Das laufende Jahr war für Biotechnologieunternehmen in Sachen bahnbrechender Therapieerfindungen bis jetzt kein herausragendes Jahr, dennoch haben es einige Biotechaktien tatsächlich geschafft, ihren Kurswert zu verdreifachen und ihre Rally-Bewegungen trotz aller Marktturbulenzen ungebremst fortzusetzen. Ursächlich dafür waren vielversprechende Studiendaten bei sehr perspektivenreichen Therapieforschungen. Gleichzeitig steigt auch die Wahrscheinlichkeit einer möglichen FDA-Medikamenten- oder -Wirkstoffzulassung, was das zukünftige Wachstum garantieren würde. Und genau das wird von den risikofreudigen Tradern und Investoren verstärkt gespielt.
Zuversichtlich stimmt die Entwicklung rund um die Forschung und die eigentliche Medikamentenentwicklung. Dank des digitalen Zeitalters stehen Biotechkonzernen und Forschungslaboren neue Plattformen, aber auch Analytik-Tools und Simulationsprogramme zur Verfügung, womit die Forschungsintensität steigt und die Zeitspanne zwischen den klinischen Tests und einer möglichen Marktzulassung wesentlich verkürzt wird. Gleichzeitig entstehen neuere, komplexere Therapieansätze wie beispielsweise CRISPR, die sich bspw. mit der Modifikation angeborener Gendefekte beschäftigen und bei Erfolg viele genbedingte Erkrankungen schon im Frühstadium kurz nach der Geburt eliminieren könnten. Für Biotechkonzerne bedeutet dies eine mögliche Erschließung neuer Marktnischen, die für sie bis zum digitalen Zeitalter unerreichbar waren, was bei den Anlegern für entsprechende Wachstumsfantasien sorgt.
Aus diesem Grund hat sich der wöchentliche TrendScout abseits des Biotech-Mainstreams umgeschaut und einige Unternehmen aus der zweiten bzw. dritten Reihe angeschaut, die in der ersten Hälfte des laufenden Jahres bereits mit guten Forschungsergebnissen und einer starken Charttechnik überzeugt haben, denn genau hier könnte ein sehr großes Wachstumspotenzial lauern.
In Sachen dynamischen Wachstums allen voran ist der mit rund 8,89 Mrd. USD kapitalisierte Biotechkonzern Sarepta Therapeutics (SRPT). Das Unternehmen spezialisiert sich auf Produkte zur Behandlung von Muskeldystrophie. Hierbei handelt es sich um eine muskuläre Erbkrankheit, die durch Mutationen im Erbgut verursacht wird. Die Konsequenzen sind Muskelschwäche und -schwund.
Was den Wert zuletzt sehr dynamisch auf ein neues 52-Wochen-Hoch bewegte, waren eben phänomenal starke Studiendaten zu einer Gentherapie gegen die Muskeldystrophie Typ Duchenne (DMD). Dabei gelang es dem Konzern in einer Studie nachzuweisen, dass die Konzentration vom Enzym Serum-Kreatin-Kinase, welches bei Patienten mit Muskelschwäche in erhöhtem Grad nachweisbar ist, bei mehr als 87 % Probanden signifikant abnahm. Gleichzeitig verzeichnete man einen signifikanten Anstieg des Proteins Dystrophin, das maßgeblich für die Muskelentwicklung verantwortlich ist. Damit wäre es denkbar, dass Sarepta zukünftig eine erfolgreiche und sehr effektive Therapiemöglichkeit auf den Markt bringen wird, wovon sowohl Patienten als auch der Konzern selbst stark profitieren würden. Für eine explizite Fantasie sorgt hier auch die CRISPR/Cas9-Technologie, wobei SRPT neue Therapien zur Behandlung von Muskeldystrophie entwickeln könnte, sodass Gendefekte direkt behoben werden könnten. Mit diesem innovativen Ansatz würde der Konzern sich ganz neue Wachstumschancen eröffnen und eine führende Rolle in der Behandlung von Muskeldystrophie einnehmen.
Abgesehen davon hat SRPT bereits mit Exondys51 ein erstes Produkt zur Behandlung der Muskelschwäche auf den Markt gebracht, wobei die Vermarktung schon stark angelaufen ist. Kein Wunde: Aktuell ist Exondys51 das einzige zugelassene Medikament gegen die Muskelerkrankung, was für eine starke Nachfrage sorgt. Wie die Zahlen für das 1. Quartal offenbarten, zogen die Erlöse von 16,3 Mio. USD in Q1/2017 auf 64,6 Mio. USD an, was schon für entsprechende Wachstumsfantasie sorgte. Mit einem Cash-Bestand von rund 1 Mrd. USD hat der Konzern genug Mittel, um seine Pipeline weiter voranzubringen. So könnten die F&E-Ausgaben bei CRISPR zur Behandlung von Muskeldystrophie intensiviert werden, weil mit diesem innovativen Ansatz neuartige Therapeutika entstehen können. Und mit den aktuellen Forschungserfolgen steigt nun auch die Zuversicht, dass Sarepta zukünftig mit einem weiteren Präparat/Wirkstoff positiv überraschen könnte. Damit dürfte die spekulative Wachstumsstory ungebremst weiter gehen!
