Berlin (Reuters) - Die Pleite von Thomas Cook hat der deutschen Reisebranche zu einem Jahresendspurt verholfen.
Denn viele von der Insolvenz des Pauschalanbieters betroffene Urlauber hätte ihre Reisen im Oktober neu gebucht und für ein "starkes Last-Minute-Geschäft zum Ende der Saison" gesorgt, teilte der Branchenverband DRV am Dienstag zu seiner Jahrestagung in Hamburg mit. Das Touristikjahr 2018/19 (bis Ende Oktober 2019) bescherte dem Wirtschaftszweig zwei Prozent Umsatzwachstum. Besonders beliebt waren Badeferien am Mittelmeer - etwa in Spanien, der Türkei und Griechenland. Fernreisen legten um vier Prozent zu, Hochsee-Kreuzfahrten sogar um neun Prozent.
Die Pleite des traditionsreichen Reisekonzerns Thomas Cook sorgte für Aufruhr, Kritiker spekulierten bereits über das Ende der Pauschalreise. "Die Insolvenz des Erfinders der Pauschalreise ist ein harter Schlag und stellt die Branche vor ernstzunehmende Herausforderungen", sagte der Präsident des Deutschen Reiseverbands (DRV), Norbert Fiebig. "Thomas Cook ist zwar insolvent, nicht jedoch die Pauschalreise."
Zehntausende Cook-Kunden, die ihre bereits bezahlten Reisen wegen der Pleite nicht mehr antreten konnten, dürften auf einem Großteil ihrer Ansprüche sitzen bleiben. Fiebig sagte, nun müsse man prüfen, wie der künftige Insolvenzschutz aussehen solle. Die maximale Versicherungsdeckung liegt in Deutschland bei 110 Millionen Euro - der Schaden bei Thomas Cook aber deutlich darüber.
Die Bundesregierung ist bereits im Gespräch mit der Branche und Versicherern, um das System des Insolvenzschutzes im Reiserecht zu überarbeiten. Eine Beratungsfirma soll noch bis Jahresende Alternativen bis hin zu Handlungsempfehlungen vorlegen, die Anfang 2020 in einen Gesetzentwurf münden sollen.
"Wir brauchen ein System, das den Schutz der Kunden gewährleistet und das wirtschaftlich tragfähig ist", sagte Fiebig. Neue Modelle müssten versicherbar bleiben, dürften aber die Finanzkraft der Firmen nicht überfordern. "Was die Branche nicht braucht, ist eine Sozialisierung der Risiken", betonte Fiebig und sprach sich gegen eine Fonds-Lösung und Schnellschüsse der Politik aus. Der Schweizer Versicherer Zurich steht in Deutschland für Schäden gerade, die Reisenden aus der Thomas-Cook-Pleite entstanden sind. Der Versicherer will demnächst bekanntgeben, wie viel Geld betroffene Kunden erwarten können.