(aktualisierte Fassung)
BERLIN/HAMBURG (dpa-AFX) - Trotz der Zustimmung der Bundesregierung zum Einstieg des chinesischen Staatskonzerns Cosco bei einem Hamburger Container-Terminal hält der Streit über den Deal in Ampelkoalition an. Sowohl aus der Grünen- als auch aus der FDP-Bundestagsfraktion kamen am Donnerstag Stimmen, die eine Minderheitsbeteiligung von Cosco Shipping Ports Ltd (CSPL) am Terminal Tollerort (CTT) weiter für falsch halten. Die Wirtschaft zeigte sich derweil erleichtert über das Ja der Bundesregierung vom Mittwochabend zu einer Cosco-Beteiligung von maximal 24,99 Prozent.
"Es war falsch, es ist falsch und es bleibt falsch", klagte der Grünen-Wirtschaftspolitiker Felix Banaszak im "Handelsblatt". Es sei ein Fehler, dass Kanzler Olaf Scholz (SPD) ein neues Investitionsprüfungsverfahren verhindere. Beim Bundeskanzler vermenge sich "falsch verstandener Hamburger Lokalpatriotismus mit einer Außenwirtschaftspolitik, die aus den fatalen Fehlern im Umgang mit Russland nichts gelernt habe", sagte Banaszak. Scholz war vor seinem Wechsel nach Berlin Hamburgs Bürgermeister.
Es sei kurzsichtig, sich mit Blick auf den Standortwettbewerb mit anderen europäischen Häfen dem Vorgehen Chinas zu beugen, weil Peking mit Sanktionen drohe, sagte der Grünen-Bundestagsabgeordnete. "Damit zeigt man sich unnötig erpressbar." Banaszak steht mit seiner Haltung im Widerspruch zu den Hamburger Grünen, die für eine Beteiligung von Cosco am Terminal Tollerort sind.
Der FDP-Außenpolitiker Frank Müller-Rosentritt betonte: "Jeder Schritt in eine noch stärkere Abhängigkeit von China zu schlafwandeln, ist ein Fehler." China erkaufe sich durch Cosco mehr Einfluss auf die deutsche Infrastruktur "und spielt uns strategisch gegeneinander aus. So darf es nicht weitergehen." Der Hamburger Bundestagsabgeordnete und FDP-Hafenexperte Michael Kruse geht davon aus, dass der Cosco-Einstieg kurzfristig Ladungsmengen sichern werde. "Angesichts der mittelfristig zu erwartenden Mengen im China-Handel wird allerdings deutlich, dass die Bindung von Ladungsmengen an einen Standort kein ausreichendes Zukunftskonzept ist."
Kritisch zeigte sich auch der CDU-Sicherheitspolitiker Roderich Kiesewetter. "Da die Nachrichtendienste und weitere Ministerien massiv vor dem Verkauf von Anteilen des Terminals des Hafens an Cosco gewarnt haben, wirkt das Ganze noch viel mehr wie ein Alleingang des Bundeskanzlers auf seinem chinapolitischen Irrweg", sagte er dem "Handelsblatt". Deutschland müsse endlich aus den Fehlern lernen, die es bei Russland gemacht habe.
Cosco wollte ursprünglich sogar 35 Prozent der CTT-Betriebsgesellschaft übernehmen. Dagegen hatten jedoch mehrere Bundesministerien protestiert, so dass das Kabinett die Quote im Oktober vergangenen Jahres auf unter 25 Prozent festlegte, um eine Sperrminorität Coscos zu verhindern. Aufgrund der jüngst erfolgten Einstufung des CTT als kritische Infrastruktur wollte das Bundeswirtschaftsministerium nun im Rahmen seiner Prüfung die Beteiligungsschwelle noch weiter senken, wie aus Kreisen verlautete. Allerdings wäre für eine materielle Änderung der bestehenden Teiluntersagung Einstimmigkeit erforderlich gewesen.
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) freut sich über die Zustimmung. Sie sei gut für den Investitionsstandort und das Import- und Exportland Deutschland, sagte Hauptgeschäftsführerin Tanja Gönner. Die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit und technologische Souveränität Deutschlands und der EU erforderten die grundsätzliche Offenheit für ausländische Investitionen, auch aus China.
Der Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) forderte die Politik auf, jetzt den Hafen- und Logistikstandort Deutschland zu stärken. "Dafür braucht es in Deutschland nicht nur eine umfassende Ertüchtigung und Modernisierung der Verkehrsinfrastruktur, sondern auch einen klaren ordnungspolitischen Rahmen", sagte Hauptgeschäftsführer Daniel Hosseus.
Die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA
China ist derzeit der größte Handelspartner Deutschlands und des Hamburger Hafens. Rund 30 Prozent der Waren, die im Hamburger Hafen umgeschlagen würden, kämen aus China oder gingen dorthin./klm/DP/he