Frankfurt (Reuters) - Die Allianz streicht in Deutschland in den nächsten dreieinhalb Jahren 700 Arbeitsplätze.
Sie fallen der zunehmenden Digitalisierung und Automatisierung etwa bei der Bearbeitung von Schadenmeldungen zum Opfer. "Eine Reduktion von Stellen ist nicht das Ziel, aber eine der Konsequenzen dieser Veränderungen, die sich nicht vermeiden lassen", erklärte Allianz-Deutschland-Vorstand Ruedi Kubat in einem Beitrag im Intranet des Münchener Versicherers, der Reuters am Freitag vorlag. Im Bereich "Schaden/Betrieb" sind 10.000 der 29.000 Mitarbeiter der Allianz Deutschland beschäftigt. Insgesamt braucht die Allianz dort rund 1200 Beschäftigte weniger. Mit 500 hat sie schon im vergangenen Jahr Altersteilzeit-Regelungen vereinbart. Die "Süddeutsche Zeitung" hatte als erste über die Pläne berichtet.
Die Digitalisierung macht viele Tätigkeiten in der Branche überflüssig. So bearbeiten und regulieren Versicherer bestimmte Haftpflicht- oder Kfz-Schäden inzwischen, ohne dass ein Mensch involviert ist. Experten hätten bei Allianz Deutschland sogar ein Potenzial von mehr als 2000 Stellen ausgemacht, die durch den technischen Fortschritt wegfallen könnten, sagte ein Sprecher. Einen Teil davon will der größte deutsche Versicherer aber kompensieren, indem neue Jobs etwa in der Kundenbetreuung geschaffen werden. Mit dem Stellenabbau verbunden ist auch eine Neuordnung in der Schadenbearbeitung. In der Unfallversicherungs-Sparte etwa sollen von fünf Standorten nur Berlin und München übrig bleiben.
Kündigungen will die Allianz dabei möglichst vermeiden. Im Intranet spricht sie von einer "fairen und sozialverträglichen Lösung". Die Verhandlungen mit den Arbeitnehmervertretern liefen bereits.
VERDI FORDERT "SPIELREGELN UND LEITPLANKEN"
Die Gewerkschaft Verdi sieht sich durch die Streichungen bei der Allianz in ihren Befürchtungen bestätigt. "Die Gefährdung der Arbeitsplätze durch Digitalisierungsprozesse ist kein abstraktes Zukunftsthema, sondern konkrete Realität", sagte Fachbereichsleiterin Martina Grundler der Nachrichtenagentur Reuters. "Alle Studien zur Digitalisierung gehen davon aus, dass es in den nächsten Jahren einen erheblichen Stellenabbau in allen Versicherungs-Unternehmen geben wird." Dafür brauche man "Spielregeln und Leitplanken". Sonst hätten die Unternehmen den größten Wettbewerbsvorteil, die die geringste Rücksicht auf die Belegschaft nähmen, warnte Grundler. Verdi verhandelt gerade müber einen "Zukunftstarifvertrag Digitalisierung", der die Folgen abfedern soll. Dafür waren Tausende Beschäftigte Anfang der Woche auf die Straße gegangen.
Die Industrieversicherungs-Sparte der Allianz, AGCS, hatte im Frühjahr den Abbau von 500 Arbeitsplätzen angekündigt. Das ist dort jede zehnte Stelle. Allianz-Konzernchef Oliver Bäte hatte groß angelegte Stellenabbauprogramme kurz nach seinem Amtsantritt kritisiert. Sie seien ein Zeichen dafür, dass Manager nicht langfristig genug planten, sagte er damals.