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12.11.2024
um 09:08 Uhr

APA ots news: Widerstandsfähigkeit des Bankensektors weiterhin hoch, aber Risiken aus Gewerbeimmobilienkrediten steigen

Präsentation des 48. Financial Stability Report der
Nationalbank

Wien (APA-ots) - Die österreichische Wirtschaft verzeichnet 2024 das
zweite
Rezessionsjahr in Folge und auch für das kommende Jahr wird kein
starker Aufschwung erwartet. In diesem herausfordernden Umfeld hat
der österreichische Bankensektor dennoch sehr hohe Gewinne
erwirtschaftet und seine Widerstandsfähigkeit bewiesen.
Risikomindernd wirken auch die aufsichtlichen Maßnahmen für die
Wohnimmobilienkreditvergabe. Bei Gewerbeimmobilienkrediten steigen
die Risiken jedoch weiter, weshalb diese ab Mitte 2025 mit einem
zusätzlichen Kapitalpuffer begrenzt werden sollen.

Österreichische Wirtschaft verharrt in Rezession
Die österreichische Wirtschaft befindet sich 2024 das zweite Jahr in
einer ausgeprägten Schwächephase. Für diese Entwicklung gibt es zwei
wesentliche Ursachen: die Industrierezession und eine ausgeprägte
Konsumzurückhaltung. Deshalb hat die Oesterreichische Nationalbank (
OeNB) zuletzt ihre Wachstumsprognose nach unten revidiert. Für das
laufende Jahr wird eine Schrumpfung der Wirtschaftsleistung
prognostiziert, und auch für 2025 wird nur ein verhaltenes Wachstum
erwartet. [1] In diesem schwierigen Umfeld bleibt die Kreditnachfrage
der Unternehmen, insbesondere für längerfristige Investitionen,
gedämpft. Aus der Wohnimmobilienkreditvergabe kommen jedoch wieder
moderate Wachstumsimpulse, da sich aufgrund steigender Einkommen und
leicht fallender Finanzierungskosten die Leistbarkeit verbesserte.
Zudem sank der Anteil der Kredite mit variabler Verzinsung, die
aufgrund des Zinsrisikos für Kreditnehmende besonders im Fokus der
Aufsicht stehen, bei der Neuvergabe auf nur noch ein Fünftel.

Die anhaltend hohe Profitabilität hat die Kapitalisierung des
österreichischen Bankensektors weiter gestärkt, allerdings steigen
die Risiken aus Krediten an Unternehmen
Getragen von einem weiterhin hohen Zinsergebnis betrug der Gewinn des
österreichischen Bankensektors in der ersten Hälfte des Jahres 2024 7
Mrd EUR, was nur knapp unter dem Rekordergebnis der Vorjahresperiode
lag. Dazu trug auch das Geschäft im Ausland, das mehr als 40 % der
Bilanzsumme ausmacht, kräftig bei. Die Gewinne der österreichischen
Tochterbanken in Zentral-, Ost- und Südosteuropa erreichten ein neues
Hoch knapp über 3 Mrd EUR. Durch die Einbehaltung von Gewinnen
konnten die Banken ihre Widerstandsfähigkeit erhöhen. Die harte
Kernkapitalquote des Sektors erreichte 17,7 %, wobei die
österreichischen Großbanken über dem Durchschnitt europäischer
Großbanken lagen.

In der ersten Jahreshälfte 2024 verschlechterte sich jedoch die
Kreditqualität. Aufgrund der ausgeprägten Schwächephase der
heimischen Wirtschaft stieg der Anteil notleidender Kredite auf 2,7 %
, wobei vor allem Gewerbeimmobilien- und KMU-Kredite besonders starke
Anstiege verzeichneten. Die Bildung von Risikovorsorgen hielt mit
dieser Entwicklung allerdings nicht Schritt. Dessen ungeachtet: Im
jüngst von der OeNB durchgeführten Stresstest, der im adversen
Szenario fallende Zinssätze (und -margen) sowie eine verschlechterte
Qualität der Gewerbeimmobilienkredite simuliert, weist das
österreichischen Bankensystem eine hohe Widerstandsfähigkeit gegen
potenzielle Schocks auf.

