Befreiung / Zielgesellschaft: Vossloh AG; Bieter: Heinz Hermann Thiele Familienstiftung
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EQS-WpÜG: Heinz Hermann Thiele Familienstiftung / Befreiung
Befreiung / Zielgesellschaft: Vossloh AG; Bieter: Heinz Hermann Thiele
Familienstiftung
23.08.2023 / 12:00 CET/CEST
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Für den Inhalt der Mitteilung ist der Bieter verantwortlich.
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Heinz Hermann Thiele Familienstiftung
Deutschland
Veröffentlichung des Tenors und der wesentlichen Gründe
des Bescheids der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vom 23.
Juni 2023
über
die Befreiung nach § 37 Abs. 1 WpÜG von den Verpflichtungen gemäß § 35 Abs.
1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 WpÜG
in Bezug auf die Vossloh Aktiengesellschaft, Werdohl
Mit Bescheid vom 23. Juni 2023 hat die Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht auf den Antrag der
Heinz Hermann Thiele Familienstiftung (nachfolgend "Antragstellerin")
die Antragstellerin gemäß § 37 Abs. 1 WpÜG von den Pflichten befreit, nach §
35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG die Kontrollerlangung an der Vossloh
Aktiengesellschaft mit Sitz in Werdohl, zu veröffentlichen, nach § 35 Abs. 2
Satz 1 WpÜG der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht eine
Angebotsunterlage zu übermitteln und nach § 35 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 14
Abs. 2 Satz 1 WpÜG ein Pflichtangebot zu veröffentlichen.
Der Tenor des Bescheids der BaFin lautet wie folgt:
1. Die Antragstellerin wird gemäß § 37 Abs. 1 WpÜG für den Fall, dass sie
infolge der Übertragung des von Frau Nadia Thiele gehaltenen
Geschäftsanteils in Höhe von EUR 133.152.172 an der Stella
Vermögensverwaltungs GmbH, Grünwald, die Kontrolle an der Vossloh
Aktiengesellschaft, Werdohl, (folgend "Zielgesellschaft") erlangen
sollte, von der Pflicht nach § 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG die
Kontrollerlangung an der Zielgesellschaft zu veröffentlichen, nach § 35
Abs. 2 Satz 1 WpÜG der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
(folgend "BaFin") eine Angebotsunterlage zu übermitteln und nach § 35
Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 14 Abs. 2 S. 1 WpÜG ein Pflichtangebot zu
veröffentlichen, befreit.
2. Für die positive Entscheidung über den Antrag auf Befreiung von den
Verpflichtungen des § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 WpÜG gemäß § 37
Abs. 1 WpÜG ist von der Antragstellerin eine Gebühr zu entrichten.
Die Befreiung beruht im Wesentlichen auf den folgenden Gründen:
A.
I. Zielgesellschaft
Zielgesellschaft ist die Vossloh Aktiengesellschaft mit Sitz in Werdohl,
eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Iserlohn unter HRB 5292. Das
Grundkapital der Zielgesellschaft beträgt EUR 49.857.682,23 und ist
eingeteilt in 17.564.180 auf den Inhaber lautende Stückaktien (nachfolgend
"Vossloh-Aktien").
Die Vossloh-Aktien sind unter der ISIN DE0007667107 zum Handel im
regulierten Markt der Frankfurter Wertpapierbörse zugelassen.
II. Antragstellerin
Die Antragstellerin ist eine Stiftung nach deutschem Recht. Sie wurde am
06.04.2023 durch die Regierung Oberbayern als zuständige Behörde anerkannt.
Die Antragstellerin wurde aufgrund der testamentarischen Verfügung vom
07.06.2018 (folgend "Testament") des am 23.02.2021 verstorbenen Heinz
Hermann Thiele (folgend "Erblasser") gegründet. Im Testament setzte der
Erblasser [.] [eine] Alleinerbin [(folgend "Erbin")] ein und vermachte der
Antragstellerin unter anderem die bislang von ihm, nun von der Erbin,
gehaltenen Geschäftsanteile an der Stella Vermögensverwaltungs GmbH mit Sitz
in Grünwald, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts München unter
HRB 118793 (folgend "Stella") und an der TIB Vermögens und
Beteiligungsholding GmbH mit Sitz in Grünwald, eingetragen im
Handelsregister des Amtsgerichts München unter HRB 200367 (folgend "TIB").
III. Aktionärsstruktur der Zielgesellschaft
Die Antragstellerin hält derzeit keine Vossloh-Aktien.
