Blockade-Überlebende nach Kritik am Krieg gegen die Ukraine bestraft
MOSKAU (dpa-AFX) - Ein russisches Gericht hat die 84 Jahre alte Kriegsgegnerin Ljudmila Wassiljewa nach Kritik an Moskaus Angriffskrieg gegen die Ukraine zu einer Geldstrafe von 10.000 Rubel (rund 110 Euro) verurteilt. Das Urteil erging wegen Diffamierung der russischen Armee, wie Medien aus dem Gericht in St. Petersburg berichteten. Wassiljewa ist eine Überlebende der Leningrader Blockade, mit der die Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg die Stadt vernichten wollte. Menschenrechtler kritisieren, die russische Willkürjustiz mache nicht einmal Halt vor den Veteranen, die wegen der traumatischen Kriegserlebnisse besonderen Schutz in Russland genießen.
Wassiljewa hatte zum dritten Jahrestag des Beginns des russischen Angriffskriegs im Februar in ihrer Heimatstadt St. Petersburg (früher Leningrad) bei einer Mahnwache ein Schild gehalten mit der Aufschrift: "Leute! Beenden wir den Krieg! Wir sind verantwortlich für den Frieden auf dem Planeten Erde". Solche Fälle von Zivilcourage kommen in Russland nicht oft vor.
Das Gericht sah indes wie im Fall anderer Kriegsgegner, die immer wieder zu langen Haftstrafen verurteilt werden, einen Angriff auf die Ehre der russischen Armee. Der kremlkritischen russischen Zeitung "Nowaja Gaseta" zufolge kamen mehr als 60 Unterstützer Wassiljewas zum Gericht. Kaum jemand habe aber Zugang zum Saal erhalten. Wassiljewa war seit Kriegsbeginn 2022 immer wieder mit pazifistischen Aktionen aufgetreten. Mehrfach wurde sie bei Anti-Kriegs-Kundgebungen festgenommen./mau/DP/men