OTS: Verband der Chemischen Industrie (VCI) / Quartalsbericht 4/2024 zur Lage ...
Quartalsbericht 4/2024 zur Lage der chemisch-pharmazeutischen
Industrie / Ein empfindlicher Rückschlag
Frankfurt/Main (ots) -
- Globale Chemiemärkte: Erholung ohne Europa
- Produktion: neuer Tiefpunkt
- Erzeugerpreise stagnieren
- Gesamtumsatz: Inlandsgeschäft im Minus
- Beschäftigung noch stabil
- Ausblick: kein Wachstum in Sicht
Das Jahr 2024 endete für die chemisch-pharmazeutische Industrie mit einem
empfindlichen Rückschlag. Nicht nur, dass die konjunkturelle Erholung sowohl für
die deutsche als auch die europäische Industrie ausblieb. Vielmehr setzte sich
der Abwärtstrend in vielen Branchen fort. Mit der Folge, dass die Nachfrage nach
Chemie "made in Germany" speziell am Heimatmarkt Europa schwach blieb. Die
Produktion brach im vierten Quartal kräftig ein. Positive Impulse kamen einzig
aus dem außereuropäischen Ausland. Die Hoffnungen des Verbandes der Chemischen
Industrie (VCI) ruhen nun auf der neuen Bundesregierung, die den Standort
Deutschland mit mutigen Reformen auf den Weg der Wettbewerbsfähigkeit
zurückführen muss.
VCI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup sagt: "2024 war ein weiteres Jahr
zum Vergessen für die Industrie. Diesen Tiefpunkt wollen wir hinter uns lassen,
auch wenn Trumps unberechenbare Zollpolitik, erneut steigende Energiepreise und
ungelöste Strukturprobleme weiter für Verunsicherung in den Unternehmen sorgen.
Wir brauchen eine radikale wirtschaftspolitische Kurskorrektur. Es gibt keine
Schonfrist für die neue Bundesregierung, sie muss jetzt liefern. Economy First
muss die Devise sein."
Der VCI lobt den schnellen Abschluss der Sondierungsgespräche als starkes Signal
und die Ergebnisse bei Steuern, Strompreisen und Bürokratieabbau als Schritte in
die richtige Richtung. Der Verband sieht jedoch erheblichen
Nachbesserungsbedarf. Große Entrup betont: "Europa findet nicht statt, dabei
muss es Chefsache sein. Und wer 'whatever it takes' proklamiert, darf das Sparen
nicht vergessen. Wir verlangen einen ehrlichen Kassensturz. Bei der Verteidigung
aufzurüsten, ist alternativlos. Aber bei den Investitionen in die Infrastruktur
können wir den Verschiebebahnhof 'raus aus dem Haushalt - rein ins
Sondervermögen' nicht gutheißen. Der Verschleiß des Standorts Deutschland liegt
nicht an knappen Kassen, sondern an mangelnder Priorisierung." Der
VCI-Hauptgeschäftsführer fordert die Parteien auf, Gräben zuzuschütten. "Wir
können uns keinen Rosenkrieg mehr leisten. Rauft euch zusammen. Es geht um unser
Land."
Die wirtschaftlichen Zahlen im Überblick:
- Trotz des enttäuschenden Schlussquartals hält der VCI an seiner Prognose für
das Geschäftsjahr 2025 fest: Die Produktion wird stagnieren, da das Plus in
der pharmazeutischen Industrie das Minus in der Chemie kompensieren kann. Der
Branchenumsatz wird insgesamt voraussichtlich um 1 Prozent sinken.
- Die Produktion sank im Vergleich zum Vorquartal kräftig um 4,2 Prozent (ein
Minus von 1,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahreswert). Die
Kapazitätsauslastung ging auf 74,7 Prozent zurück und lag weiterhin unter der
Rentabilitätsschwelle.
- Die Preise für chemische und pharmazeutische Erzeugnisse stagnierten. Damit
lagen die Erzeugerpreise nur noch knapp unter ihrem Vorjahreswert.
- Der Gesamtumsatz der Chemie- und Pharmaindustrie konnte im Vergleich zum
Vorquartal leicht ausgeweitet werden und erreichte 53,1 Milliarden Euro. Der
Umsatz aus dem Vorjahr wurde weiterhin deutlich verfehlt. Stabilisierend
wirkten die Umsätze mit Kunden aus dem außereuropäischen Ausland. Das Inlands-
und Europageschäft blieb schwach.
- Die Zahl der Arbeitsplätze der Branche bewegt sich aufgrund von Zuwächsen im
Pharmabereich bei rund 480.000 Beschäftigten in Summe noch auf einem stabil
hohen Niveau.
Obwohl sich die Weltwirtschaft im vierten Quartal 2024 mit einer leicht
steigenden Dynamik zeigte, lag das Bruttoinlandsprodukt der Europäischen Union
nur knapp 0,2 Prozent über dem Vorquartal. Zur Einordnung: Es war das schwächste
Wachstum unter den weltweit wichtigen Volkswirtschaften. Schlusslicht Europas
war die deutsche Wirtschaft, die im letzten Quartal erneut schrumpfte und damit
das zweite Jahr in Folge eine Rezession durchlebte.