Die aufsichtlichen Maßnahmen für die Wohnimmobilienkreditvergabe
in Österreich (KIM-V) sind effektiv und haben die Finanzstabilität
gestärkt. Im ersten Halbjahr 2024 lag der Anteil nachhaltiger
Neukredite in diesem Marktsegment über 80 % [2] und der Anteil
notleidender Kredite blieb gering. Gleichzeitig haben fast zwei
Drittel der Banken das ihnen zur Verfügung stehende
Ausnahmenkontingent nicht mal zur Hälfte ausgenutzt. Im Bereich der
Gewerbeimmobilienkredite, der seit Jahren im aufsichtlichen Fokus
ist, steigen die Risiken jedoch, da vergangene Zinsanstiege die
Schwachstellen in der Finanzierung dieses Sektors offenlegten. Dabei
stieg die Anzahl an Unternehmensinsolvenzen ebenso wie das Volumen
notleidender Kredite in den Bankbilanzen. Das führte dazu, dass sich
der Anteil notleidender Gewerbeimmobilienkredite in Österreich von
seinem Tiefststand 2020 bis Mitte 2024 auf 5,5 % mehr als verdoppelt
hat. Die Preise von Gewerbeimmobilien - ein wichtiger
Sicherheitspolster, um Banken bei Kreditausfällen zu schützen -
bleiben ebenfalls unter Druck. In diesem Kontext hat das
österreichische Finanzmarktstabilitätsgremium (FMSG) festgestellt,
dass potenzielle Verluste aus Gewerbeimmobilienkrediten im Fall einer
weiteren Verschlechterung des wirtschaftlichen Umfelds ein erhöhtes
Finanzstabilitätsrisiko darstellen können. Deshalb hat das FMSG der
Finanzmarktaufsicht empfohlen, einen sektoralen Systemrisikopuffer
von zunächst 1 % per Mitte 2025 einzuführen. [3]

Empfehlungen der OeNB zur Stärkung der österreichischen
Finanzstabilität
Um für zukünftige Herausforderungen gewappnet zu sein und die
Finanzstabilität weiter zu stärken, empfiehlt die OeNB den Banken
daher:

- Die Absicherung bzw., wo notwendig, weitere Stärkung der
Kapitalbasis durch Zurückhaltung bei Gewinnausschüttungen,

- die Sicherstellung nachhaltiger Vergabestandards bei
Immobilienkrediten sowie die Vorbereitung auf strengere aufsichtliche
Anforderungen für Gewerbeimmobilienkredite,

- die adäquate Risikosteuerung, einschließlich höherer
Wertberichtigungen und einer konservativen Sicherheitenbewertung,
sowie

- die Sicherung einer nachhaltigen Profitabilität durch
Kostendisziplin und Investitionen sowohl in Informationstechnologien
als auch zum Schutz vor Cyberrisiken und den Auswirkungen des
Klimawandels.

Der halbjährlich in englischer Sprache erscheinende Financial
Stability Report der OeNB analysiert finanzstabilitätsrelevante
Entwicklungen in Österreich und im internationalen Umfeld sowie
Spezialthemen im Zusammenhang mit der Finanzstabilität.

[1] Siehe
https://www.oenb.at/Presse/Pressearchiv/2024/20240913.html

[2] Nachhaltige Kredite haben eine maximale Beleihungsquote in
Höhe von 90 %, eine Schuldendienstquote von höchstens 40 % und eine
Laufzeit von längstens 35 Jahren.

[3] Für weitergehende Informationen:
https://fmsg.at/publikationen/presseaussendungen/2024/42te-
sitzung.html

Rückfragehinweis:
Oesterreichische Nationalbank
Mag. Marlies Faulmann
Telefon: +43 1 404 20/6900
E-Mail: maria-elisabeth.faulmann@oenb.at

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/156/aom

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