ROUNDUP/Österreich unter Schock: Todesopfer bei Amoklauf an Schule
GRAZ (dpa-AFX) - Trauer und Entsetzen in Österreich: An einer Schule in Graz kommt es zu einer schweren Tragödie - ein 21-Jähriger erschießt neun Menschen und sich selbst. Es gebe sechs weibliche und drei männliche Todesopfer, sagte Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) wenige Stunden nach der Tat. Neben den Toten gibt es laut Karner zwölf Verletzte, manche davon schwer.
Gegen 10 Uhr seien die ersten Notrufe bei der Polizei eingegangen, es sei von Schüssen und Schreien berichtet worden. Der ehemalige Schüler des Gymnasiums soll nach Angaben der Behörden mit zwei Waffen auf Schüler und Lehrkräfte geschossen haben. Er habe die Waffen legal besessen.
Zu dem Motiv des 21-Jährigen gab es zunächst keine Angaben. Man wisse, dass er die Schule nicht abgeschlossen habe. Über den Hintergrund könne aktuell jedoch nur spekuliert werden, sagte Karner. Die Ermittlungen würden auf Hochtouren laufen.
Kanzler: Schule muss "Ort des Friedens bleiben"
"Diese Tat trifft uns alle", sagte Bundeskanzler Christian Stocker. Man müsse jetzt als Gesellschaft zusammenstehen. Heute gehe es um Mitgefühl und "die Kraft des Zusammenhalts." Die Schulen müssten "Orte des Friedens bleiben", sagte Stocker.
Der Ministerpräsident der Steiermark, Mario Kunasek (FPÖ), spricht sichtlich gerührt von einer "unfassbaren Tragödie". Man müsse gemeinsam durch diese Stunden und Tage gehen. Das Leben vieler habe sich mit dem heutigen Tag "dramatisch verändert". Das Land Steiermark werde in den nächsten drei Tagen keine öffentlichen Veranstaltungen abhalten.
Mehr als 160 Retter im Einsatz
Gegen 10.00 Uhr soll der Ex-Schüler das Feuer eröffnet haben. Sofort seien Spezialeinheiten alarmiert worden, das Gebäude wurde evakuiert. Laut Behörden waren 300 Polizeikräfte im Einsatz. Die Bevölkerung wurde laut Polizei zwischenzeitlich angehalten, den Bereich rund um die Bildungseinrichtung zu meiden und den Anweisungen der Sicherheitskräfte vor Ort Folge zu leisten. Die Eltern und die unverletzten Schüler wurden nach Angaben der Stadt in umliegenden Hallen untergebracht und von Kriseninterventionsteams betreut.
Auf Bildern und Videos ist zu sehen, wie zahlreiche Rettungskräfte, Polizeikräfte und Beamte der Spezialeinheit das Schulgebäude umringen. Wie ein Sprecher des örtlichen Roten Kreuzes der Deutschen Presse-Agentur sagte, waren mehr als 160 Retter im Einsatz. Auch mehrere Rettungshubschrauber seien angefordert worden. Ein spezieller Alarmplan des Landes für die Versorgung zahlreicher Verletzter wurde aktiviert.
Staatstrauer: Flaggen auf halbmast gesetzt
Österreich wird der Opfer des Amoklaufs mit einer dreitägigen Staatstrauer gedenken. Am Mittwoch soll es eine landesweite Trauerminute geben. Die Flaggen an Präsidentschaftskanzlei und Bundeskanzleramt sowie an anderen offiziellen Gebäuden würden auf halbmast gesetzt.
"Der Amoklauf an einer Schule in Graz ist eine nationale Tragödie, die unser gesamtes Land tief erschüttert", schrieb Österreichs Bundeskanzler Christian Stocker kurz nach der Tat auf der Plattform X. Es gebe keine Worte für den Schmerz und die Trauer. "Dieser Horror ist nicht in Worte zufassen", teilte auch Bundespräsident Alexander van der Bellen auf X mit. "Österreich trauert."
Steinmeier: Deutsche Nachbarn "im Herzen bei Ihnen"
Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sprach seine Anteilnahme aus. "Mit großer Bestürzung und tiefer Trauer habe ich von der Gewalttat in Graz erfahren, bei der so viele unschuldige Menschen ihr Leben verloren haben", hieß es in einem Kondolenzschreiben an seinen österreichischen Amtskollegen. "Ihre deutschen Nachbarn sind im Herzen bei Ihnen", so Steinmeier.
Ähnlich äußerte sich auch Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) in einem Telegramm an seinen Amtskollegen Stocker. "Es erschüttert mich zutiefst, dass junge Menschen so jäh aus dem Leben gerissen wurden", so Merz.
Amokfahrt vor knapp zehn Jahren in Graz
Die Tragödie dürfte als bisher schlimmster Amoklauf in die Geschichte des Nachbarlandes eingehen. Im Mai 1997 erschoss ein 16-Jähriger in der niederösterreichischen Gemeinde Zöbern eine Lehrerin und verletzte eine zweite schwer. 2018 wurde ein 18-Jähriger nach einem geplanten Amoklauf wegen versuchten Mordes zu sechs Jahren Haft verurteilt. Er hatte vor einer Schule in Mistelbach nördlich von Wien einen 19-Jährigen mit einer Schrotflinte angeschossen und schwer verletzt.
Graz wurde bereits zum zweiten Mal Schauplatz einer Tragödie dieser Art. Im Juni 2015 war ein Mann mit seinem Auto bei hoher Geschwindigkeit über den Bürgersteig und Fußgängerzonen gefahren. Drei Menschen wurden getötet und 36 verletzt. Graz ist mit rund 300.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt Österreichs.
Bei der Schule handelt es sich um ein sogenanntes Bundes-Oberstufenrealgymnasium. An solchen Schulen sind Schülerinnen und Schüler in der Regel 14 Jahre und älter. Die Schule zeigt auf ihrer Webseite 17 Schulklassen und ein Foto von rund 40 Lehrkräften./mrd/DP/jha