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ROUNDUP 2: Israel warnt Libanesen - Sorge vor Krieg mit dem Iran

03.10.2024
um 18:09 Uhr

(Aktualisierung: 13. Absatz: Details ergänzt)

BEIRUT/TEL AVIV (dpa-AFX) - Im Zuge seiner Bodenoffensive im Libanon hat das israelische Militär die Menschen in Dutzenden Orten im Süden des Landes zur Flucht aufgefordert. Demnach sollen sich die Menschen etwa 60 Kilometer hinter die Grenze in Sicherheit bringen.

Die israelischen Luftangriffe gegen die mit dem Iran verbündete Hisbollah gingen unterdessen weiter. Dabei wurde auch das Zentrum der Hauptstadt Beirut getroffen. Insgesamt griff Israels Luftwaffe Armeeangaben zufolge rund 200 Ziele der Hisbollah im Libanon an.

Weltweite Besorgnis rief die Frage hervor, wie die von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu angekündigte Reaktion auf die iranischen Raketenangriffe aussehen wird und ob es zu einer weiteren Eskalation des Konflikts kommt.

Nasrallah soll angeblich Waffenruhe zugestimmt haben

Fragen zum israelischen Vorgehen warf eine Äußerung des geschäftsführenden libanesischen Außenministers Abdullah Bu Habib auf. Ihm zufolge soll Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah kurz vor seiner Tötung einer von den USA, Deutschland und weiteren Verbündeten geforderten Waffenruhe mit Israel zugestimmt haben.

Washington und Paris hätten mitgeteilt, dass auch Netanjahu der Waffenruhe zugestimmt habe, sagte Habib. "Also haben wir auch die Zustimmung der Hisbollah eingeholt, und Sie wissen, was seitdem passiert ist."

Die israelischen Streitkräfte hatten Nasrallah bei einem massiven Luftangriff südlich von Beirut kurz nach der Waffenruhe-Forderung getötet. Die Hisbollah hatte ihre angebliche Zustimmung zu dem Vorschlag selbst nicht öffentlich erklärt.

Bevölkerung soll Orte im Süden Libanons verlassen

In einem Aufruf, den ein israelischer Militärsprecher in arabischer Sprache veröffentlichte, hieß es, die Armee werde in 25 Orten im Südlibanon gegen die Hisbollah vorgehen. Demnach sollten sich die Menschen in den Norden hinter den Fluss Awali begeben. Der Fluss liegt mehr als 60 Kilometer von der Grenze entfernt.

Betroffen von dem Fluchtaufruf ist auch die Stadt Nabatija. Jedes Haus, das von der Hisbollah genutzt werde, sei ein Ziel, warnte der Armeesprecher. Viele Menschen in den von der Hisbollah kontrollierten Gebieten wissen allerdings oft nicht, welche Gebäude von der Schiitenmiliz genutzt werden.

Die israelischen Angriffe auf viele Gebiete im Südlibanon gingen am Morgen nach Meldungen der staatlichen Nachrichtenagentur NNA weiter. Demnach war der libanesische Zivilschutz innerhalb von 24 Stunden 193 Mal im Einsatz, um Leichen zu bergen oder Brände zu löschen.

Laut dem libanesischen Gesundheitsministerium kamen allein am Mittwoch bei israelischen Angriffen im Land 46 Menschen ums Leben, 85 weitere seien verletzt worden. Die Behörde unterscheidet bei den Angaben allgemein nicht zwischen Zivilisten und Hisbollah-Mitgliedern.

Sorge vor Krieg zwischen Israel und Iran

Für Spekulationen sorgte die Frage, wie und wann Israels militärische Antwort auf die iranischen Raketenangriffe erfolgen wird. In Israel wird am Freitag der zweite Tag des jüdischen Neujahrsfestes begangen. Nach iranischen Raketenangriffen im April waren fünf Tage bis zu einem israelischen Gegenschlag vergangen.

US-Medien hatten berichtet, dass Israel Irans Nuklearanlagen sowie Ölförderanlagen und andere strategische Einrichtungen angreifen könnte. Insbesondere die Anreicherungsanlagen in Natans, dem Herzstück des iranischen Atomprogramms, könnten im Visier stehen, hieß es. Der Iran behauptet, es diene nur zivilen Zwecken. Das sehen Israel und der Westen anders.

