Frankfurt (Reuters) - Volkswagen-Großaktionär Niedersachsen sieht Bonuszahlungen an Vorstände des Wolfsburger Konzerns inmitten des Dieselskandals kritisch.
"Das Land Niedersachsen hat ein hohes Problembewusstsein in der Frage der flexiblen Boni", sagte eine Sprecherin von Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) am Freitag. Die Frage über die Höhe der erfolgsabhängigen Zahlungen sorgt derzeit für Zündstoff in dem Streit des Managements mit den Arbeitnehmern über eine Verschärfung des Sparkurses bei VW, dem auch Arbeitsplätze zum Opfer fallen könnten. Ulrich Hocker, Präsident der Aktionärsvereinigung DSW, forderte einen Verzicht der Top-Manager auf Bonuszahlungen: "Es wäre angezeigt, dass die Vorstände in dieser Krise ein sichtbares Zeichen setzen".
Die Entscheidung, ob die VW-Vorstände angesichts der hohen Kosten für die Bewältigung des Abgasskandals auf ihre Boni verzichten sollten, habe der Aufsichtsrat zu treffen, betonte Weils Sprecherin. "Die Meinungsbildung dazu ist noch nicht abgeschlossen." Niedersachsen hält 20 Prozent an Volkswagen, Ministerpräsident Weil sitzt im Aufsichtsrat. Vorstandschef Matthias Müller hatte bereits Ende 2015 erklärt, dass auch der Vorstand den Gürtel enger schnallen müsse. Von einem kompletten Verzicht auf die Bonuszahlungen sei aber nie die Rede gewesen, stellte ein VW-Sprecher klar.
Wie bei anderen Konzernen auch werden bei VW die Erfolgszahlungen für gute Geschäfte über mehrere Jahre gestreckt. So haben Manager weiter Anspruch auf Boni für die Erfolge von vor 2015. "Die vertraglichen Verpflichtungen sind gegeben, aber es ist eine Frage der Moral, dem einen Riegel vorzuschieben", sagte DSW-Präsident Hocker. Wegen des Skandals über manipulierte Abgaswerte von Dieselmotoren musste VW 6,7 Milliarden Euro an Rückstellungen bilden. "Natürlich ist die Frage legitim, ob in dieser Gesamtsituation eine vollständige Auszahlung von Boni angemessen ist", sagte ein Mitglied des Aufsichtsrats der Nachrichtenagentur Reuters. "Man könnte sogar argumentieren, dass die Manipulation beim Dieselthema die üppigen operativen Gewinne bei Volkswagen in den vergangenen Jahren befördert hat. Umso dringender wäre es geboten, dass der Aufsichtsrat dem Vorstand nahelegt, auf Boni zu verzichten." Das Kontrollgremium soll auf seiner Sitzung am 20. April über das Thema entscheiden.
Bis dahin wolle der VW-Vorstand auch Vorschläge für Änderungen an der Gehaltsstruktur für das Top-Management erarbeiten lassen, sagten zwei mit den Plänen vertraute Personen. Dabei könnten die variablen Vergütungsanteile sinken, feste Gehaltsanteile aber steigen. Ein Firmensprecher nannte diese Angaben "Spekulation" und verwies auf die für den 28. April geplante Bilanzpressekonferenz in Wolfsburg abhält.