Israel – das kleine Land im Nahen Osten, das in seiner relativ jungen Staatsgeschichte bereits mehrere schicksalhafte militärische Konflikte überstehen konnte, hat es in seiner Entwicklung mittlerweile geschafft, zu einer echten High-Tech-Schmiede heranzuwachsen. Aktuell ist das Land weltweit führend bei der Entwicklung innovativer Produkte und Dienstleistungen sowie im Bereich der wissenschaftlichen Forschung.
Gleichzeitig gilt es als Technologieleader in Bereichen wie Medizin, Solarenergie bis hin zu der Geothermie und Landwirtschaft. Die Erfolge des jungen Staates blieben auch in Europa und in den USA nicht unbemerkt. So hat Bloomberg Israel im vergangenen Jahr in seine Top-10-Liste der weltweit innovativsten Länder aufgenommen. Aus diesem Grund werfen wir in dieser TrendScout-Ausgabe einen ersten prüfenden Blick auf die High-Tech-Schmiede aus dem Nahen Osten und ihre Spezifik, die israelische Konzerne auf internationaler Ebene so erfolgreich macht.
Existenzangst als Wachstumstreiber
Das größte Problem des jüdischen Staates ist seine geopolitische Lage. Umgeben von kriegerisch veranlagten islamischen Staaten war das Land direkt nach seiner Gründung 1948 gezwungen, gleich mehrere Existenzkriege zu führen, wobei jeder militärischer Konflikt das Ende des jüdischen Traums hätte bedeuten können. Aus diesem Grund blickt Israel sehr realistisch in die Zukunft, wobei man sich ständig bewusst ist, dass der nächste Krieg auch der letzte sein könnte. Folglich investiert man sowohl auf der militärischen, aber auch anderen, zivilen Ebenen in innovative und bahnbrechende Technologien, um somit einen entscheidenden technologischen Vorsprung vor den zahlenmäßig überlegenen Feinden zu erlangen. Daher ist und bleibt das Militär das Fundament der israelischen Innovationskraft und des andauernden High-Tech-Booms, wobei zahlreiche Produktlösungen auch in den zivilen Sektoren eine breite Anwendung finden.
Zu den letzten Erfolgen des Landes gehören nennenswerte Errungenschaften in Luft- und Raumfahrt, der Drohnen-Technologie, aber auch in der Medizinforschung, Robotik, künstlichen Intelligenz, Cybersecurity und beim autonomen Fahren. Aus diesem Grund werden führende israelische Konzerne wie der Chipspezialist für autonomes Fahren MobilEye, der Entwickler von GPS-gestützten Navigationssystemen Waze oder auch der Hardwareanbieter Trusteer immer häufiger von westlichen Großkonzernen wie Intel (INTC), Google (GOOG) und IBM (IBM) übernommen und erfolgreich in die eigenen Businessmodelle integriert.
Wer aber sind die Topplayer?
Den Anfang machen heute gleich drei Konzerne aus dem Anlagetrend Cybersecurity. Die allgemeine Wachstumsstory dürfte unseren Lesern mittlerweile sehr gut bekannt sein. Sie handelt von dem Siegeszug des digitalen Zeitalters, bei dem immer mehr alltäglich private, aber auch berufliche Aktivitäten in die digitale Umgebung verlagert werden. Online- sowie Mobile-Banking sind mittlerweile selbstverständlich und sensible Informationen werden immer öfter via E-Mail verschickt und auf cloudbasierten Plattformen gespeichert. All das bietet eine sehr große Angriffsfläche für Cyberkriminelle, die entweder auf eigene Rechnung oder von konkurrierenden Firmen, Organisationen oder sogar Regierungen beauftragt handeln und einen sehr großen Schaden verursachen. Daher stellt Cybersecurity angesichts der zunehmenden Vernetzung einen der wichtigsten zukünftigen Anlagetrends dar und Israel ist in dieser Sache an vorderster Front dabei.
