WASHINGTON (dpa-AFX) - Die US-Luftfahrtbehörde FAA hat nach einer monatelangen Untersuchung Mängel bei der Qualitätssicherung von Boeing
Nach Gesprächen mit der Belegschaft seien auch Zweifel daran aufgekommen, dass man für interne Meldungen über Qualitätsprobleme keine negativen Konsequenzen befürchten müsse. Die Kommission zeigte sich besorgt, dass Boeing-Beschäftigte entmutigt werden könnten, Probleme zu melden. Insgesamt gebe es unter Mitarbeitern Verwirrung über ihre Rolle im Sicherheitsmanagement, da Verfahren und Schulungen dafür komplex seien und sich ständig änderten.
In der Verkehrsflugzeug-Sparte fand die FAA-Kommission keinen einheitlichen und klaren Weg für die Mitarbeiter, über Qualitätsmängel zu berichten. "Beschäftigte verstanden nicht, wie die verschiedenen Berichtssysteme zu bedienen sind - und welches System sie wann nutzen sollten", hieß es in dem Bericht. Die Mitarbeiter hätten es auch vorgezogen, die formellen Verfahren zu meiden und Probleme eher ihren Vorgesetzten mitzuteilen.
Als Teil der Untersuchung hatte die Kommission Boeing auch aufgefordert, zu belegen, dass die Sicherheit oberste Priorität habe. Doch Unterlagen, Befragungen und Gesprächen mit Mitarbeitern hätten nicht gezeigt, dass Boeing dem Ziel so grundlegend verbunden sei, wie der Konzern es selbst behaupte, hieß es.
Boeing betonte in einer Reaktion, man habe die FAA-Kommission in ihrer Arbeit unterstützt und bereits Maßnahmen zur Verbesserung der Qualitätskultur ergriffen. Man werde den Bericht auswerten und daraus Schlüsse für weitere Maßnahmen ziehen.
Der Flugzeugbauer steht aktuell nach einem dramatischen Zwischenfall unter verstärktem Druck, die Qualitätskontrollen zu verbessern. Anfang Januar war bei einer so gut wie neuen 737-9 Max mit mehr als 170 Menschen an Bord kurz nach dem Start im Steigflug ein Rumpfteil an der Sitzreihe 26 herausgebrochen. Bei dem Vorfall mit einer Maschine der Fluggesellschaft Alaska Airlines wurde niemand ernsthaft verletzt - zufällig waren die beiden Plätze direkt an der Öffnung leer geblieben.
Die US-Unfallermittlungsbehörde NTSB geht nach einer Untersuchung davon aus, dass an dem Fragment Befestigungsbolzen fehlten. Boeing-Chef Dave Calhoun übernahm die Verantwortung für den Fehler.
Die FAA-Kommission schränkte ein, dass Untersuchungen einzelner Vorfälle nicht zu ihren Aufgaben gehört habe. Doch die während ihrer Arbeit bekannt gewordenen Probleme hätten ihre Besorgnis verstärkt.
Die Untersuchung hatte im März 2023 begonnen. Boeing war bereits vor fünf Jahren in die Kritik geraten, nachdem zwei Max-Maschinen abstürzten und dabei 346 Menschen starben. Das Problem lag laut Unfallermittlern in einer Assistenzsoftware. Behörden in aller Welt verhängten deshalb Flugverbote für den Typ: Ab März 2019 durften Max-Flugzeuge mehr als eineinhalb Jahre lang nicht abheben und wurden erst nach technischen Verbesserungen wieder zugelassen. Den Hersteller kostete das Debakel Milliarden./so/DP/zb