Der Watchlist-Kandidat Nummer zwei ist die Aktie des mit rund 1,14 Mrd. USD kapitalisierten Biotechs Arrowhead Pharmaceuticals (ARWR). Das Unternehmen spezialisiert sich auf die Entwicklung gezielter RNA-Therapeutika, wobei die Pipeline klinische Programme und Studien zur Behandlung der chronischen Hepatitis-B-Form sowie Fettleibigkeit und Onkologie enthält.
Was die Aktie Ende Juni dynamisch bewegte und gleichzeitig für Wachstumsfantasien sorgt, waren positiven Ergebnisse einer Studie über die Wirkstoffe ARO-HBV und ARO-AAT zur Behandlung von Hepatitis B und Lebererkrankungen, die durch einen genetisch bedingten Alpha-1-Antitrypsin-Mangel (AATD) verursacht wird. AADT ist ein seltener Gendefekt, bei dem es zu einer mehr oder weniger stark ausgeprägten Verminderung der Produktion eines bestimmten Eiweißes kommt. Unbehandelt kann sich die Erkrankung je nach Ausprägung früher oder später sehr negativ auf die Funktionsweise von Lunge und Leber, aber auch anderer Organen auswirken.
Und in dieser Hinsicht ist ARWR ganz neue Wege gegangen, die nun vielversprechend erscheinen. Der Biotechkonzern hat in seiner Forschung von RNA-Therapeutika aufgrund der Befürchtung einer sehr toxischen Wirkung abgelassen und ging zur direkten Verminderung des mutierten Proteins in der Leber über (ARO-AAT). Dabei gelang es dem Unternehmen, bei den vier freiwilligen, gesunden Probanden erste positive Resultate zu erzielen. Und genau das sorgt für Wachstumsfantasie, denn allein in den USA sind rund 70.000–100.000 Menschen AATD-gefährdet, wobei aktuell gar keine Therapie existiert. Sollte es dem Konzern also zukünftig gelingen, eine erste Therapie auf den Markt zu bringen, wäre dies u. U. der Beginn einer ganz neuen Wachstumsstory!
Der Kandidat Nummer drei ist die Aktie des mit rund 945,22 Mio. USD kapitalisierten Konzerns Endocyte (ECYT). Das Unternehmen spezialisiert sich auf die Entwicklung von Therapeutika gegen Prostatakrebserkrankungen. Dabei liegt der Fokus auf der Unterdrückung der Tumorbildung. Der Ausgangspunkt war das sog. prostataspezifische Membran-Antigen (PSMA). Es ist ein Eiweiß, das zwar auf der Oberfläche von Prostatazellen sitzt, aber auf Tumorzellen der Prostata in hohen Konzentrationen gebildet wird. Damit ist es ein sehr wichtiger Krebsmarker, der sehr hilfreich bei der Diagnose und in der Verlaufskontrolle einer Krebserkrankung ist.
Der Hoffnungsträger ist in diesem Fall der Wirkstoffkandidat Lu-PSMA-617. Diese Therapievariante kann eben mit stärkeren Strahlenquellen wie Lutetium-177 (Lu-177) beladen werden. Dabei nehmen die PSMA-haltigen Tumorzellen die Verbindung auf und werden durch die Strahlung von innen zerstört, wobei das nicht aufgenommene PSMA-617 relativ schnell aus dem Körper ausgeschieden wird. Und hier gelang Endocyte bereits der erste Erfolg. Lu-PSMA-617 zeigte bei seiner Anwendung sehr gute Resultate und führte bei 44 % der Probanden zu einer 80%igen Reduzierung des prostataspezifischen Antigens (PSA). Was aktuell von Endocyte erforscht wird, ist die langfristige Wirkung des Wirkstoffkandidaten. Die klinische Studie der Phase 3 für Lu-PSMA-617 ist vor etwas mehr als einer Woche gestartet. Im Frühjahr 2020 soll das Projekt beendet sein, was entsprechende Fantasien auf eine mögliche Marktzulassung aufblühen lässt.
Die Nummer vier ist die Aktie des mit rund 3,08 Mrd. USD kapitalisierten Konzerns Heron Therapeutics (HRTX). Das Unternehmen spezialisiert sich auf die Entwicklung von Präparaten und Wirkstoffen, die das Leben von Patienten während der Krankheit verbessern. Derzeit verfügt das Unternehmen über bereits zugelassene Wirkstoffe für Patienten mit Krebs oder starken Schmerzen.