Einer der bekanntesten Cybersecurity-Spezialisten ist der mit rund 17,28 Mrd. USD kapitalisierte Konzern CheckPoint Software (CHKP). Er ist ein sogenannter Pure-Player und verfügt über die Reputation eines zwar langsam, dennoch kontinuierlich wachsenden Unternehmens mit einer beachtlichen Nettogewinnmarge von 42 % bei einer 22%igen Eigenkapitalrentabilität. Laut der Expertenmeinung von Gartner ist der Konzern im Bereich „Firewalls“ führend und kontrolliert den größten Marktanteil. Zu seinen Kunden gehören bereits mehr als 100.000 verschiedene Unternehmen und Organisationen. Für Wachstumsfantasie sorgt hier u. a. die Kooperation mit dem Cyber-Security-Unternehmen Argus, wodurch CHKP künftig den aufkommenden und sehr aussichtsreichen Markt von Sicherheitslösungen im Automotive-Bereich tangiert.
Ein weiteres Topunternehmen aus dem Anlagetrend Cybersecurity ist der mit rund 1,89 Mrd. USD kapitalisierte Konzern CyberArc (CYBR). Das Unternehmen ist ein Spezialist für Cybersecurity-Lösungen mit dem Focus auf die interne Sicherheit eines Unternehmens oder einer Organisation. Denn ein Hackerangriff oder ein unbefugter Datenzugriff kann auch „von innen“ stattfinden. Genau auf diese Weise werden rund 40 % aller Datenschutzpannen verursacht, wobei nur die Hälfte davon versehentlich unter Anwendung von schlechten Sicherheitspraktiken herbeigeführt wird. Die andere Hälfe ist die direkte Folge des vorsätzlichen Handelns eigener, verärgerter Mitarbeiter oder böswilliger Insider, die bewusst sensible Informationen gegen eine entsprechende Belohnung an Dritte weitergeben. Logischerweise sind genau solche Verbrechen sehr schwer zu unterbinden, da sich der potenzielle Täter schon innerhalb eines Systems befindet und über die notwendigen Autorisierungen verfügt. In dieser Hinsicht ist CyberArc in einer sehr lukrativen Nische positioniert, die infolge der voranschreitenden Digitalisierung und der zunehmenden Vernetzung aufgrund der digitalen Transformation immer mehr an Bedeutung gewinnen dürfte.
Kandidat Nummer drei ist der mit rund 1 Mrd. USD kapitalisierte Konzern RadWare (RDWR), der spezielle Cybersecurity-Lösungen entwickelt, um beispielsweise DDoS-Attacken abzumildern. Bei DDoS wird mit einer gezielten Attacke versucht, ein System oder einen Server lahmzulegen. Im besonderen Fokus steht dabei die Cybersicherheit für virtuelle, cloudbasierte und softwaredefinierte Rechenzentren, wo quasi alles sensible Daten zusammenlaufen und dauerhaft gespeichert werden. Damit ist auch dieser israelische Konzern hervorragend positioniert, um zukünftig entsprechend vom Cybersecurity-Trend zu profitieren.
Einen weiteren sehr großen und interessanten Bereich stellen israelische Softwarefirmen und Hersteller von spezialisierten Kommunikationslösungen, die bspw. eine sehr hohe Datenübertragungsrate gewährleisten können.
Risikofreudige Anleger sollten in dieser Hinsicht der mit nur rund 208,61 Mio. USD kapitalisierten Firma Ceragon Networks (CRNT) besondere Beachtung schenken. Das Unternehmen ist mit seiner Richtfunktechnik der weltweit marktführende Backhaul-Spezialist. Bei Backhaul handelt es sich um eine Transportverbindung zwischen verteilten und zentralen Netzknoten bspw. in einem Mobilfunknetz. Dabei bieten CRNT-Geräteplattformen den Betreibern von großen und kleinen Mobilfunk- und Festnetzen, aber auch bei reinen Punkt-zu-Punkt-Verbindungen, eine kosteneffiziente Lösung um Sprach- und Premiumdatendienste zuverlässig zu übertragen. Gleichzeitig enthält die Plattform eine umfassende Palette an skalierbaren Wireless-Produkten für innovative Lösungen in allen zugelassenen Frequenzbereichen. Zu den Kunden gehören sowohl Unternehmen als auch verschiedene Regierungsorganisationen, die auf die Sicherheit bei der Datenkommunikation bedacht sind.
