen als „Bullen“ identifiziert. Der Grund dafür war sowohl die hervorragende Positionierung im E-Commerce-Geschäft als auch eine sehr vielversprechende und lukrative Wachstumsperspektive im aufkommenden Trend des Cloud-Computings. Laut der letzten Untersuchung der Experten von Pacific Crest wird Amazons Web Services (AWS) immer intensiver von staatlichen Stellen und großen Konzernen genutzt. Insgesamt rechnen die Analysten damit, dass ein derartiges Verhalten Amazon einen zusätzlichen Erlös von rund 1 Mrd. USD pro Quartal aus dem Geschäft mit der Wolke einbringen wird.
Angriff auf die Logistikindustrie
Das eigentliche Wachstumspotenzial des Riesens liegt aber in einem ganz anderen Bereich. Die neue, globalisierte Welt, die durch die voranschreitende Digitalisierung verschiedener Herstellungs- und Handelsprozesse immer schneller und einfacher wird, verändert unaufhaltsam die ökonomische Landschaft großer Industriezweige, die sich bis dato dank ihrer Größe und der unelastischen Nachfrage in Sicherheit glaubten. Dank der rasanten Entwicklung, Verbreitung und allgemeinen Nachfrageakzeptanz von E-Commerce, befindet sich die gewöhnliche Logistikbranche, die alle Leistungen von üblichen Paketzustellungen bis hin zu Übersee-Transporten umfasst heute im Aufschwung. Es ist ein milliardenschwerer Markt, der nun auch Giganten des E-Commerce wie Amazon (AMZN), Alibaba (BABA), aber auch Wal-Mart Stores (WMT) anlockt. Das größte Potenzial dieser Firmen ist, dass sie insgesamt eine innovative Sicht, genug Geld und Mut haben, in den schon eingependelten Märkten neue Wege zu gehen. Im Fall Logistik wird es wohl keine schöpferische Zerstörung geben, sie erwartet vielmehr eine technologische Evolution und die weitgehende Konsolidierung, die mit dem Eintritt von Retailern wie Amazon unvermeidlich sein wird.
Gerade im Fall Amazon, dessen Wachstumsmodell zunächst auf globaler Expansion basiert, scheint das Vordringen in die Logistikbranche ein logischer Schritt zu sein. Laut Analystenschätzungen wird der Gesamtmarkt von E-Commerce bis zum Jahr 2020 eine Gesamtgröße von rund 1 Trio. USD haben und rund 900 Mio. Kunden weltweit zählen. Dafür spricht auch die steigende Popularität der Online-Käufe, die nun auch dank des technologischen Fortschritts in Entwicklungsländern verfügbar sind. All das, gepaart mit dem steigenden Konsumdrang, wird in den nächsten Jahrzehnten auch die Logistikbranche, die aktuell rund 2,1 Trio. USD der Jahresumsätze generiert, gemäßigt wachsen lassen. Mit Amazon arbeiten momentan rund 20 verschiedene Logistiker zusammen, darunter DHL, UPS, FedEx und andere, die die Zustellung von rund 600 Mio. Sendungen jährlich bewältigen.
Laut Bloomberg entwickelt Amazon aktuell eine neue, aggressive Strategie in Bezug auf den Logistikmarkt, die die gesamte Lieferkette von der Warenabnahme von den Herstellern direkt vor Ort in China und Indien, die Aufbewahrung und Verpackung sowie die dazugehörige Qualitätskontrolle in den amazoneigenen Logistikzentren vor Ort sowie den Übersee-, Lufttransport und Landtransport bis hin zur Haustür der Kunden in New York, Atlanta und London umfasst. Das Projekt trägt den stolzen Namen „Dragon Boat“. Im Endeffekt versucht Amazon alle Zwischenstationen in der globalen Lieferkette zu eliminieren. Damit wird der Konzern die komplette Kontrolle über die eigenen Lieferwege bekommen, die dank der offenen Art des Konzerns zu innovativen Logistiklösungen zusätzlich vollkommen oder zumindest weitestgehend automatisiert werden. In der Perspektive wird Amazon zum vollkommenen Logistikgiganten aufsteigen, der dank seiner aufgrund von Skaleneffekten niedrigen Preise die Lieferbestellungen von tausenden von Firmen weltweit in Auftrag nehmen und diese mit der eigenen, vollständig automatisierten Logistikflotte transportieren wird. Damit würde der Konzern einerseits seine Marktstellung weiter ausbauen und andererseits die Logistikwelt wesentlich effizienter, schneller und günstiger gestalten können, was sich unwiderruflich in den Produktpreisen niederschlagen könnte.