Für Aufmerksamkeit sorgte hier die perspektivenreiche, schmerzlindernde Therapie namens HTX-011. Das Unternehmen konnte hervorragende Phase-3-Studienergebnisse vorlegen und könnte nun berechtigterweise auf eine baldige FDA-Zulassung hoffen. Das getestete Präparat soll zur Vermeidung postoperativer Schmerzen eingesetzt werden, dabei zeigte HTX-011 im Vergleich zu Placebo-Medikamenten eine deutlich höhere Wirkung, was den Einsatz von Opioiden vermindern soll. Damit werden die Patienten schon bald ein sehr effektives Schmerzmittel ohne das Abhängigkeitsrisiko erhalten. Dabei erhielt der Wirkstoff die Bezeichnung einer sog. „Durchbruchtherapie“, was den FDA-Zulassungsprozess wesentlich beschleunigen sollte und für zusätzlichen Optimismus bei den Anlegern sorgt.
Gleichzeitig kündigte Heron Therapeutics an, bis Ende des Jahres einen NDA-Antrag (New Drug Application) einzureichen. Dies ist ein wichtiger Schritt, denn dadurch würde das Unternehmen die Erlaubnis erhalten, ein industriell hergestelltes, verwendungsfertiges Arzneimittel anbieten, vertreiben oder sogar abgeben zu können. Sollte man also mit der FDA-Zulassung Erfolg haben, so würde die Vermarktungsphase unmittelbar starten und Heron sehr schöne Umsätze bescheren.
Und schließlich die Aktie des mit rund 4,21 Mrd. USD kapitalisierten Konzerns Madrigal Pharmaceuticals (MDGL). Dieser Biotech spezialisiert sich auf die Entwicklung von Therapien zur Behandlung der nichtalkoholischen Steatohepatitis (NASH) – einer Leberkrankheit, besser bekannt als nichtalkoholische Fettleberentzündung. Als Wachstumstreiber erwies sich das positive Ergebnis einer Phase-2-Studie für den experimentellen MDGL- Hauptkandidaten MGL-3196, wobei man die Fettleberentzündung bei rund 33 % aller Probanden reduzieren konnte. Das Medikament hilft offenbar dabei, das Leberfett im Vergleich zu einem Placebo-Präparat signifikant zu reduzieren, während man bei den Lipoprotein-Cholesterinwerten und Leberenzymen ebenfalls eine Verbesserung feststellen konnte.
Dabei hat NASH aktuell keine FDA-zugelassene Therapie auf dem Markt, sodass das Potenzial für Madrigals MGL-3196 sehr groß ausfallen dürfte. Denn allein in den USA sind etwa 30 Millionen Menschen vom nichtalkoholischen Steatohepatitis (NASH) betroffen und brauchen dringend eine Therapie, weil NASH als eine der häufigsten Leberkrebsursachen fungiert.
Positiv erwähnen sollte man in diesem Zusammenhang das mit rund 602,73 Mio. USD kapitalisierte Unternehmen Viking Therapeutics (VKTX), dessen Aktie vor dem Hintergrund positiver MDGL-Studien-Daten ebenfalls dynamisch in die Höhe gezogen ist. Ursächlich dafür ist die Tatsache, dass VKTX ebenfalls an einem aussichtsreichen Wirkstoff VK2809 arbeitet, der für die Behandlung von erhöhtem Cholesterin und nicht-alkoholischer Fettlebererkrankung bestimmt ist. Aktuell befindet sich das Medikament in der klinischen Phase-2-Studie. Dabei handelt es sich bei VK2809 genau wie bei Madrigals MGL-3196 um den gleichen Schilddrüsenhormonrezeptor, was die Chancen auf erfolgreiche Studiendaten signifikant steigert.
Abschließend bleibt hier anzumerken, dass es sich bei den Biotechstocks um sehr spekulative Anlagekandidaten handelt. Daher sollten Anleger in diesem Fall eine deutlich dickere Haut und ein starkes Nervenkostüm mitbringen. Denn was diese Aktie zunächst bewegt, sind die News über die eine oder andere Medikamentenstudie. Umso höher ist hier aber auch die Gewinnmöglichkeit, denn sollten die klinischen Phasen positiv ausfallen, steigt damit die Wahrscheinlichkeit einer FDA-Zulassung weiter an und kann im Erfolgsfall in einer nachhaltigen und explosiven Wachstumsstory münden.
Bei den Biotechs aus der zweiten bzw. dritten Reihe, die wird heute betrachtet haben, steigt mit jeder erfolgreichen klinischen Studie zu einem vielversprechenden Wirkstoff auch die Wahrscheinlichkeit einer Übernahme durch ein größeres Biotechkonglomerat. Grundsätzlich gilt hier für Trader und Investoren aber, langen Atem aufzubringen.
Viel Erfolg und seien Sie Profitabel!