US-Präsident Joe Biden bestätigte auf Nachfrage, dass die USA über ihre Haltung zu einem möglichen israelischen Angriff auf iranische Ölanlagen diskutieren. Die Äußerung führte prompt zu Verunsicherung an den Märkten. Einen Angriff auf Irans Atomanlagen hatte Biden zuvor abgelehnt. Auf die Frage, ob Israel die Erlaubnis zum Gegenschlag erhalten werde, sagte er, es gehe nicht um eine Erlaubnis, sondern um Beratung. Er versicherte aber: "Heute wird nichts passieren."

Israels Militär spricht von präzisem Angriff in Beirut

Bei einem nächtlichen Luftangriff auf das Viertel Basta-Baschura in Beirut hatte Israels Militär in das Zentrum der libanesischen Hauptstadt gezielt. Das Viertel liegt nur wenige Gehminuten vom zentralen Platz der Märtyrer und einer beliebten Einkaufsgegend entfernt. Der Regierungspalast Grand Serail, das Parlament und mehrere Botschaftsgebäude liegen auch nur einige Straßenblöcke entfernt vom Ort des Angriffs.

Es war der zweite israelische Angriff innerhalb von Beiruts Stadtgrenze innerhalb weniger Tage. Israels Militär sprach in der Nacht von einem "präzisen Angriff". Dabei wurden nach Angaben des libanesischen Gesundheitsministeriums mindestens neun Menschen getötet und 14 weitere verletzt.

Libanesischer Soldat getötet

Erstmals seit Beginn der israelischen Bodenoffensive im Libanon wurde ein libanesischer Soldat getötet. Die Streitkräfte hätten zusammen mit dem Libanesischen Roten Kreuz Menschen aus dem Ort Taiba im Süden evakuieren wollen, teilte die Armee mit. Ein weiterer Soldat sei verletzt worden.

Örtliche Journalisten berichteten, dass der Konvoi von Armee und Rotem Kreuz trotz einer Absprache mit der UN-Beobachtermission Unifil angegriffen worden sei. Die Unifil-Mission überwacht das Grenzgebiet zwischen Israel und dem Libanon seit Jahrzehnten.

Huthi-Miliz im Jemen greift Tel Aviv mit Drohnen an

Die vom Iran unterstützte Huthi-Miliz im Jemen griff nach eigenen Angaben erneut die israelische Küstenmetropole Tel Aviv mit Drohnen an. Das israelische Militär teilte mit, eine Drohne vor der Küste im Großraum Tel Aviv abgefangen zu haben. Eine weitere Drohne fiel demnach auf offenes Gelände.

Die Huthi erklärten, die Drohnen hätten ihr Ziel erreicht. Die Miliz habe die angeblich neuen Drohnen namens "Jaffa" eingesetzt, die Huthi-Militärsprecher Jahja Sari erstmals im Juli erwähnte. Tel Aviv liegt etwa 1.800 Kilometer vom Jemen entfernt.

In der südlich von Tel Aviv gelegenen Stadt Bat Jam gab es Raketenalarm. Berichte über Schäden oder Verletzte gab es zunächst nicht.

Angeblich Chef der Hamas-Regierung im Gazastreifen getötet

Israels Armee tötete nach eigenen Angaben erneut einen hochrangigen Hamas-Führer im Gazastreifen. Rawhi Muschtaha, ein enger Vertrauter des Hamas-Anführers Jihia al-Sinwar sei bereits vor rund drei Monaten bei einem Angriff ums Leben gekommen, teilte das Militär mit. Außer ihm seien zwei weitere wichtige Hamas-Mitglieder getötet worden.

Israelische Kampfjets hätten die Männer in einer unterirdischen Kommandozentrale im Norden des umkämpften Küstengebiets angegriffen. Den Angaben nach soll Muschtaha Chef der Hamas-Regierung im Gazastreifen gewesen sein. Die Hamas bestätigte den Tod der drei Mitglieder bislang nicht.

Israel führt seit dem 7. Oktober des Vorjahres nach dem Terrorüberfall der Hamas Krieg gegen die Islamistenorganisation im Gazastreifen. Die Hamas rief anlässlich des bevorstehenden Jahrestags des Massakers zu weltweiten Demonstrationen auf./jot/DP/he