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OTS: Wissenschaftliches Institut der AOK / Erneut Rekordwert bei den ...

26.11.2024
um 10:03 Uhr

Erneut Rekordwert bei den GKV-Arzneimittelkosten: Anstieg um 74
Prozent in den letzten zehn Jahren / Jeder zweite Euro wird für
patentgeschützte Arzneimittel ausgegeben
Berlin (ots) - Die Nettoausgaben für Arzneimittel in der gesetzlichen
Krankenversicherung sind im Jahr 2023 auf einen neuen Höchststand von 54,0
Milliarden Euro gestiegen. Damit liegen die Arzneimittelkosten um 74,0 Prozent
höher als vor zehn Jahren. Zum Vergleich: Das Bruttoinlandsprodukt Deutschlands
hat im selben Zeitraum lediglich um 40,2 Prozent zugenommen. Die deutlichen
Ausgabensteigerungen bei Arzneimitteln liegen laut der aktuellen Analyse des
Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) vor allem in der Preisentwicklung
patentgeschützter Arzneimittel begründet. Auf diese entfallen demnach mehr als
die Hälfte der Ausgaben, gleichzeitig decken sie aber einen immer geringeren
Versorgungsanteil ab: Nach verordneten Tagesdosen lag dieser im Jahr 2023 bei
6,7 Prozent. Im Jahr 2014 waren es noch 11,4 Prozent. Das entspricht einem
Rückgang von über 40 Prozent in den letzten zehn Jahren.

"Der anhaltende Trend, dass die Preise für patentgeschützte Arzneimittel
kontinuierlich steigen, während ihr Anteil an der tatsächlichen Versorgung
weiter abnimmt, hat sich auch im vergangenen Jahr erneut bestätigt", betont
WIdO-Geschäftsführer Helmut Schröder. "Obwohl die letzten gesetzlichen
Anpassungen durch das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz eigentlich eine dämpfende
Wirkung entfalten sollten, haben sie den starken Anstieg der
Markteintrittspreise nicht wirksam bremsen können. Dies zeigt deutlich, dass der
bestehende regulatorische Rahmen dringend weiterentwickelt werden muss, um eine
bezahlbare und nachhaltige Arzneimittelversorgung in der GKV zu sichern."

Ausgabentrend setzt sich ungebremst fort

Während die Nettokosten der Arzneimittel im Gesamtmarkt in den letzten zehn
Jahren um 74,0 Prozent von 31,0 auf 54,0 Milliarden Euro gestiegen sind, hat die
Anzahl der Verordnungen lediglich um 13,2 Prozent von 651,5 auf 737,3 Millionen
zugenommen. "Dieser Trend ist ungebrochen und kann weder durch den knapp
6-prozentigen Anstieg der GKV-Versichertenzahl noch durch die Zunahme der
Verordnungsmenge um 13 Prozent erklärt werden", so Schröder. Die Ursache liegt
laut Einschätzung des WIdO vor allem in den gestiegenen
Arzneimittelpackungs-Preisen. So betrug im Jahr 2023 der durchschnittliche Preis
je verordneter Arzneimittelpackung 73,18 Euro. Im Jahr 2014 waren es 47,60 Euro.
Dies entspricht einer Steigerungsrate von 54 Prozent in den letzten zehn Jahren.

Kostentreiber patentgeschützte Arzneimittel

Kostentreiber sind weiterhin vor allem die patentgeschützten Arzneimittel, für
die im Jahr 2023 mehr als jeder zweite Euro der Arzneimittelkosten (53 Prozent)
ausgegeben wurde - bei einer nur geringen Verordnungsabdeckung von 6,7 Prozent,
gemessen an den verordneten Tagesdosen. So kostete 2014 eine Packung eines
patentgeschützten Arzneimittels im Durchschnitt 190,06 Euro; 2023 lagen die
Kosten mit 587,72 Euro mehr als dreimal so hoch. Die Steigerung bei den
durchschnittlichen Packungspreisen für Arzneimittel, deren Patentschutz
abgelaufen ist und die damit auch als Generika verfügbar sind, lag in den
letzten zehn Jahren bei 31,0 Prozent. Im generikafähigen Marktsegment kostete
eine Arzneimittelpackung 2023 durchschnittlich 34,85 Euro (2014: 26,60 Euro).
Patentgeschützte Arzneimittel haben damit 2023 im Schnitt knapp 17-mal so viel
gekostet wie Arzneimittel im generikafähigen Markt - 2014 betrug der
durchschnittliche Preis "nur" das Siebenfache.

Hochpreisige Arzneimittel

Die Kosten- und Marktdynamik bei den hochpreisigen Arzneimitteln zeigt sich noch
an anderen Kennzahlen: Unter den mehr als 63.000 verschiedenen Arzneimitteln,
die im Jahr 2023 für die Versorgung von GKV-Versicherten eingesetzt wurden,
befinden sich Medikamente, die einen Apothekenverkaufspreis von mindestens 1.000
Euro haben. Diese "Hochpreiser" nehmen laut WIdO-Analyse immer größere
Umsatzanteile ein. Die Folge ist, dass zunehmend mehr Geld für die Versorgung
von wenigen Patientinnen und Patienten aufgewendet wird. Während 2014 nur etwas
mehr als jeder vierte Euro (27,6 Prozent) des Gesamtumsatzes auf Arzneimittel
mit Preisen von 1.000 Euro oder mehr entfiel, war es 2023 knapp jeder zweite
Euro (47,6 Prozent). Damit haben sich die Umsätze der "Hochpreiser" in den
letzten zehn Jahren verdreifacht. Zugleich erreichten diese Arzneimittel aber
nur einen Anteil von 1,5 Prozent an den 692 Millionen Verordnungen
verschreibungspflichtiger Medikamente im Jahr 2023. Ein ähnliches Bild zeigt
sich auch bei den noch teureren Medikamenten mit Packungspreisen jenseits von
5.000 Euro und mehr.