Um das ambitionierte Projekt zu realisieren, hat Jeff Bezos‘ Konzern bereits einige konkrete Schritte entlang seiner gesamten Lieferkette unternommen. So findet die Warenauslieferung am Tag des Bestelleingangs selbstständig aus den eigenen, modernen Warenlagern, wo schon fast alle Abwicklungsprozesse von der Herausnahme aus dem Regal bis hin zur Verpackung völlig automatisiert von Logistik-Robotern übernommen werden. Was die interkontinentale Warenlieferungen betrifft, so arbeitet das Unternehmen in dieser Hinsicht bereits an der Etablierung einer regelmäßigen Schifffahrtsverbindung zwischen den USA und China. In Anbetracht der dargelegten Potenziale von Amazon dürfte es tatsächlich eine Frage der Zeit sein, bis der Aktienkurs des Konzerns, der zuletzt einen „Big-Picture-Breakout“ auf ein neues 52-Wochen-Hoch durchführte, die magische 1000-USD-Marke erreicht.
Burggrabenspezialist mit Wachstumscharakter!
Ein weiteres Unternehmen, dessen Aktienkursverlauf seit 2009 einer simplen linearen Funktion mit 45-Grad-Steigerung ähnelt, ist Jack Henry (JKHY). Das Unternehmen, das schon seit mehr als zwei Jahren zu den Top-5 des TraderFox Leaderboards „High-Quality-Stocks“ gehört, spezialisiert sich auf IT-Dienstleistungen für den Bankensektor. Der Konzern ist in seiner strategischen Ausrichtung kein gewöhnlicher Technologieanbieter. Sein weiterer Vorteil liegt in der Erarbeitung von integrierten und auf die jeweiligen Strategien der Finanzdienstleister abgestimmte Lösungen und Tools. Damit hat der Konzern sich dank einer spezifischen Orientierung und einer nur sehr schwachen Elastizität der Nachfrage einen Burgraben-Charakter geschaffen, der nun in der langfristigen Perspektive als Sicherheitsfaktor die Wachstumsabsichten des Unternehmens zusätzlich unterstützen und für Profitabilität sorgen wird. Als eine der wachsenden Einnahmequellen ist das Online- und Mobile-Payment-Segment mit einem Umsatzanteil von rund 38 % im Jahr 2015 zu nennen. Jack Henry unterstützt seine Kunden im Bereich des elektronischen Zahlungsverkehrs und bekommt dafür von jeder verarbeiteten Transaktion eine Gebühr. Damit ist das Unternehmen schon heute im schnell wachsenden Markt der Mobile-Payment-Systeme hervorragend positioniert und dürfte in dieser Hinsicht aller Voraussicht nach vor einem überdurchschnittlichen Wachstum stehen.
Im 1. Halbjahr 2016 zeigte Jack Henry eine starke Entwicklungsdynamik. Neue Dienstleitungen werden angeboten und die Unternehmensstruktur wird zum Zwecke der Profitabilitätssteigerung weiter optimiert. Aus diesem Grund wurde Ende April das Department Goldleaf Enterprise Payments, das sich auf die Datenvisualisierung spezialisiert, an die Investmentfirma Battery Ventures verkauft. Die Einzelheiten bleiben zunächst unbekannt. Dennoch ist die Spekulation zulässig, dass Jack Henry auf diese Weise gewonnene Geldmittel in die Entwicklung seines Kerngeschäfts umleiten und seine Investoren evtl. in Form von Dividenden erfreuen wird. Mit dem Verkauf wird sich das Unternehmen noch stärker auf Dienstleistungslösungen für seine auf der ganzen Welt verteilten Bankkunden spezialisieren können und seine Marktpositionen weiter ausbauen und festigen.
