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ROUNDUP/BSI-Chefin: Cyberschutz-Verpflichtung für Firmen ab 2026

13.07.2025
um 15:05 Uhr

BERLIN (dpa-AFX) - Die Bundesregierung will eine EU-Richtlinie für den verpflichtenden Schutz wichtiger Anlagen und Unternehmen vor Cyberangriffen in Deutschland bis Anfang 2026 gesetzlich verankern. "Das Bundesinnenministerium treibt dieses Thema im Moment mit Hochdruck voran", sagt die Präsidentin des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Claudia Plattner, der Deutschen Presse-Agentur. "Ich habe die Hoffnung, dass wir es schaffen, dass es Anfang 2026 in Kraft treten kann." Zu dem Entwurf, der unter anderem die Pflicht zur Risikoanalyse und zur Meldung von Sicherheitsvorfällen bestimmt, wurden laut Innenministerium Anfang Juli die Länder und betroffene Verbände angehört. "Wichtig ist, dass die Unternehmen und Institutionen den Startschuss hören", sagt die BSI-Chefin.

Schutz vor Erpressern und Sabotage

Mit der Umsetzung der europäischen NIS-2-Richtlinie soll mehr Cybersicherheit von Unternehmen und Institutionen geschaffen werden. Als wichtige Einrichtung im Sinne des Gesetzes gelten unter anderem größere Unternehmen der Sektoren Energie, Verkehr, Trinkwasser, Lebensmittelproduktion, Abwasser und Telekommunikation. Die Idee dahinter: Wenn sie nicht mehr arbeitsfähig wären - etwa weil ein Hacker ihre Daten verschlüsselt oder den Zugriff darauf blockiert hat
- hätte das erhebliche Auswirkungen auf die Bevölkerung.

Die Pflicht zur Umsetzung bestimmter Sicherheitsmaßnahmen zur Abwehr und Bewältigung von Cyberangriffen soll künftig schätzungsweise rund 29.000 Unternehmen betreffen und damit deutlich mehr als bisher. Aktuell betreut das BSI rund 4.500 Betreiber kritischer Infrastruktur, die bestimmte Standards in Sachen Cybersicherheit erfüllen müssen. "Die Anforderungen, die auf die betroffenen Unternehmen und Einrichtungen zukommen, haben viele derjenigen, die es angeht, immer noch nicht richtig auf dem Schirm", sagt Plattner.

Umsetzungsfrist lief im Oktober ab

Die Frist für die NIS-2-Richtlinie ist am 17. Oktober 2024 abgelaufen. Bis zu diesem Datum hätten alle EU-Mitgliedstaaten die Richtlinie in nationales Recht umsetzen müssen. Deutschland und zahlreiche andere EU-Staaten haben die Frist nicht eingehalten. Die Ampel-Koalition hatte im Juli 2024 im Kabinett einen entsprechenden Gesetzentwurf beschlossen. Nach dem Auseinanderbrechen der Koalition von SPD, Grünen und FDP fand sich dafür jedoch keine Mehrheit mehr im Bundestag. "Dadurch, dass wir es in der letzten Legislaturperiode nicht mehr geschafft haben, ist da jetzt wirklich Tempo gefordert", mahnt die BSI-Präsidentin. Aus ihrer Sicht sei es daher besser, die Richtlinie rasch umzusetzen und später gegebenenfalls noch einmal nachzubessern.

Kriminelle Hacker und Geheimdienst-Aktivitäten

Denn deutsche Unternehmen, Behörden, Forschungsinstitute und auch Einrichtungen in der Politik würden auf einem relativ hohen Niveau dauerhaft angegriffen und das Gesetz werde dafür sorgen, das Risiko zu reduzieren, dass diese Angriffe erfolgreich sind. Aktuell beobachtet das BSI nach eigenen Angaben viele Lieferketten-Angriffe. Dabei geht es etwa um Ingenieursbüros oder IT-Firmen, bei denen sich hinterher oft herausstellt, dass nicht der Dienstleister das eigentliche Angriffsziel war, sondern Firmen oder Institutionen, die ihre Kunden sind. "Das können auch Behörden oder Institutionen aus dem politischen Raum sein", sagt Plattner.

Manchmal sei auch nicht ganz klar, ob es um eine rein kriminelle Operation geht oder womöglich auch ein staatlicher Akteur im Hintergrund eine Rolle spielt. In einigen Fällen sei beides relevant. "Es gibt da unheilige Allianzen zwischen finanziell motivierten und politischen Akteuren", berichtet die BSI-Präsidentin.

Hacker haben auch Kommunen und Kliniken im Visier

Ein Hackerangriff hatte in den vergangenen Tagen einen massiven IT-Ausfall verursacht und für Probleme in den deutschen Einrichtungen des Gesundheitskonzerns Ameos gesorgt. In Sachsen-Anhalt waren am Donnerstag mehrere Internetseiten von Ministerien kurzzeitig nicht aufrufbar. Grund sei ein Überlastungsangriff einer prorussischen Hackergruppe auf das Landesportal, hieß es./abc/DP/zb