Berlin (Reuters) - Deutsche-Bank-Chef John Cryan hat die Strategie seines Hauses verteidigt und bittet um Geduld.
"Wir sind davon überzeugt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Wir werden ihn konsequent weitergehen", sagte Cryan am Donnerstagabend in Berlin. "Wir haben diesen Weg im Herbst 2015 eingeschlagen und immer gesagt, dass dieser Umbau mehr als zwei oder drei Jahre dauern würde", fügte der Brite hinzu, der die größte deutsche Bank seit zweieinhalb Jahren leitet. Das Institut hatte jüngst angekündigt, dass 2017 vor allem wegen der US-Steuerreform unterm Strich erneut ein Verlust anfällt. Es wäre das dritte Minus in Folge.
Cryan plädierte dafür, dass nach der Bankenunion nun die Kapitalmarktunion kommen müsse. "Europa muss endlich seinen gemeinsamen Finanzmarkt weiterentwickeln." Dies sei mühsam, aber wichtig. Denn sonst "werden uns in diesem Wettbewerb andere weiter abhängen".
Cryan kritisierte zudem das lange Ringen um eine Bundesregierung und warnte vor negativen Folgen für die Wirtschaft. "Noch verkraftet das Land die zähe Regierungsbildung ganz gut", sagte der Manager. "Früher oder später werden zu viele politische Fragezeichen aber Unternehmen zögern lassen, wenn es um langfristige Investitionen geht." Deshalb sei der Erfolg bei den Sondierungen von Union und SPD ein gutes Zeichen. Auch wenn eine große Koalition noch kein Selbstläufer sei, hoffe er, dass es bald eine stabile Regierung gebe. "Denn kurzfristig stehen große Aufgaben an, gerade im internationalen Kontext."
Hierfür sei eine starke Bundesrepublik wichtig, sagte Cryan. "Und ausgerechnet jetzt erlaubt sich Deutschland ein politisches Vakuum." So müsse die Bundesregierung rasch auf die Vorschläge des französischen Präsidenten Emmanuel Macron für Europa reagieren. "Sonst werden andere das Drehbuch schreiben." Der Brite fügte hinzu: "Wir sehen ja gerade in Osteuropa Kräfte, die ein ganz anderes Verständnis von Europas Rolle haben."