Im März des aktuellen Geschäftsjahrs meldete Jack Henry, einen neuen Service, ECS RDC Conversion, auf den Markt gebracht zu haben. Die neue Lösung ermöglicht einen reibungslosen und schnellen Datentransfer von vorhandenen Datenportfolios in das Enterprise-Payment-Solutions-System. Das Potenzial dürfte groß sein. Im Zuge der zunehmenden Digitalisierung des Geschäftsumfelds sind mittlerweile auch diejenigen Finanzdienstleister gezwungen, die bis zuletzt ausgeharrt haben, ihr System den Ansprüchen des digitalen Zeitalters entsprechend anzupassen. Jack-Henrys ProfitStars-Lösung bietet in diesem Zusammenhang einen völlig automatisierten Datentransfer an, was für eine steigende Nachfrage sorgen dürfte.
Abschließend lässt sich in Bezug auf Jack Henry anmerken, dass der Bankensektor, der den Großteil des Kundenbaums des Unternehmens ausmacht, weiterhin verstärkt in die Digitalisierung und Prozessautomatisierung investieren wird. In dieser Hinsicht wird Jack Henry, der schon als IT-Spezialist bei vielen Banken dabei ist, sicherlich profitieren können und es scheint auch in diesem Fall nur eine Frage der Zeit zu sein, bis der Aktienkurs des Unternehmens die magische 100-USD-Marke erreicht.
Stärkster Trend des Jahres!
In den letzten Monaten haben wir öfter über den einen oder anderen Vertreter der Gamingindustrie geschrieben und mit großer Spannung ihren Aufstieg auf die neuen Hochs verfolgt. So oder so sind die Aktien von Unternehmen, die auf irgendeine Weise mit dem Spiel-Entertainment verbunden sind, zu den Performance-Leadern des US-amerikanischen Hi-Tech-Marktsegments geworden. Das gesamte 2. Quartal 2016 verblieb die NASDAQ insgesamt in einer volatilen Seitwärtskonsolidierung, während der gesamte Gamingsektor überdurchschnittlich stark nach oben gelaufen ist.
In konkreten Zahlen für das 2. Quartal ausgedrückt, legten die Aktien von Sony um rund 14 %, EA um 14,5 %, Activision um 17 % und Ubisoft um 17 % zu. Das stärkste Wachstum zeigte der chinesische Activision-Partner NetEase mit 35 %. Insgesamt ist die steigende Tendenz aber schon länger zu beobachten. In der Zeit von Juni 2015 bis Juni 2016 legten die Aktien der acht größten und in den USA gelisteten Unternehmen um durchschnittlich 11 % zu, während der S&P-Index um 1 % fiel.
Der Grund dafür liegt in der strukturellen Änderung der gesamten Branche, die zurzeit neben ihrer Produktion sehr stark von technologischen Errungenschaften und der umfassenden Digitalisierung profitiert. Alle Game-Spezialisten tendieren nun verstärkt zu einer rein digitalen Vertriebsart via Online-Plattformen wie Valves Steam oder EAs Origin und können damit die eigene Profitabilität aufgrund der signifikanten Kostenreduzierung enorm steigern. Diese Tendenz wurde sowohl von Activision als auch von Electronic Arts Mitte Mai mit den spektakulären Quartalszahlen untermauert.
Eine weitere, interessante Tendenz deckte sich mit der Erweiterung des Marktes von mobilen Endgeräten wie Smartphones und Tablets auf. Die großen Konzerne haben die Möglichkeit entdeckt, mithilfe verschiedener Mobile-Games, die als einfacher Zeitvertreib immer populärer werden, zusätzliche Einnahmen via Werbung zu generieren. Als Folge werden die kleinen Mobile-Game-Entwickler wie das finnische Unternehmen Supercell, Gameloft oder King Digital von Großkonzernen wie Tencent, Vivendi bzw. Activision aufgekauft.
Insgesamt bleibt am Ende zusammenzufassen, dass die Aktien, die auf die eine oder andere Weise etwas mit dem VR- oder Gaming-Trend gemeinsam haben, unbedingt aufgrund der steigenden Popularität des Sektors sowie seiner vielversprechenden Wachstumsperspektive auf die permanente Watchlist eines jeden Traders oder Investors gehören.