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Mitten in Frankreichs Rentenstreit rückt Frau an Gewerkschaftsspitze

31.03.2023
um 13:00 Uhr

CLERMONT-FERRAND (dpa-AFX) - Mitten im Kräftemessen um die Rentenreform in Frankreich übernimmt an der Spitze der mächtigen Gewerkschaft CGT mit Sophie Binet erstmals eine Frau das Ruder. Die CGT bestimmte die 41-Jährige am Freitag überraschend zur Nachfolgerin von Philippe Martinez. Der radikale und der gemäßigte Flügel der CGT hatten sich auf dem Kongress der Gewerkschaft bei Clermont-Ferrand nicht auf eine Führungsperson aus dem einen oder anderen Lager einigen können.

Binet gilt als Reformerin und steht vor einer doppelten Bewährungsprobe. Neben der Einheit der CGT wird sie am Mittwoch bei einem Gespräch mit Regierungschefin Élisabeth Borne zur Rentenreform den Schulterschluss mit den anderen Gewerkschaften suchen müssen. Nach ihrer Wahl betonte Binet, dass die Gewerkschaften gemeinsam und geschlossen zu dem Treffen mit Borne gehen würden. Durch die Streiks seien die Gewerkschaften im Aufwind.

"Wir werden nicht nachgeben", sagte Binet in ihrer Antrittsrede. "Was uns bei der CGT vereint, ist, dass wir nicht nachgeben. Wir geben nicht nach in unserem Kampf gegen Unterdrückung, gegen Kriminalisierung, gegen Angriffe auf die gewerkschaftlichen Freiheiten und das Streikrecht und gegen Zwangsverpflichtungen zur Arbeit." Binet kündigte an, weiter gegen die Rentenreform auf die Straße zu gehen. "Wir werden die Arbeit nicht wieder aufnehmen, solange die Reform nicht zurückgezogen ist."

Im Kampf gegen die Reform, mit der das Renteneintrittsalter von 62 auf 64 Jahre steigt, waren die Gewerkschaften in Frankreich erstmals seit Jahren geeint aufgetreten. Über viele Wochen brachten sie immer wieder Hunderttausende Menschen zu lange Zeit friedlichen Protesten auf die Straße und riefen zu Streiks auf. Binets Vorgänger Martinez (61) wurde dabei zu einem Sprachrohr und einem Gesicht des Protests./rbo/DP/nas