ROUNDUP 2: USA machen EU neues Angebot im Zollkonflikt
(neu: Informationen zum US-Vorschlag für eine Rahmenvereinbarung)
BRÜSSEL (dpa-AFX) - Im Zollkonflikt mit der EU haben die USA ein neues Angebot vorgelegt. Die EU-Kommission bestätigte in der Nacht zum Freitag den Eingang eines entsprechenden US-Dokuments. Es werde nun geprüft, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nach einem EU-Gipfeltreffen in Brüssel.
"Wir sind zu einer Einigung bereit. Gleichzeitig bereiten wir uns auf die Möglichkeit vor, dass keine zufriedenstellende Einigung erzielt wird", sagte von der Leyen und fügte hinzu: "Alle Optionen bleiben auf dem Tisch." Zum Inhalt des Dokuments wollten sich weder die Kommissionspräsidentin noch EU-Ratspräsident António Costa öffentlich äußern.
Wie die Deutsche Presse-Agentur von anderen Gipfelteilnehmern erfuhr, ist es nach dem neuen US-Vorschlag für eine Rahmenvereinbarung unwahrscheinlich, dass der von US-Präsident Donald Trump eingeführte Basiszoll in Höhe von zehn Prozent auf fast alle Importe noch komplett wegverhandelt werden kann. Hoffnung gibt es demnach aber beispielsweise mit Blick auf zusätzlich in Kraft gesetzte US-Sonderzölle etwa auf Autoimporte.
Für die EU dürfte sich damit in Kürze die grundsätzliche Frage stellen, ob sie bereit ist, einen neuen Basiszoll zu akzeptieren, um eine weitere Eskalation des Handelsstreits zu verhindern. Alternativ könnte sie auf ihre Marktmacht setzen und versuchen, Trump mit Entschlossenheit und Härte zum Einlenken zu bringen.
So betonte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, dass es die EU schwach und naiv aussehen lassen könnte, wenn sie einen neuen Basiszoll ohne Ausgleichsmaßnahmen hinnehmen würde. Neue Belastungen für EU-Hersteller müssten im Zweifelsfall gleiche Belastungen für US-Hersteller zur Folge haben, sagte er.
Merz will lieber schnelle und einfache Lösung
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) schloss hingegen begrenzte Zugeständnisse nicht aus. "Lieber jetzt schnell und einfach, als langsam und hoch kompliziert", sagte er in Bezug auf die Verhandlungen mit den USA. Die von Trump eingeführten Zölle gefährdeten deutsche Unternehmen. Besonders für die Automobilindustrie, die chemische Industrie, die pharmazeutische Industrie, den Maschinenbau und die Stahl- und Aluminiumbranche brauche es eine Lösung.
Trump droht mit weiteren Zöllen, falls Einigung ausbleibt
Merz äußerte sich vor dem Hintergrund, dass Trump ab dem 9. Juli noch mehr Zölle in Kraft treten lassen will, wenn die EU den USA in Handelsfragen nicht entgegenkommt. Der Republikaner begründet seinen Kurs vor allem damit, dass er angebliche Handelsungleichgewichte korrigieren will.
Zugleich sollen Zolleinnahmen dazu dienen, sein teures Wahlversprechen großer Steuersenkungen zumindest teilweise gegenzufinanzieren. Die EU-Kommission sieht die Zölle hingegen als nicht gerechtfertigt und unvereinbar mit den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) an.
Von der Leyen: EU bereit für Gegenmaßnahmen
Für den Fall, dass es keine annehmbare Einigung mit den USA gibt, will die Behörde schnell Gegenzölle verhängen. Von der Leyen betonte, dass man bereit sei, die europäischen Interessen falls nötig zu verteidigen und eine Liste mit "Ausgleichsmaßnahmen" besprochen habe. Merz äußerte Unterstützung für diesen Kurs. "Wenn es keine Vereinbarung über die Zölle gibt, dann ist die Europäische Union bereit und in der Lage, auch entsprechende eigene Maßnahmen zu ergreifen", sagte er.
Einigung in den Verhandlungen zwischen China und den USA
Im Konflikt zwischen China und den USA scheint indes ein Schritt zur Deeskalation gelungen zu sein. Nach Angaben beider Länder konnten sich die Verhandler auf ein Ende bestimmter Handelsbeschränkungen einigen. Wie das Handelsministerium in Peking mitteilte, wird China Anträge für die Ausfuhr "kontrollierter Güter" prüfen und genehmigen, welche den Bestimmungen entsprechen. Die USA würden im Gegenzug eine Reihe "restriktiver Maßnahmen" gegen China aufheben, hieß es weiter.
US-Präsident Donald Trump hatte zuvor eine unterzeichnete Vereinbarung mit China erwähnt - jedoch viele Fragen offengelassen. US-Handelsminister Howard Lutnick bestätige anschließend im Interview der Finanznachrichtenagentur Bloomberg, dass der Deal mit China unterschrieben worden sei.
Wegen Chinas Exportbeschränkungen auf seltene Erden geriet zuletzt die Industrie außerhalb der Volksrepublik deutlich unter Druck. Auch in Deutschland sorgen sich Unternehmen etwa in der Automobilbranche oder im Maschinenbau über den Nachschub der wichtigen Metalle, die etwa für Sensoren oder in Elektromotoren verbaut werden.
Wird die WTO langfristig ersetzt?
Ausgelöst durch die drohenden Handelskriege gibt es in der Europäischen Union eine neue Idee: ein Ersatz für die inzwischen weitgehend handlungsunfähige Welthandelsorganisation (WTO). Von der Leyen brachte beim EU-Gipfel eine "Neugestaltung" der Organisation ins Spiel.
Merz sprach sogar von einer "neuen Art von Handelsorganisation", die schrittweise ersetzen könnte, "was wir mit der WTO heute nicht mehr haben". Der CDU-Vorsitzende meint damit Mechanismen zur Beilegung von Handelsstreitigkeiten. Die Europäische Kommission könnte solche Mechanismen für neue Handelsabkommen der EU etablieren, sagte Merz.
Die WTO wurde 1995 zum Abbau weltweiter Handelshemmnisse gegründet. Sie leidet seit Jahren unter zunehmendem Protektionismus, veralteten Regeln und der Blockade seines Berufungsgremiums. Reformen scheiterten bislang an der Uneinigkeit der Mitglieder./tre/DP/stw