ROUNDUP: EU-Kommission senkt Wirtschaftsprognose für Deutschland
BRÜSSEL (dpa-AFX) - Die EU-Kommission hat ihre Erwartungen an die deutsche Wirtschaft leicht abgesenkt. Laut ihrer in Brüssel vorgelegten Frühjahrsprognose geht die Behörde für das laufende Jahr von einem unveränderten deutschen Bruttoinlandsprodukt (BIP) aus. Bei ihrer vorherigen Schätzung im November hatte sie noch ein leichtes Wachstum von 0,7 Prozent vorhergesagt. Erst 2026 soll das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland laut der Behörde wieder um 1,1 Prozent wachsen.
In der gesamten EU erwartet die Kommission ein Wachstum von 1,1 Prozent für das laufende Jahr. Im Euroraum geht sie von einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um 0,9 Prozent aus. Beide Prognosen senkte die Behörde damit im Vergleich zu ihrer November-Prognose leicht um 0,4 Prozentpunkte.
"Die Wirtschaft in der EU bleibt stabil, obwohl wir herausfordernden Umständen ausgesetzt sind", sagte EU-Wirtschaftskommissar Valdis Dombrovskis in Brüssel. Die geringeren Erwartungen seien auch auf die "unvorhersehbaren und scheinbar willkürlichen" Zölle der US-Regierung zurückzuführen, die für Unsicherheit und Zurückhaltung in der globalen Wirtschaft gesorgt hätten.
Schlechter Außenhandel verdirbt positive Entwicklungen
Der Bundesrepublik droht damit zum ersten Mal in ihrer Geschichte ein drittes Jahr ohne Wachstum in Folge. Die EU-Kommission kommt dabei zum gleichen Schluss wie die Bundesregierung und der Internationalen Währungsfonds (IWF), die 2025 beide mit einer Stagnation der deutschen Wirtschaftsleistung rechnen.
Ihre Schätzung für Deutschland begründete die EU-Kommission mit Zöllen sowie einer zunehmenden globalen Unsicherheit. In besonders vom Außenhandel abhängigen Branchen führe das weiterhin zu einem "strukturellen Rückgang" und dem Verlust von Marktanteilen. Dazu seien Exporte nach China weiterhin stark rückläufig. Der Handel mit den USA habe das bislang teilweise ausgleichen können, was aufgrund der hohen Zölle nun jedoch nicht mehr möglich sei.
Dabei seien in Deutschland auch positive Entwicklungen zu erkennen, erklärt die Behörde. Dank der sinkenden Inflation würden private Haushalte wieder mehr Geld ausgeben. Unternehmen seien zunehmend zu Investitionen bereit, dazu würden sich auch beim Wohnungsbau Verbesserungen abzeichnen. Diesen Faktoren stehe jedoch das schlechte Exportgeschäft entgegen, weshalb für 2025 eine Nullnummer zu Buche stehe.
Milliarden-Finanzpaket könnte für Wachstum sorgen
Für vorsichtigen Optimismus sorgt auch das im Februar vom Bundestag beschlossene Milliarden-Finanzpaket für Verteidigung und Infrastruktur. Dieses habe sichtbar zu einer "Kehrtwende" bei der Zuversicht innerhalb der deutschen Wirtschaft beigetragen, teilt die EU-Kommission mit. Da die neue Bundesregierung ihre Pläne bislang nicht im Detail ausgeführt habe, seien diese nur über die Stimmungsfaktoren in die Prognose eingeflossen.
Langfristig gesehen könnten die zusätzlichen Ausgaben die Konjunktur in Deutschland aber deutlich antreiben. Bis einschließlich 2029 könnte das Bruttoinlandsprodukt allein wegen des Finanzpakets um 1,25 Prozent stärker zulegen als in der bisherigen Prognose, heißt es in einer getrennten Modellrechnung der EU-Kommission. Bis Ende 2035 sei dadurch sogar ein zusätzliches Wachstum von insgesamt 2,5 Prozent möglich. Voraussetzung dafür sei, dass es sich bei den Infrastrukturausgaben vollständig um neue Schulden handle, die ausschließlich "produktive Projekte" finanzieren würden, erklärte die Behörde.
Wirtschaft entwickelt sich nur in einem Land schlechter
Im Ländervergleich liegt Deutschland am Ende der Tabelle. Eine schwächere Entwicklung erwartet die EU-Kommission nur in Österreich, wo die Wirtschaft im laufenden Jahr sogar um 0,3 Prozent schrumpfen soll. Der stärkste Zuwachs wird in Malta vorhergesagt (plus 4,1 Prozent), darauf folgen Dänemark (plus 3,6 Prozent) und Irland (plus 3,4 Prozent).
Unter den größeren Volkswirtschaften der EU sind die Prognosen wechselhaft: Nur moderat steigt das Bruttoinlandsprodukt in Frankreich (plus 0,6 Prozent) und Italien (plus 0,7 Prozent), stärker schneidet dagegen Spanien (plus 2,6 Prozent) ab./nkl/DP/stk