Die Produktion der deutschen Chemie- und Pharmaindustrie brach im Schlussquartal
2024 ein und erreichte einen neuen Negativrekord. Das Vorquartalsniveau wurde
dabei deutlich um 4,2 Prozent verfehlt. Damit lag die Produktion auch um 1,2
Prozent niedriger als ein Jahr zuvor. Die Industrie bewegte sich weiter
rückwärts, auch vom Bau kamen keine Impulse. Somit blieb die Nachfrage nach
chemischen Erzeugnissen in Europa schwach. Impulse für eine Ausweitung der
Chemieproduktion blieben aus. Etwas erfreulicher sah es bei der Produktion von
Pharmazeutika aus. Das Ergebnis des Vorjahres wurde zwar verfehlt, der
Produktionsrückgang scheint aber zu Ende zu gehen. Im Vergleich zum Vorquartal
stabilisierte sich die Produktion und zog im Verlauf des vierten Quartals
deutlich an.
Der Gesamtumsatz der chemisch-pharmazeutischen Industrie stieg im vierten
Quartal 2024 leicht um 0,3 Prozent auf 53,1 Milliarden Euro im Vergleich zum
Vorquartal. Verantwortlich dafür war das außereuropäische Ausland. Gefragt waren
Pharmazeutika, Wasch- und Körperpflegemittel sowie Anorganika. Das
Vorjahresquartal verfehlte die Branche allerdings immer noch um 1,5 Prozent.
Die Geschäfte der deutschen Chemiebranche liefen speziell am Jahresende im
Inland besonders schlecht. Der Inlandsumsatz brach um 1,4 Prozent ein und
erreichte nur 19,5 Milliarden Euro, das Vorjahr wurde um 4 Prozent verfehlt.
Stabilisiert wurden die schleppenden Umsätze wie bereits erwähnt vom
Auslandsgeschäft. Der Auslandsumsatz von Chemie und Pharma stieg um 1,4 Prozent
auf 33,6 Milliarden Euro. Wichtig dabei: Treiber waren die außereuropäischen
Märkte. Besonders kräftig fiel der Zuwachs am Jahresende in Nordamerika aus.
Hier boomte nicht nur der Absatz mit pharmazeutischen Erzeugnissen, auch der
Umsatz mit Chemieprodukten legte deutlich zu.
Die Preise für chemische und pharmazeutische Erzeugnisse stagnierten in den
letzten Monaten des vergangenen Jahres. Im Vergleich zum Vorjahresquartal waren
Chemie- und Pharmaprodukte insgesamt rund 0,2 Prozent günstiger.
Die Zahl der Beschäftigten in der Chemie- und Pharmabranche blieb mit rund
480.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern stabil. Doch diese Zahl ist mit
Vorsicht zu genießen: Das Beschäftigungsniveau innerhalb dieser Industriesparte
konnte nur aufgrund der Zuwächse im Pharmabereich gehalten werden. Der Druck im
Chemiebereich ist weiterhin hoch. Hier gab es bereits leichte Rückgänge in den
Belegschaftszahlen.
Der VCI hält an der Prognose für das Geschäftsjahr 2025 fest: Die Produktion von
chemischen und pharmazeutischen Erzeugnissen wird weiter stagnieren, das Plus im
Pharmabereich (2 Prozent) wird das Minus in der Chemie (2 Prozent) kompensieren.
Der Branchenumsatz wird in diesem Jahr voraussichtlich um 1 Prozent sinken. Er
wird sich voraussichtlich wie folgt aufteilen: Chemie (-3 Prozent) und Pharma
(+2 Prozent). Einen wirtschaftlichen Aufschwung erwartet die Branche frühestens
2026.
Der VCI fordert, dass die neue Bundesregierung schnell und zielgerichtet den
viel beschworenen Neustart anpackt. Wolfgang Große Entrup führt aus: "Als
drittgrößte Volkswirtschaft der Welt und industrieller Motor Europas tragen wir
eine Verantwortung, der wir gerecht werden müssen. Wirtschaftliche Stärke und
politischer Einfluss sind zwei Seiten einer Medaille - das gilt für Europa
ebenso wie für Deutschland. Unser Land hat es selbst in der Hand. Die
verantwortlichen Köpfe in Berlin müssen jetzt entschlossen die Wirtschaftswende
umsetzen. Das ist ein gewaltiger Kraftakt, aber keine unüberwindbare
Herausforderung."
HINWEIS: Den Quartalsbericht 4/2024 finden Sie auf https://www.vci.de
Der VCI und seine Fachverbände vertreten die Interessen von rund 2.300
Unternehmen aus der chemisch-pharmazeutischen Industrie und chemienaher
Wirtschaftszweige gegenüber Politik, Behörden, anderen Bereichen der Wirtschaft,
der Wissenschaft und den Medien. 2023 setzten die Mitgliedsunternehmen des VCI
rund 245 Milliarden Euro um und beschäftigten über 560.000 Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter.
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