(Stellungnahme BDI und Habeck ergänzt sowie Hinweis eingefügt, dass es in Deutschland Investitionsprüfverfahren gibt)
BRÜSSEL (dpa-AFX) - Die EU soll nach Willen der EU-Kommission ihre Wirtschaft und Forschung entschlossener und geschlossener gegen zu großen Einfluss aus dem Ausland verteidigen. Die EU-Kommission stellte am Mittwoch ein Paket mit Leitlinien und einem Gesetzesvorschlag vor, damit unter anderem Wissen über militärisch nutzbare Technologien nicht in Staaten wie China oder Russland abfließt und ausländische Staaten keinen zu großen Einfluss auf wichtige Industriezweige in der EU bekommen.
Aus der Kommission hieß es, es bestehe das Risiko, dass durch Investitionen Wissen in die Hände von Militärs oder Geheimdiensten aus Drittstaaten gelange und gegen die EU verwendet werde. In den vergangenen drei Jahren untersuchte die EU-Kommission eigenen Angaben zufolge bereits mehr als 1200 ausländische Investitionen auf solche und andere mögliche Risiken. Mit einem nun vorgestellten Gesetzesvorschlag soll die Grundlage für solche Untersuchungen ausgebessert werden.
Konkret geht es den Angaben zufolge darum, dass es in jedem EU-Staaten Mechanismen gibt, riskante Investments aus dem Ausland zu untersuchen. Bislang gebe es solche Mechanismen nur in 22 der 27 EU-Staaten - darunter Deutschland. Zudem soll festgelegt werden, ab welcher Größenordnung eine Investition untersucht werden muss. Auch EU-Investoren sollen begutachtet werden, wenn diese aus Drittstaaten kontrolliert werden.
Ein Beispiel für ausländische Investitionen mit potenziellen Risiken ist etwa die Handelsinfrastruktur. So sind etwa Häfen und Umschlagterminals ein begehrtes Investitionsziel. Analysten der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) hatten jüngst eine Untersuchung veröffentlicht, wonach Käufe und Verkäufe im Bereich der Hafeninfrastruktur seit 2015 einen deutlichen Anstieg erlebten. "Hier findet aktuell ein regelrechter Wettstreit statt", hieß es.
In Deutschland hatte etwa eine Minderheitsbeteiligung der chinesischen Staatsreederei Cosco an einem einzelnen HHLA
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) begrüßte die Vorschläge. Die Corona-Pandemie und der russische Angriffskrieg hätten Verwundbarkeiten vor Augen geführt. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) teilte mit, die EU-Kommission müsse noch mehr für die Wirtschaftssicherheit machen. Die Industrie brauche zudem belastbare internationale Partnerschaften.
Bereits im Sommer hatte die EU-Kommission eine Sicherheitsstrategie mit ähnlichen Zielen vorgestellt, die jetzt präsentierten Vorschläge bauen darauf auf. "Wirtschaftliche Sicherheit ist für uns zu einer Priorität geworden", sagte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen damals.
Dabei geht es auch darum, dass beispielsweise die Corona-Pandemie Schwachstellen der europäischen Wirtschaft aufgezeigt hatte, etwa wie abhängig die Unternehmen von funktionierenden Lieferketten sind. Auch der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und die im Zuge des Krieges stark gestiegenen Energiepreise haben vor Augen geführt, dass die EU-Wirtschaft angreifbar ist.
Auch die Forschung soll sich besser gegen Einfluss aus dem Ausland absichern. "Hochschul- und Forschungseinrichtungen können der böswilligen Beeinflussung durch autoritäre Staaten zum Opfer fallen", teilte die Kommission mit. Ergebnisse internationaler Forschungszusammenarbeit könnten in Drittländern für militärische Zwecke genutzt werden. Behörden, Zivilgesellschaft und Forschungseinrichtungen sind nun aufgerufen, ihre Ideen einzubringen, wie Risiken in diesem Bereich verringert werden können. Die EU-Kommission schlägt unter anderem vor, dass Universitäten und andere Einrichtungen Sicherheitsrisiken im Blick haben sollen, wenn sie neues Personal einstellen./mjm/DP/jha