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Migrationsforscher Knaus: Abweisung an Grenzen nicht möglich

03.09.2024
um 13:48 Uhr

BERLIN (dpa-AFX) - Der österreichische Migrationsforscher Gerald Knaus hält die Forderung der Union nach einer Zurückweisung von Migranten an den Grenzen nicht für zielführend. "Man darf an der Grenze zwar Menschen stoppen, aber wenn sie einen Asylantrag vorbringen wollen, dann darf man sie nicht einfach ohne Verfahren zurückschicken", sagte Knaus im ZDF-"Morgenmagazin" mit Verweis auf das EU-Recht.

"EU-Recht auszusetzen, das wäre eine Atombombe, und das würde dazu führen, dass dann ganz viele in der EU es nachmachen würden", ergänzte er. Er rechne auch nicht damit, dass das bereits beschlossene EU-Asyl-Paket eine Besserung bringe, da das sogenannte Dublin-System nicht geändert würde. Nach den Dublin-Regeln ist meist jener EU-Staat für einen Asylantrag zuständig, wo der Schutzsuchende zuerst europäischen Boden betreten hat. "Dieses System funktioniert seit Anfang nicht", kritisierte Knaus.

Knaus für Asylverfahren in Drittstaaten

Es sei aber dennoch richtig, dass etwas gegen irreguläre Migration getan werden müsse. "Der Weg, das zu tun, ist nicht zu versuchen, Leute in der EU hin und her zu schieben zwischen den Ländern, sondern irreguläre Migration in die EU zu reduzieren." Der Forscher verwies dabei auf eine andere Forderung der CDU: Die Verlagerung von Asylverfahren in sichere Drittstaaten außerhalb der Europäischen Union.

"Das hat man einmal in den letzten zehn Jahren so gemacht mit der Türkei 2016", sagte Knaus, der als Architekt der EU-Türkei-Vereinbarung gilt. Nach dieser gilt die Türkei als "sicherer Drittstaat", in dem den Menschen keine Gefahr droht. Wenn jemand in der Türkei bereits formal Asyl oder eine andere Art von Schutz bekommen hat, gilt das Land damit außerdem nach europäischem Recht als "erster Asylstaat" - womit ein möglicher Anspruch auf Schutz in der EU hinfällig wird. Die Vereinbarung habe dazu geführt, dass die Zahl der Migranten von 150.000 in drei Monaten auf 5000 in drei Monaten gefallen sei, argumentierte Knaus.

Heute findet in Berlin das Migrations-Treffen von Ampel-Koalition, Union und Bundesländern statt. Die Bundesregierung hatte vor dem Treffen die Erwartungen gedämpft, während die Union klare Forderungen an die Zusammenkunft stellte./tre/DP/nas