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Ökonomen-Stimmen zum US-Arbeitsmarkt

03.02.2023
um 15:36 Uhr

FRANKFURT (dpa-AFX) - Der US-Arbeitsmarkt hat im Januar mit einer sehr starken Beschäftigungsentwicklung überrascht. Außerhalb der Landwirtschaft sind 517 000 Stellen hinzugekommen, wie das Arbeitsministerium am Freitag in Washington mitteilte. Dies ist deutlich mehr als erwartet. Zudem sank die Arbeitslosenquote auf den niedrigsten Stand seit 1969. Die Entwicklung der Stundenlöhne blieb in Rahmen der Erwartungen. Der Druck auf die US-Notenbank Fed, die Zinsen weiter anzuheben, dürfte hoch bleiben.

Das sagen Ökonomen zu der Entwicklung:

Christoph Balz und Bernd Weidensteiner, Ökonomen bei der Commerzbank:

"Der US-Arbeitsmarkt läuft noch viel besser als ohnehin gedacht. Im Januar legte die Beschäftigung um 517 000 zu, außerdem wurden die Anstiege in der Vergangenheit nach oben revidiert. Auch wenn der Lohndruck nachgelassen hat, so dürfte der Arbeitsmarkt aus Sicht der Fed weiter nicht im Gleichgewicht sein. Die Zinserhöhungen dürften damit weitergehen."

Dirk Chlench, Volkswirt bei der Landesbank Baden-Württemberg:

"Was für eine Überraschung. Der Anstieg der US-Beschäftigung im Januar übertraf selbst die Erwartung des optimistischsten Prognostikers bei weiten. Dabei erfolgte der Beschäftigungsanstieg auf breiter Basis. (...) Bei alledem ist aber keine Beschleunigung des Lohnauftriebs festzustellen. Im Gegenteil: Die Veränderungsrate der Stundenlöhne zeigt im Vorjahresvergleich eindeutig nach unten. 'Wachstum ohne Inflation' - ein besseres Szenario können sich die Aktienmärkte an und für sich nicht wünschen. Die Terminnotierungen für den US-Aktienmarkt gaben gleichwohl nach Veröffentlichung des Arbeitsmarktberichtes nach, weil Hoffnungen auf ein schnelles Ende der Zinsanhebungen seitens der US-Notenbank einen Dämpfer erhalten haben."

Ulrich Wortberg, Ökonom bei der Landesbank Hessen-Thüringen:

"Der Arbeitsmarkt in den USA ist erstaunlich widerstandsfähig. Hinweise darauf, dass die Dynamik des Beschäftigungsaufbaus nachlässt, gibt es bislang nicht.(...) Die Zahlen zum Arbeitsmarkt werden die US-Notenbank darin bestärken, weiter an der Zinsschraube zu drehen. Die Zinserwartungen sollten zunehmen, zumal diese bislang sehr gedämpft sind und es einen Widerspruch gibt zwischen dem geldpolitischen Ausblick der Fed und den Markterwartungen."

Thomas Gitzel, Chefvolkswirt bei der VP Bank:

"Gerade aufgrund des noch immer gut laufenden Arbeitsmarktes kommt es immer wieder zu Bedenken, dass die Fed doch noch deutlich mehr machen müsse. In Anbetracht des demografischen Wandels könnte aber das historische Muster durchbrochen werden, wonach eine konjunkturelle Schwäche sich auch in einem entsprechend schwachen Arbeitsmarkt niederschlagen sollte. Es ist also durchaus denkbar, dass die US-Wirtschaft in eine Rezession rutscht, ohne deutliche Blessuren am Arbeitsmarkt erleiden zu müssen."/jsl/jkr/zb