Berlin (Reuters) - Nach der umstrittenen Berufung der Wirtschaftsweisen Veronika Grimm in den Aufsichtsrat von Siemens Energy will sich der Sachverständigenrat über das weitere Vorgehen abstimmen.
Zunächst solle intern über das Thema beraten werden, hieß es am Dienstag aus Gremium. Zur Sache wolle man sich erst äußern, wenn es Ergebnisse gebe.
Die Ökonomin und Energieexpertin Grimm ist am Montagabend trotz Kritik der anderen vier Wirtschaftsweisen in den Aufsichtsrat des Energietechnik-Konzerns Siemens Energy gewählt worden. "Siemens Energy gehört für mich zu den weltweit spannendsten Unternehmen", sagte sie. "Mit seinem umfassenden Portfolio spielt es eine entscheidende Rolle bei der globalen Verwirklichung der Energiewende." Sie erhielt auf der Hauptversammlung 76,43 Prozent der Stimmen. Die Siemens AG, die an Siemens Energy beteiligt ist, stimmte nach eigenen Angaben allerdings nicht für die Ernennung Grimms. Als Grund wurde ein Interessenskonflikt genannt.
Den sehen auch die anderen vier Wirtschaftsweisen. Sie haben ihre Kollegin deshalb darum gebeten, auf den Aufsichtsratsposten zu verzichten. "Denn die anstehende Energietransformation ist von herausragender wirtschaftlicher und wirtschaftspolitischer Bedeutung", heißt es in einem in der vergangenen verbreiteten Stellungnahme der anderen vier Weisen Monika Schnitzer, Ulrike Malmendier, Achim Truger und Martin Werding. "In der Ratsarbeit ist die Expertise von Veronika Grimm daher von großem Wert."
Grimm sieht sich im Recht: "Ich habe prüfen lassen, ob das Aufsichtsratsmandat kompatibel ist mit meiner Aufgabe im Sachverständigenrat. Zusätzlich gab es eine Compliance-Prüfung bei der Siemens Energy. Resultat: unbedenklich", sagte die Expertin, die seit April 2020 in dem Gremium sitzt, das die Bundesregierung berät.
Die anderen vier Mitglieder räumen ein, dass das Sachverständigenratsgesetz von 1963 die Wahl eines Ratsmitglieds in einen Aufsichtsrat nicht ausschließt, betonen aber auch: "In der öffentlichen Wahrnehmung hat die Sensibilisierung von Compliance-Themen allerdings zugenommen und nimmt in der Debatte, aber auch in der Aufstellung von Unternehmen und Konzernen, einen größeren Stellenwert ein als beispielsweise noch vor zehn oder 15 Jahren."
(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Sabine Ehrhardt - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)