Rhein-Main-Link: Bundesnetzagentur stellt sich gegen Landtag
BONN (dpa-AFX) - Im Streit um die geplante Windstromtrasse Rhein-Main-Link quer durch Hessen von Nord nach Süd wendet sich die Bundesnetzagentur gegen den Wiesbadener Landtag. Das Parlament hatte kürzlich mit großer Mehrheit beschlossen, den Bund aufzufordern, die Pflicht zur Erdverlegung für die Kabel schnellstmöglich auch für laufende Verfahren aufzuheben. Auch eine Trassenführung als Freileitung müsse rechtssicher ermöglicht werden.
Das könne viel Geld sparen und so niedrigere Netzentgelte ermöglichen sowie den Ausbau beschleunigen. Die vier Gleichstromvorhaben des Rhein-Main-Links seien als leistungsstarke Nord-Süd-Verbindungen von hoher energiewirtschaftlicher Bedeutung, befand der hessische Landtag.
Die Bundesnetzagentur in Bonn teilte der Deutschen Presse-Agentur mit, die Erdverlegung sei im Bundesbedarfsplangesetz festgelegt. Der Rhein-Main-Link für den Stromtransport von den Nordsee-Windparks nach Südhessen sei bereits mitten im Planungs- und Genehmigungsverfahren. Bei einer komplett neuen Umplanung zu einer Freileitung wäre mit einer fünfjährigen Verzögerung und erheblichen Mehrkosten zu rechnen.
"Mehrere parallel Freileitungsmastreihen"?
"Da der Rhein-Main-Link acht Gigawatt Leistung übertragen muss, müssten mehrere parallele Freileitungsmastreihen inklusive hoher Masten und der dann nötigen Schutzstreifen geplant und gebaut werden", erklärte die Bundesnetzagentur. Ob dann von einer Akzeptanzsteigerung in der Bevölkerung auszugehen wäre, bleibe eine politische Bewertung - außerdem seien volkswirtschaftliche Schäden wegen der verzögerten Inbetriebnahme des Rhein-Main-Links zu erwarten.
Der Streit um die Trassenführung tobt schon länger in Hessen. Generell gilt, dass die in der Regel teureren Erdverlegungen besser als hohe, weithin sichtbare Freileitungen von Anwohnern akzeptiert werden. Allerdings müssen für Erdstromkabel Bagger erst breite Schneisen graben. Tief wurzelnde Weinreben oder Bäume können dann dort nicht mehr stehen.
Zudem geht es dem Landtag um horizontal verschobene, landschaftsschonende Trassenführungen, etwa entlang der Autobahnen 3 und 67. Die Bedenken von Kommunen und Anwohnern, Bauern und Winzern im Stromtransit- und Stromimportland Hessen müssten angemessen berücksichtigt werden.
"Große Sorge"
Der Netzbetreiber Amprion mit Sitz in Dortmund sieht die politische Entscheidung des hessischen Landtags "mit großer Sorge". Der Netzausbau hinke dem Ausbau der erneuerbaren Energien deutlich hinterher. Das erhöhe die Netzentgelte.
"Bis 2045 wird sich der Stromverbrauch in Hessen mehr als verdoppeln
- von derzeit rund 40 Terawattstunden (TWh) auf über 90 TWh",
erklärte Amprion kürzlich. Gründe seien etwa die Elektrifizierung der Industrie sowie der steigende Bedarf von Rechenzentren der Digitalwirtschaft.
Für das laufende Rhein-Main-Link-Projekt seien bereits Kosten von rund einer Milliarde Euro entstanden, teilte der Netzbetreiber weiter mit. Eine Umplanung zu Freileitungen würde zu zusätzlichen Kosten in Milliardenhöhe führen./jaa/DP/men