Merz setzt Ukraine-Diplomatie im Petersdom fort
ROM (dpa-AFX) - Bundeskanzler Friedrich Merz hat am Rande der Amtseinführung des Papstes weitere Gespräche geführt, um die Bemühungen um ein Ende des Ukraine-Kriegs voranzutreiben. Im Petersdom sprach er mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und mit US-Außenminister Marco Rubio. Schon am Morgen hatte er sich mit dem kanadischen Ministerpräsidenten Mark Carney getroffen.
Am Abend will sich Merz nun erneut mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron, dem britischen Premierminister Keir Starmer und US-Präsident Donald Trump zusammenschalten, um sich vor Trumps Gespräch mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin am Montag abzustimmen. Ein solches Gespräch sei im Weißen Haus angefragt, hieß es aus Regierungskreisen.
Merz hofft auf weitere Fortschritte in Ukraine-Diplomatie
"Wir können nur hoffen, dass es jetzt weitere Fortschritte gibt", sagte Merz. "Und mein fester Eindruck ist, dass sowohl die Europäer als auch die Amerikaner fest entschlossen sind, zusammen aber jetzt auch zielorientiert dafür zu sorgen, dass dieser schreckliche Krieg bald aufhört."
Die Amtseinführung selbst bezeichnete Merz als "erhebenden Augenblick". Der Katholik, der die Messe zusammen mit Zehntausenden Gläubigen und Spitzenvertretern von rund 150 Ländern verfolgte, wünschte Leo XIV. eine "gute und glückliche Hand" für das, was er als Oberhaupt der Katholischen Kirche vorhabe.
Kanzler fühlt sich durch Kapitalismus-Kritik nicht angesprochen
Für die Kapitalismus-Kritik in der Predigt des Papstes äußerte Merz zwar Verständnis. Dass Leo XIV. solche Themen anspreche, gehöre zu seinen "ureigensten Aufgaben", sagte er. Zu den Hauptadressaten zählt sich Merz allerdings nicht. "Ich fühle mich mit dem, was wir soziale Marktwirtschaft in Deutschland nennen, damit nur sehr begrenzt angesprochen." Leo XIV. hatte in seiner Predigt unter anderem gemahnt, die Ärmsten nicht weiter an den Rand der Gesellschaft zu drängen.
Merz' Frau Charlotte erstmals auf einer Kanzlerreise dabei
Im Petersdom kam es zu einer kurzen Begegnung zwischen Merz und dem Papst, bei dem die beiden wenige Worte wechselten. Der Kanzler wurde in Rom erstmals auf einer Auslandsreise als Kanzler von seiner Frau Charlotte begleitet. An der Amtseinführung des Papstes nahmen auch Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU), Bundesratspräsidentin Anke Rehlinger (SPD) und der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Stephan Harbarth, teil.
Charme-Offensive bei Meloni
Die Bemühungen um ein Ende des Ukraine-Kriegs waren auch schon am Samstag zum Auftakt des Rom-Besuchs des Kanzlers ein Hauptthema beim Treffen mit Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. Dabei versprach der Kanzler, Italien als wichtigen EU-Partner enger in die Bemühungen um ein Ende des Kriegs in der Ukraine einzubinden. "Wir waren uns einig, dass Italien hier eine Rolle spielen muss", sagte er auf einer gemeinsamen Pressekonferenz.
In Rom hatte es Irritationen gegeben, weil Meloni beim jüngsten Besuch von vier Europäern in Kiew nicht dabei war. Merz ließ bei seinem Antrittsbesuch in Rom offen, was eine engere Einbindung genau zu bedeuten hat. Bei dem bei Trump für Sonntagabend angefragten Gespräch soll Meloni erneut nicht dabei sein.
Der CDU-Vorsitzende kündigte aber an, in den nächsten Tagen mit anderen europäischen Partnern Gespräche über die Einbindung Italiens zu führen. "Wir dürfen uns in der Europäischen Union nicht auseinanderdividieren lassen. Es gibt auch nicht Mitglieder erster oder zweiter Klasse."
Meloni: "Persönliche Empfindlichkeiten" aufgeben
Bei der Kiew-Reise des Kanzlers am vergangenen Wochenende waren auch die Staats- beziehungsweise Regierungschefs aus Frankreich, Großbritannien und Polen dabei - Italien jedoch nicht, obwohl Melonis Vorgänger Mario Draghi früher bei solchen Anlässen dazugehörte. Das Verhältnis zwischen Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Meloni gilt als angespannt. Kann Merz da vielleicht vermitteln?
Meloni sagte - ohne Namen zu nennen -, jetzt sei vielleicht der Moment, "persönliche Empfindlichkeiten aufzugeben, die die so wichtige und grundlegende Einheit des Westens zu untergraben drohen". Die Vorsitzende der rechten Partei Fratelli d'Italia (Brüder Italiens) gilt im Kreis der europäischen Regierungschefs als diejenige mit den besten Kontakten zu US-Präsident Trump. Sie führt eine rechte Dreier-Koalition.
"Unverzichtbarer strategischer Partner"
Meloni lehnte es jedoch ab, dem neuen Kanzler für seinen ersten Besuch im Weißen Haus einen Ratschlag zu geben. Merz sei "ein Politiker mit großer Erfahrung", sagte die Regierungschefin. "Ich fühle mich nicht unbedingt in der Lage, die Psychologin der internationalen Führer zu geben." Merz will demnächst nach Washington fliegen. Der Termin ist noch nicht bekannt.
In der deutschen Politik gibt es erhebliche Meinungsunterschiede, wie mit Meloni umzugehen ist, deren Partei ihre Wurzeln im Postfaschismus hat. Merz bezeichnete Italien als "unverzichtbaren strategischen Partner". Zu einem Bericht, wonach Italien auf Drängen der SPD im Koalitionsvertrag nicht entsprechend erwähnt werde, sagte er: "Die Nachrichten darüber sind alle falsch."/mfi/cs/DP/he