8.797.090 Vossloh Aktien (entsprechend ca. 50,09% des Grundkapitals und der
Stimmrechte der Zielgesellschaft) werden unmittelbar von der KB Holding
GmbH, München, (folgend "KB Holding") gehalten.
Das gesamte Stammkapital der KB Holding wird von TIB gehalten.
Am Stammkapital der TIB in Höhe von EUR 1.000.000 ist Stella mit zwei
Geschäftsanteilen in Höhe von insgesamt EUR 806.960 (entsprechend ca. 80,7%
des Stammkapitals und der Stimmrechte) sowie die Erbin mit zwei
Geschäftsanteilen in Höhe von insgesamt EUR 193.040 (entsprechend ca. 19,3%
des Stammkapitals und der Stimmrechte) beteiligt.
Am Stammkapital der Stella in Höhe von EUR 210.003.000 ist die Erbin mit
einem Geschäftsanteil in Höhe von EUR 133.152.172 (entsprechend ca. 63,4%
des Stammkapitals und der Stimmrechte) [.] beteiligt.
IV. Antragstellung
Mit Schreiben vom 13.04.2023, eingegangen im Original per Post am
14.04.2023, beantragt die Antragstellerin, sie gemäß § 37 Abs. 1 WpÜG von
den Verpflichtungen nach § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2 [sic] WpÜG zu
befreien. Sie trägt insbesondere vor, dass sie die Kontrolle über die
Zielgesellschaft im Zusammenhang mit der Erbauseinandersetzung aufgrund des
Testaments des Erblassers erlangen werde.
B.
Dem Antrag auf Befreiung von den Verpflichtungen des § 35 Abs. 1 Satz 1 und
Abs. 2 Satz 1 WpÜG war stattzugeben, da er zulässig und begründet ist.
I. Zulässigkeit
Der Antrag ist zulässig.
Der Antrag wurde schriftlich und damit formgerecht (§ 45 WpÜG) gestellt.
Anträge gemäß § 37 WpÜG können vor oder innerhalb von sieben Kalendertagen
nach dem Zeitpunkt der Kontrollerlangung gestellt werden (§ 37 Abs. 2 WpÜG,
§ 8 WpÜG-AngebotsVO). Die Antragstellerin erwirbt die Kontrolle erst mit der
noch ausstehenden Übertragung des Geschäftsanteils an Stella von der Erbin
an die Antragstellerin (folgend "Anteilsübertragung", siehe unten B.II.1.).
Trotz der noch ausstehenden Anteilsübertragung besteht schon jetzt das
erforderliche Sachbescheidungsinteresse zur Entscheidung über den Antrag.
Voraussetzung hierfür ist, dass sich die Kontrollerlangung als vorhersehbar
(vgl. BT Drucks. 14/7034 v. 05.10.2001, S. 81) und aus Gründen der
Sicherstellung der ernsthaften Bereitschaft zum Kontrollerwerb als sehr
wahrscheinlich darstellt (vgl. Krause/Pötzsch/Seiler, in:
Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 8 WpÜG Angebotsverordnung, Rn. 8 f.;
Versteegen, in: Kölner Komm. z. WpÜG, Anh. z. § 37 - § 8 WpÜG-AngebotsVO Rz.
6). Dies ist vorliegend der Fall. Es sind nach der erfolgten Anerkennung der
Antragstellerin durch die zuständige Behörde keine Anhaltspunkte
ersichtlich, warum die testamentarisch angeordnete Anteilsübertragung nicht
kurzfristig nach Erlass des vorliegenden Bescheids erfolgen sollte.
II. Begründetheit
Der Antrag ist begründet.
Die Voraussetzungen für eine Befreiung der Antragstellerin gemäß § 37 Abs. 1
und Abs. 2 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 1 Nr. 1 WpÜG AngebotsVO (durch Erbschaft
oder im Zusammenhang mit einer Erbauseinandersetzung) liegen vor. Das
Interesse der Antragstellerin an einer Befreiung von den Verpflichtungen
nach § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 WpÜG überwiegt das Interesse der
außenstehenden Aktionäre der Zielgesellschaft an einem öffentlichen
Pflichtangebot.
1. Kontrollerlangung
Aufgrund der Übertragung des von der Erbin gehaltenen Geschäftsanteils an
Stella wird die Antragstellerin die Mehrheit des Stammkapitals und der
Stimmrechte an Stella halten, so dass Stella ein Tochterunternehmen i.S.v. §
2 Abs. 6 WpÜG, § 290 HGB, § 17 AktG der Antragstellerin sein wird.
TIB ist ein Tochterunternehmen i.S.v. § 2 Abs. 6 WpÜG, § 290 HGB, § 17 AktG
von Stella, da Stella die Mehrheit des Stammkapitals und der Stimmrechte an
TIB hält.
