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ROUNDUP/Rechnungshof: Bundesregierung ist bei Energiewende 'nicht auf Kurs'

07.03.2024
um 18:18 Uhr

BERLIN (dpa-AFX) - Schleppender Netzausbau und zu hohe Stromkosten für Verbraucher und Industrie: Die Regierung ist aus Sicht des Bundesrechnungshofs bei der Energiewende nicht auf Kurs. "Die bisherigen Maßnahmen zur Umsetzung der Energiewende sind ungenügend und bergen deshalb gravierende Risiken für die energiepolitischen Ziele", sagte Rechnungshofpräsident Kay Scheller am Donnerstag in Berlin. Grundlage für die Kritik ist ein neuer Sonderbericht seines Hauses zur Umsetzung der Energiewende bei der Stromversorgung. "Die Bundesregierung muss umgehend reagieren, andernfalls droht die Energiewende zu scheitern", heißt es darin. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) reagierte mit Unverständnis.

In dem Bericht kritisiert der Rechnungshof zum einen den schleppenden Ausbau der Erneuerbaren Energien, der Stromnetze sowie den mangelnden Aufbau zusätzlicher Erzeugungskapazitäten für den Bedarfsfall.

Im vergangenen Jahr habe die Bundesnetzagentur etwa lediglich die Hälfte der für 2023 vorgesehenen Leistung für Windenergieanlagen an Land per Ausschreibung vergeben können. "Das nicht vergebene Ausschreibungsvolumen von 6,46 GW entspricht der Leistung von vier bis sechs Braunkohle- oder Kernkraftwerken", heißt es in dem Bericht. Die nicht vergebene Leistung müsse laut Erneuerbare-Energien-Gesetz dann im Folgejahr zusätzlich ausgeschrieben und vergeben werden. In dieser Höhe sei das jedoch nicht realistisch.

Ein weiterer Kritikpunkt sind die hohen Strompreise. Sie gehören demnach zu den höchsten in der EU. Das Wirtschaftsministerium (BMWK) berücksichtige die für den Stromausbau notwendigen Investitionskosten nicht bei seiner Darstellung der Kosten für Strom aus erneuerbaren Energien, teilte der Rechnungshof weiter mit. "Die Bundesregierung muss die Systemkosten der Energiewende klar benennen. Darüber hinaus sollte sie endlich bestimmen, was sie unter einer bezahlbaren Stromversorgung versteht."

Wirtschaftsminister Habeck konnte die Kritik nicht nachvollziehen. "Ich sage nicht, dass wir durch sind. Aber zu sagen, die Bundesregierung tut nicht genug, die Energiepreise runterzubringen, die Energiesicherung umzusetzen, den CO2-Ausstoß zu reduzieren, ist eine erstaunliche Wahrnehmung, die nichts mit der Wirklichkeit zu tun hat", sagte er bei einem Besuch in Washington. Die Energiepreise sänken, betonte der Minister und die Regierung setze um, was jahrzehntelang versäumt worden sei. "Der Ausbau der erneuerbaren Energien hat mächtig Fahrt aufgenommen." Auch Genehmigungen für den Netzausbau würden deutlich schneller erteilt.

Das BMWK habe in einer Stellungnahme für den Bericht zugestimmt, dass die Ausbaudynamik erhöht werden müsse. Entsprechende Maßnahmenpakete aus dem Jahr 2022 wirkten erst zeitversetzt. Die Installation und Genehmigungen von Windenergieanlagen an Land hätten im Jahresvergleich aber bereits deutlich zugenommen./maa/DP/nas