"Im laufenden Jahr 2024 nimmt der Ausgabenanstieg noch an Fahrt auf: Das
GKV-Finanzstabilisierungsgesetz sollte den Kostendruck lindern, doch der
erwartete Effekt blieb aus. Die Ausgaben stiegen im ersten Halbjahr 2024, auch
bedingt durch die Rückführung eines verringerten Herstellerabschlags, um über 10
Prozent im Vergleich zum Vorjahr und ein Ende dieser Entwicklung ist nicht in
Sicht", betont Helmut Schröder. "Es ist höchste Zeit, dass die Politik
entschiedene Maßnahmen ergreift, um die Preisgestaltung bei Markteinführungen
stärker zu regulieren statt wie im Falle der Geheimpreise den Wünschen der
pharmazeutischen Industrie zu folgen. Ohne konsequentere Regulierungen riskieren
wir, dass lebenswichtige Innovationen zwar entwickelt, aber unerschwinglich
werden. Die Bezahlbarkeit neuer Arzneimittel stößt an Grenzen - das
Solidarsystem der gesetzlichen Krankenversicherung darf nicht überfordert
werden."

WIdO-Veröffentlichung beleuchtet Entwicklung des Arzneimittelmarktes

Die aktuelle WIdO-Veröffentlichung "Der GKV-Arzneimittelmarkt: Klassifikation,
Methodik und Ergebnisse 2024" beleuchtet das Marktgeschehen im
Arzneimittelbereich. Neben Gründen für Marktbewegungen bei bestimmten
Wirkstoffgruppen werden auch Daten zu den verordnenden Facharztgruppen
ausgewertet. Die meisten Arzneiverordnungen wurden 2023 mit 25,0 Milliarden
definierten Tagesdosen (DDD, Defined Daily Dose) von Hausärztinnen und
Hausärzten veranlasst, gefolgt von den hausärztlich tätigen Internistinnen und
Internisten mit 12,8 Milliarden DDD. Die höchsten durchschnittlichen Nettokosten
je Arzt waren mit 5,1 Millionen Euro bei den Verordnungen durch Fachärztinnen
und -ärzte für Hämatologie/Onkologie zu verzeichnen. Die WIdO-Publikation
informiert auch darüber, wie viele Arzneimittel jeder GKV-Versicherte im Jahr
2023 in Deutschland durchschnittlich erhalten hat: Demnach wurden im vergangenen
Jahr 651 DDD je Versicherten verordnet. Den niedrigsten Arzneimittelverbrauch
wiesen die 25- bis 29-Jährigen mit durchschnittlich 114 DDD je Versicherten auf.
Die meisten Verordnungen erhielt die Gruppe der 80- bis 84-Jährigen mit
durchschnittlich 1.909 DDD. Auch zwischen den Geschlechtern gibt es
Unterschiede: Frauen erhielten mit durchschnittlich 693 DDD zirka 15 Prozent
mehr Verordnungen als Männer mit 603 DDD.

Mit dem PharMaAnalyst bietet das WIdO auch ein Online-Portal für Analysen zum
Arzneimittelmarkt an. Es ermöglicht den Anwenderinnen und Anwendern passgenaue
Auswertungen aller Verordnungsdaten der GKV für die Jahre 2012 bis 2023. Die
Daten zu den jährlich 3.000 verordnungs- und umsatzstärksten Arzneimitteln, die
der GKV-Arzneimittelindex im WIdO qualitätsgesichert aufbereitet, stehen für
individuelle Analysen zur Verfügung. Auswertungen können im PharMaAnalyst nach
konkreten Fertigarzneimitteln sowie nach einzelnen Wirkstoffen oder
Wirkstoffgruppen durchgeführt werden. Außerdem können die 100 umsatz- oder
verordnungsstärksten sowie die teuersten Präparate im gesamten
GKV-Arzneimittelmarkt in Ranglisten angezeigt werden.

Die Berechnungen des WIdO basieren auf anonymisierten Verordnungsdaten, die in
öffentlichen Apotheken und Krankenhausapotheken im Rahmen der ambulanten
Versorgung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgerechnet werden.
Die Daten basieren auf rund 468 Millionen Rezeptblättern und zirka 820 Millionen
einzelnen Verordnungen.

Hinweis für die Redaktionen:

Die Pressemitteilung inklusive Abbildungen können Sie hier herunterladen:
https://ots.de/izn1kx

Die WIdO-Publikation "Der GKV-Arzneimittelmarkt: Klassifikation, Methodik und
Ergebnisse 2024" finden Sie hier: https://ots.de/OW8AWl

Über diesen Link kommen Sie zum Online-Portal PharMaAnalyst:
https://arzneimittel.wido.de/PharMaAnalyst/?0

Pressekontakt:

Wissenschaftliches Institut der AOK
Pressestelle
Peter Willenborg
Telefon: 030 34646 2467
Mobil: 0173 / 8607866
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Weiteres Material: http://presseportal.de/pm/32063/5916964
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