Reuters

Neue VW-Spitze sagt restlose Aufklärung der Abgas-Affäre zu

08.10.2015
um 06:57 Uhr

Hamburg/Wolfsburg (Reuters) - Ein neues Führungsduo soll den wegen Abgas-Manipulationen ins Schlingern geratenen Volkswagen-Konzern in der Spur halten:

Eineinhalb Wochen nach der Ernennung von Matthias Müller zum neuen Vorstandschef wählte der Aufsichtsrat am Mittwoch Hans Dieter Pötsch zum Vorsitzenden des Kontrollgremiums. Der bisherige Finanzvorstand des Wolfsburger Autobauers versprach, die Aufklärung der Abgas-Affäre voranzutreiben: "Es ist mir ein persönliches Anliegen, alles zu tun, damit die Vorgänge restlos aufgeklärt werden." Er wolle einen Beitrag leisten, damit das Vertrauen von Kunden, der Öffentlichkeit, Anlegern und Geschäftspartnern in Volkswagen wieder wachsen könne. Vor dem Konzern lägen große Herausforderungen.

Müller kündigte Details zum Rückruf der betroffenen Diesel-Fahrzeuge an. Allein in Europa sind rund acht Millionen Autos von VW mit einer Software ausgestattet, die Abgaswerte manipulieren kann.

Die VW-Aktie legte sieben Prozent auf 104 Euro zu, liegt damit aber noch immer 35 Prozent niedriger als vor Bekanntwerden des Skandals.

Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte vor den Europäischen Parlament, sie habe den Eindruck, dass sich VW um Transparenz bei der Klärung bemühe.

Der 64-Jährige Österreicher Pötsch löst den amtierenden Aufsichtsratschef Berthold Huber ab, der den Posten im April vorübergehend übernommen hatte. Firmenpatriarch Ferdinand Piech hatte sich nach einem verlorenem Machtkampf mit dem damaligen Konzernlenker Martin Winterkorn von allen Ämtern zurückgezogen. Zum neuen Finanzvorstand wurde Frank Witter bestellt, der bisher die VW-Tochter Financial Services leitet.

Pötsch ist bei Investoren nicht unumstritten. Einige Fondsgesellschaften und Analysten bemängeln, dass Volkswagen die Finanzmärkte erst spät über die Manipulationen informierte. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil stärkte Pötsch indes den Rücken. Die im Vorfeld geäußerte Kritik habe im Kontrollgremium natürlich eine Rolle gespielt. Nach Pötschs Ernennung zum Mitglied des Aufsichtsrats durch das Amtsgericht Braunschweig sei jedoch "sehr klar, dass die vorgetragenen rechtlichen Bedenken nicht greifen".

RÜCKRUF SOLL IM JANUAR STARTEN

Der Rückruf der betroffenen Autos soll im Januar starten. Die technische Beseitigung des Betrugs dürfe sich bis Ende 2016 hinziehen, sagte Müller der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".

Einzelheiten zur Umrüstung will Volkswagen in den nächsten Tagen nennen. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt sagte am Abend, VW habe das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) über Pläne für eine umfassende Rückrufaktion informiert. Eine Bewertung, mögliche Nachfragen und Auflagen für VW wolle das KBA möglichst schnell vorlegen.

VW-US-Chef Michael Horn muss am Donnerstag vor einem Ausschuss des Repräsentantenhauses in den USA Rede und Antwort stehen. In seiner bereits vorab verbreiteten schriftlichen Stellungnahme sicherte er den Abgeordneten seine Kooperation zu, lieferte aber kaum Hinweise darauf, wie es zu dem Skandal kommen konnte.

Volkswagen AG Vz.

WKN 766403 ISIN DE0007664039