FRANKFURT (dpa-AFX) - Die neue Woche steht ganz im Zeichen der Zinsentscheidung der US-Notenbank Fed am Mittwoch. Die Anleger am deutschen Aktienmarkt hatten zuletzt weiter sinkende Zinsen eingepreist. Ob die Fed ihnen mit einer Zinssenkung tatsächlich ein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk macht, ist mit Blick auf die hartnäckige Inflation in den USA allerdings unsicher. So könnte die Notenbank entweder den Startschuss für eine Jahresendrally geben oder 2025 mit einer herben Enttäuschung enden lassen.
"Man ist sich in der Fed aktuell nicht einig, ob der Fokus auf die erhöhte Inflation oder den schwachen Arbeitsmarkt gelegt werden soll", stellte Gunter Deuber fest, Chefvolkswirt der Raiffeisen Bank International. Das duale Mandat der Notenbank aus Preisstabilität und Vollbeschäftigung führe aktuell zu einem Zielkonflikt. Da die Inflation infolge der Zollpolitik von US-Präsident Trump aber bisher geringer ausgefallen sei als erwartet, dürfte eine Zinssenkung das wahrscheinlichere Szenario sein, so Deuber. Marktanalyst Luis Ruiz vom Broker CMC Markets sprach gar vom "Weg des geringsten Widerstands".
Nach dem Teilstillstand der US-Regierungsgeschäfte hat die Fed allerdings noch immer wenige und obendrein verspätete Konjunkturdaten für ihre Entscheidungsfindung zur Verfügung. Ob das Fehlen wichtiger Daten zu einer geldpolitischen Lockerung animiert oder eher für ein Stillhalten spricht, sei unklar, gab Patrick Franke von der Helaba zu Bedenken. Der Markt überschätze die Wahrscheinlichkeit einer vorweihnachtlichen Zinssenkung. Allerdings sei mittelfristig sowieso unwichtig, ob die Zinsen im Dezember oder erst im Januar sinken würden.
Für das kommende Jahr gehen die Anleger von drei weiteren Zinsschritten aus, schrieb Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets. Sie dürften also vor allem beim geldpolitischen Ausblick der Fed genau hinhören. Aus Sicht von Marktanalyst Jochen Stanzl von der Consorsbank sind die jüngsten Daten aus der US-Wirtschaft zu heterogen, um eine automatische Serie weiterer Schritte zu rechtfertigen. Deshalb bleibe spannend, ob es im Dezember mit Blick auf das weitere Vorgehen der Fed ein "One-Hit-Wonder" gebe und ob dies den Anlegern zur Wochenmitte genügen wird.
Die weitere Geldpolitik dürfte dabei auch vom neuen Chef der US-Notenbank abhängen. Für den scheidenden Jerome Powell könnte im Mai der Trump-nahe Kevin Hassett übernehmen. Robert Greil, Chefstratege der Privatbank Merck Finck, rechnet in der Folge mit einem noch größeren Einfluss des US-Präsidenten auf die Fed. "Und da Trump eher weitere Leitzinssenkungen in Richtung zweieinhalb anstatt der vom Markt erwarteten etwa drei Prozent im nächsten Jahr anpeilt, könnte das für noch etwas mehr als die erwarteten drei Leitzinsschritte nach unten sorgen", ergänzte Greil.
In diesem Fall könnte den Anlegern jedoch trotz sinkender Zinsen bitter aufstoßen, dass die Notenbank schleichend ihre Unabhängigkeit verliere, mahnte Henning Oligmüller von der LBBW. Er hält daher einen schwachen Jahresstart im Dax
Zuletzt hatte sich der Dax wieder bis zur runden Marke von 24.000 Punkten nach oben gekämpft. Sein Jahresplus liegt bei mehr als einem Fünftel und auch charttechnisch hat sich das Bild für den Leitindex nach der vorherigen Korrektur im November wieder spürbar aufgehellt. Neben der Geldpolitik spiele auch ein mögliches Friedensabkommen in der Ukraine eine wichtige Rolle, sagte Marktbeobachter Andreas Lipkow. Die konjunkturelle Situation in Deutschland werde dagegen weitestgehend ausgeblendet.
Allzu viele Daten stehen in der neuen Woche ohnehin nicht auf der Agenda. Lediglich die Industrieproduktion und die Handelsbilanz im Oktober könnten Beachtung finden. Auf Unternehmensseite stehen dafür im Wochenverlauf Jahreszahlen von Thyssenkrupp
--- Von Nicklas Wolf, dpa-AFX ---