London (Reuters) - Ein führender Siemens-Manager warnt Großbritannien vor einem unvorbereiteten Ausstieg aus der Zollunion nach dem Brexit.
"Wir müssen schnell etwas hinbekommen, das funktioniert, und wenn das nicht möglich ist, müssen wir einfach in der Zollunion bleiben", sagte der Großbritannien-Chef des Münchner Industriekonzerns, Jürgen Maier, der Nachrichtenagentur Reuters. Er habe bisher keine machbare Alternative gesehen. Einen Verbleib in der Zollunion hat Premierministerin Theresa May ausgeschlossen. Sie verhandelt neun Monate vor dem geplanten Ausscheiden Großbritanniens aus der Europäischen Union immer noch über die Bedingungen und peilt ein Freihandelsabkommen mit der EU an.
Mehr als die Hälfte des britischen Außenhandels im Volumen von 1,1 Billionen Dollar entfällt auf die EU-Staaten. In der Industrie wächst die Nervosität, weil sie keine Fortschritte in den Verhandlungen sieht. Sie fürchtet große Reibungsverluste im Handel. "Meine größte Sorge ist, dass wir nicht wissen, worauf wir uns vorbereiten sollen", sagte der deutschstämmige Maier, der seit seinem 10. Lebensjahr in Großbritannien lebt. Wenn der Brexit viel Geld koste, wäre dies ein Argument gegen Investitionen in Großbritannien.
Für Siemens ist Großbritannien der viertgrößte Markt nach den USA, Deutschland und China. Der Konzern beschäftigt dort rund 15.000 Mitarbeiter. "Wir transportieren jeden Tag Tausende Güter über die Grenzen, um Kraftwerke am Laufen zu halten, um Züge fahren zu lassen und um die britische Industrie produzieren zu lassen - werden diese Güter die Grenzen auch künftig relativ reibungslos passieren können?" Maier sagte, wenn jeder Lastwagen in Dover nur zwei Minuten länger für Zollformalitäten brauche, entwickle sich nach einem Tag auf beiden Seiten des Ärmelkanals ein 14 Kilometer langer Rückstau.