Sehr spannend ist auch die Aktie des mit rund 4,06 Mrd. USD kapitalisierten Konzerns Mellanox. Das Unternehmen spezialisiert sich auf die Entwicklung und Herstellung von integrierten Schaltkreisen für Server, Telekommunikationsinfrastruktur-Equipment und Speichersysteme. Für Wachstumsfantasie sorgt hier die innovative Herangehensweise an die Produktentwicklung. Mellanox bietet nämlich Lösungen für höchsten Datendurchsatz und niedrigste Latenz in Ethernet-Verbindungen. Das heißt: schnellere Datenlieferung sowie bessere System- und Programmperformance. Vor allem in den Bereichen Cloud-Computing und Networking hat man sich mit neuen Produkten wie dem 100-Gigabit-Switch gegenüber Wettbewerbern einen deutlichen Vorsprung verschafft. Damit ist der Konzern als Hersteller von hochleistungsfähigerem Konnektivität-Equipment bereits jetzt bestens positioniert, um von der bald kommenden Umrüstung zahlreicher Data-Zentren entsprechend zu profitieren.
Auch der mit rund 2,91 Mrd. USD kapitalisierte Anbieter von Inspektions- und Testequipment Orbotech (ORBK) gehört zu denjenigen israelischen Topkonzernen, die seit bereits mehreren Jahren in Folge sowohl ihre Umsätze als auch Gewinne kontinuierlich steigern. Im besonderen Fokus steht hier die Entwicklung von automatischen, optischen Inspektionssystemen, die bei der Produktion von Leitplatten, Touch-Screens und Flachbildschirmen eingesetzt werden. Damit liefert das Unternehmen eine wichtige Technologie, die signifikant zur Optimierung des Produktionsprozesses beiträgt. Zu den Kunden von Orbotech zählen bereits führende Elektronikhersteller wie LG, Sony, Infineon, Foxconn, Hitachi und Samsung, was seine Expertise zusätzlich bestätigt. Für Wachstumsfantasie sorgt hier der aufkommende IoT-Trend, wobei die Anzahl von komplexen und smarten Geräten schon bald signifikant zunehmen dürfte.
Ein sehr starkes charttechnisches Setup bietet aktuell die Aktie des mit rund 4,19 Mrd. USD kapitalisierten Konzerns WIX.com (WIX). Der Wert nähert sich einem Big-Picture-Breakout auf ein neues Allzeithoch. Das Unternehmen ist einer der weltweit führenden Anbieter von speziellen Webhosting-Lösungen und den damit verbundenen Services wie dem Web-Page-Design, Layout-Tools etc. Das Herzstück des Wix-Geschäfts ist ein leistungsstarker Webseitenbaukasten, der eine einfache Bedienung mit individueller Gestaltung vereint. Dabei benötigen die Anwender keinerlei spezielle Programmierkenntnisse, um eine auf Business- oder private Bedürfnisse ausgerichtete Webseite in einer sehr kurzen Zeitspanne entsprechend professionell zu konzipieren. Zur kostenlosen Verfügung stehen über 500 professionelle Designvorlagen, die nach Themen und Branchen sortiert sind. Hinzu gibt es auch zahlungspflichtige Extras und Cloud-Services, die im Wesentlichen für die starke Umsatzperformance des Unternehmens sorgen.
Und falls es jemand kosmisch mag, dann sollte man eher in Richtung des mit rund 463 Mio. USD kapitalisierten Konzerns Gilat Satelite (GILT) schauen. Zur Expertise des Unternehmens gehört die Entwicklung und Bereitstellung von Lösungen zur Breitband-Satelliten-Kommunikation und Networking-Services. Dabei entwickelt und produziert GILT spezielle Equipment-, Management- und Service-Lösungen sowohl für kommerzielle als auch staatliche Satellitenbetreiber. So bekam Gilat bspw. Ende Februar einen Multimillionen-Dollar-Auftrag zur Installation seiner innovativen Plattform SkyEdge II-c zur Etablierung einer kommerziellen Breitband-Satelliten-Kommunikation in Mexiko. Auf diese Weise bekommen Hispasat (spanischer Betreiber von Kommunikationssatelliten) sowie seine Kunden die Möglichkeit, das volle Produktspektrum von Breitbandinternet über WiFi-Konnektivität in halburbanen Regionen bis hin zu den speziellen mobilen Services für öffentliche und private Sektoren in Mexiko anbieten zu können.
