(neu: Details zu PCB und Analysten, Details zu den Geschäftsbereichen)
LEVERKUSEN (dpa-AFX) - Starke Agrargeschäfte und eine rege Nachfrage nach rezeptfreien Erkältungs- und Allergiemitteln stimmen Bayer
Unter dem Strich stand im zweiten Quartal ein Verlust von knapp 300 Millionen Euro, wie der Konzern am Donnerstag in Leverkusen mitteilte. Vor einem Jahr war das Minus mit gut 2,3 Milliarden Euro wegen Rückstellungen für den US-Glyphosat-Rechtsstreit zwar deutlich höher ausgefallen, Analysten hatten nun aber im Schnitt einen Nettogewinn erwartet.
Bayer schrieb auf die Agrarsparte fast 1,4 Milliarden Euro ab und begründete das insbesondere mit Wertminderungen aufgrund gestiegener Kapitalkosten. Zudem wurden zusätzliche 694 Millionen Euro aufgrund laufender Vergleichsverhandlungen mit dem US-Bundesstaat Oregon wegen angeblicher Umweltverschmutzungen durch das schon seit Jahrzehnten verbotene Umweltgift PCB des 2018 übernommenen US-Herstellers Monsanto zurückgestellt. Mit einem Vergleich würde der Fall beendet werden, hieß es.
So ist der Konzern schon länger mit zahlreichen PCB-Klagen konfrontiert. Bayer hatte sich dann 2020 im Rahmen eines Vergleichs zur Beilegung des größten PCB-Verfahrens auf eine Zahlung von 650 Millionen Dollar geeinigt. Im März dieses Jahres genehmigte ein Gericht in Kalifornien die Vereinbarung dann vorläufig. Separate Vereinbarungen gibt es mit den Generalstaatsanwälten von New Hampshire, New Mexico, Ohio, Washington, D.C. und Washington. Klagen wurde aber auch eingereicht von den Bundesstaaten Oregon, Pennsylvania und Maryland.
Die nun erfolgte Rückstellung für eine Einigung mit Oregon dürfte für einige Diskussionen sorgen, erklärte Analyst Michael Leuchten von der Schweizer Großbank UBS in einer ersten Reaktion. Im Tagesgeschäft sei es hingegen besser gelaufen als erwarte.
So steigerte Bayer den Umsatz im zweiten Quartal im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um gut 18 Prozent auf 12,8 Milliarden Euro. Aus eigener Kraft betrug das Plus knapp zehn Prozent. Dabei sind positive Wechselkurseffekte etwa durch den schwachen Euro sowie Zu- und Verkäufe von Unternehmensteilen herausgerechnet. Das bereinigte operative Ergebnis (bereinigtes Ebitda) schnellte um 30 Prozent auf 3,35 Milliarden Euro nach oben.
Die Agrarsparte profitierte dabei vor allem von hohen Glyphosatpreisen und einer regen Nachfrage nach Maissaat. Sojasaat verkaufte sich hingegen weniger gut als vor einem Jahr, nachdem Landwirte sich hier zuvor zu stark eingedeckt hatten. Zudem zog sich Bayer bei Soja aus dem argentinischen Markt zurück.
Im Pharmageschäft schaffte Bayer indes nur vergleichsweise kleine Zuwächse bei Umsatz und Gewinn. Der Kassenschlager Eylea gegen bestimmte Netzhauterkrankungen verkauft sich weiter sehr gut, und neue Medikamente wie Nubeqa gegen Prostatakrebs und das Nierenmittel Kerendia legten ordentlich zu. Allerdings kosten solche Produkteinführungen zunächst einmal reichlich Geld. Dagegen fielen die Erlöse mit dem umsatzstärksten Medikament Xarelto. Das liegt auch am Preisdruck für des Gerinnungshemmer in China. Hier bekommt der Konzern die volumenbasierte Einkaufspolitik der Regierung zu spüren, die viele Unternehmen nach Ablauf des Patentschutzes zu großen Preisnachlässen zwingt.
Für 2022 erwartet Bayer nun auf Basis der Wechselkurse vom 30. Juni einen Umsatz von insgesamt 50 bis 51 Milliarden Euro, nach bisher rund 47 Milliarden. Davon sollen 26 bis 27 Prozent (alt: rund 26) als bereinigtes operatives Ergebnis hängen bleiben. Damit kalkuliert Bayer mit etwa 13 Milliarden Euro. Das ist beim Umsatz etwas mehr als von Analysten erwartet, beim operativen Gewinn aber etwas weniger. Dabei profitiert Bayer auch stark von der Entwicklung der Wechselkurse, also etwa vom schwächeren Euro und einem etwas erholten brasilianischen Real.
Bereinigt um solche Wechselkurseffekte erwartet Bayer 2022 jetzt einen Umsatz von 47 bis 48 Milliarden Euro, nach bisher etwa 46 Milliarden Euro. Dies entspreche einem Plus von etwa 8 Prozent statt bisher etwa 5 Prozent. Als bereinigtes operativen Ergebnis (Ebitda) sollen auf dieser Basis rund 12,5 (alt etwa 12,0) Milliarden Euro hängen bleiben.
Mit Blick auf die Gaskrise infolge des Krieges Russlands gegen die Ukraine versucht Bayer-Chef Werner Baumann ein Stück weit zu beruhigen: "Wir sind technisch vorbereitet, um die Abhängigkeit von Erdgas durch die Umstellung auf alternative und erneuerbare Energiequellen deutlich zu verringern." Darüber hinaus seien Programme zur Energieeinsparung eingeführt und, wo möglich, Produktbestände aufgebaut worden. Insgesamt hätten mögliche Engpässe bei der Gasversorgung 2022 für Bayer nach aktueller Einschätzung keine wesentlichen finanziellen Auswirkungen. Bis zum Jahresende könnten zumindest die direkten Folgen einer möglichen Gasverknappung für die eigene Produktion eingedämmt werden./mis/zb/nas/jha/