- von Tom Käckenhoff und Christoph Steitz und Andreas Rinke
Düsseldorf/Frankfurt/Berlin (Reuters) - RWE-Chef Rolf Martin Schmitz will noch in diesem Jahr eine Vereinbarung mit der Bundesregierung über die Umsetzung des Kohleausstiegs und die geforderten milliardenschweren Entschädigungen erzielen.
"Wir hoffen, dass es zügig zu konkreten Ergebnissen kommt, die Planungssicherheit schaffen – für unser Unternehmen, unsere Beschäftigten und die betroffenen Regionen", sagte der Manager am Mittwoch bei der Vorlage der Halbjahreszahlen. Er setz auf konkrete Ergebnisse im zweiten Halbjahr. Der Versorger fordert für die Stilllegung von Braunkohlekraftwerken pro Gigawatt Leistung Entschädigungen in Höhe von 1,2 bis 1,5 Milliarden Euro.
HILFEN FÜR MITARBEITER IN KOHLEKRAFTWERKEN UND IM TAGEBAU
Schmitz bezeichnete die Atmosphäre bei den Gesprächen als "sachlich-nüchtern", über den Inhalt sei Vertraulichkeit vereinbart worden. Das Wirtschaftsministerium strebt bis Ende des Jahres eine gesetzliche Regelung zum Ausstieg aus der Kohle an. Im Herbst soll das Kabinett nach Aussagen von Wirtschaftsminister Peter Altmaier zunächst einen Entwurf für ein Gesetz zum Steinkohleausstieg beschließen. Danach soll auch das Ende der Braunkohle noch 2019 geregelt werden..
Die von der Bundesregierung eingesetzte Kohlekommission hat einen Ausstieg aus der klimaschädlichen Stromerzeugung bis 2038 vorgeschlagen. RWE geht nach Schmitz' Worten davon aus, im Braunkohlebereich einen Großteil der bis 2022 angestrebten Stilllegungen von drei Gigawatt zu leisten. Dies hätte voraussichtlich den Abbau von mehr als 3000 der 9000 Arbeitsplätze in den Kraftwerken und im Tagebau des Konzerns zur Folge. RWE fordert, dass der Bund mit Zuschüssen wie bei den Stilllegungen im deutschen Steinkohlebergbau einen sozialverträglichen Abbau unterstützt. Dann könnten Mitarbeiter den Vorruhestand antreten, bekämen ein Übergangsgeld und könnten ohne Abschläge in Rente gehen, erläuterte Schmitz.
RWE - VOM KOHLE-DINO ZUM ÖKO-RIESEN
RWE ist hierzulande der mit Abstand größte Kohleverstromer und steht seit Jahren in der Kritik von Umweltschützern. Im September soll sich das Bild radikal ändern. Im Zuge der mit E.ON vereinbarten Zerschlagung seiner Tochter Innogy will sich der über 100 Jahre alte Versorger zu einem der größten Ökostromversorger Europas wandeln. "Wir sind startklar", betonte Schmitz. RWE wolle sich künftig auf die Erneuerbaren Energie und Speicher konzentrieren. RWE übernimmt dazu das Ökostromgeschäft von Innogy und das von E.ON. "Die nächsten Monate werden mit zu den spannendsten Momenten unserer Unternehmensgeschichte gehören."
Der noch vor wenigen Jahre am Abgrund stehende Energieriese hat seit Monaten Rückenwind. Die Aktie gehört in diesem Jahr zu den größten Gewinnern im Dax. Am Mittwoch legte sie weiter zu, nachdem RWE für das erste Halbjahr eine Gewinnsteigerung bekanntgegeben hatte. Der um Sondereffekte bereinigte Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebitda) von RWE Stand alone - ohne operative Beiträge von Innogy - stieg um rund 20 Prozent auf 1,37 Milliarden Euro. Die Zuwächse waren vor allem dem schwankenden Energiehandel zu verdanken, der auch im Gesamtjahr deutlich besser als erwartet abschneiden soll. RWE hatte deswegen Ende Juli die Prognose für das Gesamtjahr angehoben.
"Das operativ starke Ergebnis gibt uns Rückenwind für die nächsten Monate", sagte Schmitz. RWE hatte bereits Ende Juli die Prognose angehoben. Der Konzern erwartet 2019 ein bereinigtes Ebitda von 1,4 bis 1,7 Milliarden Euro. Die Dividende soll auf 80 von 70 Cent je Aktie steigen.