(Neu: Wort ergänzt im drittletzten Absatz)
BOCHUM (dpa-AFX) - Deutschlands größter Immobilienkonzern Vonovia
Die Aktie fiel am Freitag auf ein weiteres Tief seit Oktober. Am frühen Nachmittag kostete das Papier 18,86 Euro, das war ein Minus von 1,92 Prozent im Vergleich zum Vortagesschluss. Seit Anfang Februar hat es rund ein Drittel an Wert verloren.
"Wir erwarten auf der Ertragsseite weiterhin eine stabile Entwicklung", sagte Unternehmenschef Rolf Buch. Allerdings müsse das Unternehmen die Balance finden zwischen zwei unterschiedlichen Erwartungshaltungen seiner Eigentümer. Eine Gruppe von Aktionären wünsche sich Dividendenkontinuität, eine andere fordere besondere Kapitaldisziplin. Beides sei gleichermaßen wichtig. "Wir sind überzeugt, dass unser Vorschlag angemessen ist", fügte er hinzu. Grundsätzlich werde aber an der Dividendenpolitik mit einer Ausschüttungsquote von circa 70 Prozent des operativen Ergebnisses (FFO) nach Minderheiten festhalten.
Derzeit erschweren steigende Zinsen und die Inflation massiv das Umfeld für die stark kreditfinanzierte Immobilienbranche. Hinzu kommt, dass viele Unternehmen in der Branche die Buchwerte ihrer Immobilienbestände wegen der höheren Zinsen massiv senken müssen. Die Konkurrenten TAG Immobilien
Für das laufende Jahr zeigt sich das Unternehmen weiterhin vorsichtig. Die Nachfrage nach Wohnungen werde auch 2023 steigen, das Marktumfeld bleibe aber herausfordernd, sagte Buch. Im laufenden Jahr sollen die Segmenterlöse auf 6,40 bis 7,20 Milliarden Euro steigen. Für das operative Ergebnis (FFO) peilt das Management 1,75 bis 1,95 Milliarden Euro an. Den erwarteten Rückgang begründet Buch in einer Telefonkonferenz mit gestiegenen Finanzierungskosten und höheren Steuern.
2022 legte der operative Gewinn vor allem dank der Übernahme von Deutsche Wohnen
Der Umsatz kletterte im vergangenen Jahr um knapp ein Fünftel auf 6,26 Milliarden Euro. Unter dem Strich wies Vonovia einen Verlust von 669 Millionen Euro aus nach einem Gewinn von gut 2,4 Milliarden Euro ein Jahr zuvor. Buch begründete den Fehlbetrag mit Abschreibungen auf das Immobilienportfolio, auf das Projektentwicklungsgeschäft sowie auf die Pflegetochter in Höhe von insgesamt knapp 1,3 Milliarden Euro.
Analyst Simon Stippig vom Analysehaus Warburg Research findet es angesichts der Dividendenkürzung und einem Ergebnisziel (FFO) für 2023 unter dem Konsens schwierig, in den Zahlen etwas Positives zu finden. Zudem habe das Unternehmen im vierten Quartal keine Veräußerungen vorgenommen. Dennoch habe der Immobilienkonzern sein Ziel für den Barmittelzufluss (Cashflow) bekräftigt, seine Dividendenverpflichtung im Vergleich zu anderen Unternehmen signalisiert und mache operativ seinen Job.
Analyst Kai Klose von der Berenberg Bank verwies zudem auf die Prognose. Vonovia habe das Ziel für das operative Ergebnis (FFO) für 2023 auf nunmehr 1,75 bis 1,95 Milliarden Euro gesenkt, da die Aussichten für Volumen und Rentabilität bei Veräußerungen unsicher seien. Im November habe Vonovia noch ein Ergebnis "leicht unter 2022" kommuniziert, so der Experte. Das Vermietungsgeschäft werde voraussichtlich sehr solide bleiben, wobei Vonovia ein leicht höheres flächenbereinigtes Mietwachstum und Mieten in Höhe von 3,1 bis 3,3 Milliarden Euro erwarte.
Vonovia konnte in den vergangenen Jahren der Niedrigzinsphase vor allem über Zukäufe im In- und Ausland kräftig wachsen. Dazu profitierte der Konzern von steigenden Mieten in den Großstädten und Neubauten. 2021 glückte Vonovia die Übernahme von Deutschlands zweitgrößtem Vermieter Deutsche Wohnen. Im vergangenen Jahr wurde Vonovia zudem größter Aktionär beim Branchenrivalen Adler Group
Unterdessen will sich Vonovia nach jahrelangem Expansionskurs von rund 66 000 Wohnungen im Gesamtwert von rund 13 Milliarden Euro trennen. Allerdings halten sich Investoren aufgrund der steigenden Zinsen beim Kauf von Immobilien zunehmend zurück. "Der Markt ist nicht völlig zum Erliegen gekommen, sondern mühsam", sagte Buch. Im Januar und Dezember sei wenig Kaufinteresse zu sehen gewesen, aktuell gebe es wieder eine höhere Nachfrage. Im vergangenen Jahr veräußerte Vonovia 19 760 Wohnungen, auch über Buchwert. Aktuell verkaufe Vonovia auch seine zehnprozentige Beteiligung an seinem Immobilienportfolio in Frankreich und das mit Gewinn, sagte der Manager.
Aufgrund der kräftig gestiegenen Bau- und Finanzierungskosten plant Vonovia vorerst keine neuen Bauvorhaben. Die sich bereits im Bau befindenden Projekte sollen aber zu Ende gebracht werden. 2023 werde Vonovia immer noch 3450 Wohnungen fertigstellen, sagte Buch. "Neubau, der zu vertretbaren Mietpreisen führt, ist in der aktuellen Situation einfach wirtschaftlich nicht möglich", fügte er hinzu.
Unterdessen steht das Unternehmen in den Schlagzeilen: Erst jüngst haben die Staatsanwaltschaft Bochum und das Landeskriminalamt NRW Büros im Hauptsitz des Dax-Konzerns sowie insgesamt 40 Privat- und Geschäftsadressen in mehreren Bundesländern durchsucht. Gegen mehrere Mitarbeiter des Konzerns und andere Beteiligte wird wegen des Verdachts der Bestechlichkeit und Bestechung, der Untreue und des Betruges ermittelt.
"Nach dem derzeitigen Kenntnisstand haben die Vorwürfe keine wesentlichen Auswirkungen auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens", sagte Buch. Betroffen von der möglichen Korruption ist neben Vonovia auch der Stuttgarter Immobilienunternehmens GWG. Der Mieterbund Nordrhein-Westfalen befürchtet, dass auch Mieterinnen und Mieter geschädigt worden sein könnten./mne/ngu/tih