Sehr speziell ist dagegen die leicht angeschlagene Aktie des mit rund 2,98 Mrd. USD kapitalisierten amerikanisch-israelischen Geothermie-Unternehmens Ormat Technologies (ORA). Sein Tätigkeitsschwerpunkt liegt in der Entwicklung, Produktion, dem Verkauf und Betrieb von Geothermie-Kraftwerken und deren Komponenten. Für Wachstumsfantasie sorgt hier im Wesentlichen der aufkommende Markt für erneuerbare Energien und innovative Energiespeicher. Hinzu kommt die steigende Nachfrage nach effektiveren Energiemanagementlösungen. Um dieser Trendtendenz mit einem entsprechenden Knowhow zu begegnen, übernahm Ormat das Privatunternehmen Viridity Energy, das bereits über eine achtjährige Erfahrung im Bereich Demand Response, Energiemanagement und -speicherung verfügt. Eine stark katalysierende Wachstumswirkung würde hier die eine oder andere Regierungsinitiative zur sauberen geothermalen Energiegewinnung haben, diese lässt aber noch auf sich warten.
Und wenn wir schon die Energiegewinnung angesprochen haben, dann darf der eigentliche Star unseres Israel-Checks nicht fehlen. Es ist die bereits gut bekannte und schon häufiger thematisierte Aktie des mit rund 2,51 Mrd. USD kapitalisierten Konzerns SolarEdge (SEDG), die ungebremst immer weiter Richtung Norden zieht.
Das Unternehmen ist ein Anbieter von Photovoltaikanlagen und spezialisiert sich auf die Entwicklung von photovoltaischen, cloudbasierten Energiegewinnungs-, Optimierungs- und Monitoringsystemen. Denn die Energie muss nicht nur gewonnen, sondern auch kosteneffizient und effektiv gespeichert und geleitet werden. Technologisch betrachtet ist das Unternehmen führend und hat damit gute Chancen, vom boomenden Solar- und E-Mobility-Sektor überproportional zu profitieren. Zur Produktpalette von SolarEdge gehören u. a. intelligente Wechselrichterlösungen für Eigenheime, Gewerbebetriebe oder kleinere Solarkraftwerke. Dabei entsteht eine Art Hybridsystem aus der Eigenproduktion des Stroms und der Einspeisung aus dem öffentlichen Netz.
Für Wachstumsfantasie und die entsprechende Innovationskraft spricht u. a. auch die frühere Zusammenarbeit mit dem Elektroautohersteller Tesla (TSLA) bei der Entwicklung der ersten Powerwalls. Mit dem globalen Umstieg auf E-Autos sowie einem möglichen Umstieg auf Solaranlagen auf dem Dach, die den gewonnenen Strom in den Powerwalls speichern werden, wäre SolarEdge in der Lage, seine Technologie direkt auf einer breiten Ebene zu etablieren. Dies wäre natürlich der Beginn einer neuen Umsatz- und Gewinngeschichte des Unternehmens.
Wie man sieht, ist Israels Technologiesektor, ganz zu schweigen von dem angeschlagenen, aber dennoch sehr interessanten Pharmakonzern Teva Pharmaceutics (TEVA), dem Luft- und Raumfahrtunternehmen Elbit Systems (ESLT) oder dem trendigen und megaerfolgreichen Anbieter von Trinkwasserprudlern SodaStream (SODA), sehr spezifisch, innovativ und meist auf eine nachhaltige Zukunftsentwicklung ausgerichtet, weswegen wir den einen oder anderen israelischen Konzern in den späteren TrendScout-Ausgaben wohl etwas genauer unter die Lupe nehmen werden.
Bis dahin, viel Erfolg und seien Sie profitabel!