KB Holding wiederum ist ein Tochterunternehmen i.S.v. § 2 Abs. 6 WpÜG, § 290
HGB, § 17 AktG von TIB, da TIB das gesamte Stammkapital und alle Stimmrechte
an KB Holding hält.
Die Stimmrechte aus den unmittelbar von der KB Holding gehaltenen 8.797.090
Vossloh-Aktien (entsprechend ca. 50,09% des Grundkapitals und der
Stimmrechte der Zielgesellschaft) werden der Antragstellerin damit nach § 30
Abs. 1 Satz Nr. 1, Satz 2 und 3 WpÜG zugerechnet werden. Die Antragstellerin
wird damit zum Zeitpunkt der Anteilsübertragung die Kontrolle nach § 29 Abs.
2 WpÜG an der Zielgesellschaft erlangen.
2. Kontrollerwerb im Zusammenhang mit einer Erbauseinandersetzung
Die Antragstellerin wird die mittelbare Kontrolle über die Zielgesellschaft
infolge der Erfüllung des vom Erblasser in seinem Testament angeordneten
Vermächtnisses durch die unentgeltliche Übertragung des von der Erbin
gehaltenen Geschäftsanteils an Stella erlangen.
§ 9 Satz 1 Nr. 1 WpÜG AngebotsVO setzt voraus, dass die Kontrolle an der
Zielgesellschaft durch Erbschaft oder im Zusammenhang mit einer
Erbauseinandersetzung erlangt wurde, sofern Erblasser und Antragsteller
nicht verwandt im Sinne von § 36 Nr. 1 WpÜG sind. Der
verfahrensgegenständliche Sachverhalt, nämlich die unentgeltliche
Übertragung des von der Erbin gehaltenen Geschäftsanteils an Stella auf die
Antragstellerin infolge der Erfüllung des Vermächtnisses des Erblassers, ist
als eine Erbauseinandersetzung zwischen Parteien, die nicht verwandt im
Sinne von § 36 Nr. 1 WpÜG sind, anzusehen (vgl. Krause/Pötzsch/Seiler in
Assmann/Pötzsch/Schneider, § 9 WpÜG Angebotsverordnung, Rn. 8 i.V.m.
Schneider/Rosengarten in Assmann/Pötzsch/Schneider, § 36 WpÜG, Rn. 4a).
3. Ermessen
Befreiungen nach § 37 WpÜG stehen im Ermessen der BaFin. In der
Ermessensabwägung sind die Interessen der Antragstellerin an der Befreiung
dem Interesse der übrigen Aktionäre der Zielgesellschaft an der Durchführung
eines Pflichtangebots gegenüberzustellen (vgl. Schmiady in: Steinmeyer,
WpÜG, § 37 Rz. 56, Seiler in Assmann/Pötzsch/Schneider, § 37 WpÜG, Rn. 80).
Bei Abwägung der Interessen der anderen Aktionäre der Zielgesellschaft an
einem Pflichtangebot mit dem Interesse der Antragstellerin an einer
Befreiung von den Verpflichtungen des § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1
WpÜG überwiegen die Interessen der Antragstellerin deutlich.
Die testamentarisch angeordnete Überführung der vom Erblasser gehaltenen
mittelbaren Kontrollposition an der Zielgesellschaft in eine
Familienstiftung liefert den außenstehenden Aktionären der Zielgesellschaft
keinen schützenswerten Anlass, eine außerordentliche
Desinvestitionsentscheidung im Rahmen eines Pflichtangebots treffen zu
können. Einerseits steht eine die einschneidenden Pflichten gemäß § 35 Abs.
1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 WpÜG rechtfertigende materielle Veränderung der
Kontrollsituation vorliegend gerade nicht im Raum. Andererseits ist mit
Blick auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 9 Satz 1 Nr. 2
WpÜG-AngebotsVO ein besonderes Gewicht der Interessen der Antragstellerin
anzunehmen, denn der Gesetz- beziehungsweise Verordnungsgeber hat insoweit
die Interessenabwägung in Teilen antizipiert. Gründe, die vorliegend eine
dieser Antizipation entgegengesetzte Entscheidung zu Lasten der
Antragstellerin gebieten würden, sind nicht ersichtlich.
Grünwald, im August 2023
Heinz Hermann Thiele Familienstiftung
Ende der WpÜG-Mitteilung
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