- von Michael Martina und Gernot Heller
Washington/Peking/Berlin (Reuters) - Nach der jüngsten Eskalation im Handelsstreit zwischen den USA und China senden beide Seiten versöhnliche Signale.
Verhandlungen seien der bevorzugte Weg für die Regierung in Peking, sagte der chinesische Botschafter in den USA, Cui Tiankai, nach einem Treffen mit dem kommissarischen US-Außenminister John Sullivan. "Aber dazu gehören immer zwei." Der neue Wirtschaftsberater von US-Präsident Donald Trump, Larry Kudlow, deutete an, dass es womöglich gar nicht zu den angekündigten US-Zöllen gegen China kommen werde. "Ja, das ist möglich", sagte er. In Berichten staatlicher chinesischer Medien hieß es, die Volksrepublik werde einen Handelskrieg mit den USA bestehen und Druck von außen nicht nachgeben.
Die deutsche Regierung äußerte sich unterdessen besorgt über den Streit zwischen den beiden führenden Wirtschaftsmächten. Die Androhungen wechselseitiger Zölle auf Importprodukte des jeweils anderen Landes müsse man ernst nehmen, sagte Wirtschaftsstaatsekretär Matthias Machnig der ARD. "Ich hoffe, dass die Gesprächskanäle jetzt genutzt werden." An einer Zuspitzung des Konflikts könne niemand interessiert sein.
Derzeit versuchen die Europäer, dauerhaft von den neuen US-Zöllen auf Stahl- und Aluminium-Importe ausgenommen zu werden. Trump hatte aber auch deutschen Auto-Herstellern schon gedroht. Daimler erwartet hier eine politische Lösung. Der Konzern gehe davon aus, dass es nicht zu Strafzöllen auf seine Pkw komme, sagte Vorstandschef Dieter Zetsche am Donnerstag in Berlin.
Die bereits in Kraft getretenen Stahl- und Aluminium-Zölle richten sich vor allem gegen China. Zusätzlich hatten die USA diese Woche Importzölle von 25 Prozent auf 1300 chinesische Güter im Gesamtwert von 50 Milliarden Dollar auf den Weg gebracht. Damit soll unter anderem die Technologiebranche getroffen werden. Trump wirft China Know-How-Diebstahl vor. Die Regierung in Peking hatte umgehend mit Zollplänen für 106 US-Waren in ähnlicher Größenordnung gekontert - etwa für Sojabohnen, Autos, Chemieprodukte und Flugzeuge.
BÖRSEN ERHOLEN SICH VOM SCHOCK
In der chinesischen Presse dominierten Berichte mit drohendem Unterton. In der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua hieß es zum Beispiel: "China hat keine Angst und wird nicht zurückweichen, sollte ein Handelskrieg nicht zu vermeiden sein." Die "Volkszeitung" der Kommunistischen Partei verwies auf die Größe des chinesischen Marktes. Damit könne ein Handelskrieg gewonnen werden.
Trumps Wirtschaftsberater Kudlow legte gegenüber dem Sender Fox Business den Schluss nahe, dass die US-Zollandrohungen Teil einer ausgeklügelten Verhandlungsstrategie seines Landes sein könnten, um China zu Zugeständnissen zu zwingen. Er sprach von Gesprächen, in denen jedes Mittel genutzt werde. Bei den Zöllen der USA und Chinas handele es sich bislang auch nur um Ankündigungen. "Ich bezweifele, dass es in den kommenden Monaten konkrete Schritte gibt."
An den Börsen reagierten Investoren erleichtert auf die Entspannungssignale aus Washington und Peking. Der deutsche Leitindex Dax schnellte bis zum Mittag um knapp zwei Prozent nach oben. In den Tagen zuvor hatten Investoren rund um den Globus Gelder als Aktien abgezogen.
Laut Rating-Agentur Standard & Poor's kommen China und die USA mit ihren Drohungen einem Handelskrieg zwar näher. Eine solche Zuspitzung sei derzeit aber nicht sehr wahrscheinlich. Momentan gehe man nicht davon aus, dass die Volkswirtschaften beider Länder oder die Kreditwürdigkeit der Unternehmen Schaden nähmen. Komme es aber zu einem echten Handelskrieg, würde dies das Geschäftsklima, das Verbrauchervertrauen, die Investitionsaussichten und das Wachstum in der Welt belasten.