Ökonomen-Stimmen zum überraschenden Anstieg der deutschen Industrieaufträge
FRANKFURT (dpa-AFX) - In der deutschen Industrie mehren sich Hinweise auf ein Ende der Schwächephase. Im April haben die Industriebetriebe den zweiten Monat in Folge mehr Aufträge erhalten. Im Monatsvergleich legten die Bestellungen im Verarbeitenden Gewerbe um 0,6 Prozent zu, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) am Donnerstag in Wiesbaden mitteilte. Der Zuwachs folgt auf einen kräftigen Anstieg im Monat zuvor.
Einschätzungen von Ökonomen zum Auftragseingang im Überblick:
Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank
"Die Auftragseingänge sind gerade im aktuell schwierigen außenwirtschaftlichen Umfeld ein konjunkturelles Highlight. Die Bodenbildung ist augenfällig. Es scheint so, dass das verarbeitende Gewerbe das Tal der Tränen durchläuft. Allerdings könnte sich ein Handelskonflikt mit den USA weiterhin zum Störfeuer entwickeln. Noch ist unklar, ob dies der Fall sein wird. Ein Abkommen mit den USA scheint möglich. Wäre dies der Fall, bestünde die Hoffnung, dass die Auftragseingänge in einen leicht ansteigenden Trend einschwenken."
Jens-Oliver Niklasch, Analyst Landesbank Baden-Württemberg
"Hinter diesen fast unscheinbaren Zahlen verbirgt sich möglicherweise eine Trendwende für die Industrie. Die Auftragszahlen sind üblicherweise sehr volatil. Glättet man diese Schwankungen durch den Drei-Monats-Vergleich oder klammert man die Großaufträge aus, dann liegen die Tiefstände für die monatlichen Neuaufträge hinter uns. Das passt zu anderen Indikatoren, die in der jüngsten Zeit einen ähnlichen Verlauf aufweisen. Nach so einer langen konjunkturellen Durststrecke ist man zwar eher zögerlich, schon von einem Aufschwung zu sprechen, aber zumindest hellt sich der Ausblick für die kommenden Monate derzeit deutlich auf."
Ralph Solveen, Analyst bei der Commerzbank
"Zusammen mit dem zuletzt besseren Geschäftsklima stützt dies unsere Einschätzung, dass die deutsche Industrie den konjunkturellen Tiefpunkt hinter sich gelassen hat und im weiteren Verlauf dieses Jahres ihre Produktion wohl wieder ausweiten wird. Auslöser für diese positive Tendenz dürfte das bessere monetäre Umfeld sein. Nachdem die Industrie lange Zeit unter dem Ende der Nullzinspolitik der EZB und der damit verbundenen Zinserhöhungen der EZB gelitten hatte, dürfte dieser Belastungsfaktor mehr und mehr an Bedeutung verlieren. In den kommenden Monaten sollten stattdessen die seit dem vergangenen Sommer erfolgten Zinssenkungen der EZB die Konjunktur anschieben."
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