Reuters

VW-Chef Müller schwört Betriebsrat auf Sparkurs ein

09.11.2015
um 19:12 Uhr

Hamburg (Reuters) - Volkswagen-Chef Matthias Müller und der mächtige Betriebsratschef Bernd Osterloh wollen nach Unstimmigkeiten um die Bewältigung der Abgaskrise nun doch zusammenarbeiten. Die beiden hätten sich am Montag auf das weitere Vorgehen zur Investitions- und Auslastungsplanung verständigt, teilte der Konzern im Anschluss an eine Aufsichtsratsitzung mit. In den kommenden zehn Tagen seien zwischen Vorstand und Arbeitnehmervertretung eine Reihe von Gesprächen geplant, um einen gemeinsamen Weg für die Zukunft des von der schwersten Krise in seiner Unternehmensgeschichte geschüttelten Konzerns zu bestimmen.

Osterloh hatte den Vorstand am Freitag scharf kritisiert und ihm Verstöße gegen die Mitbestimmung vorgeworfen. Er kritisierte, das Management verkünde Sparmaßnahmen einseitig und lasse den Betriebsrat dabei bewusst außen vor. "Wir erleben derzeit, wie der Vorstand agiert und dabei die Interessen der Beschäftigten vollkommen außer Acht lässt", sagte Osterloh zu Reuters. Insidern zufolge richtet sich die Kritik der Arbeitnehmer vor allem gegen VW-Markenchef Herbert Diess. Der frühere BMW-Manager, der die Hauptmarke von Volkswagen seit Juli führt, habe zusammen mit Vorständen den Sparkurs abgesteckt, ohne den Betriebsrat dazu einzuladen, sagten zwei Personen mit Kenntnis des Sachverhalts.

"In der jetzigen, schwierigen Situation müssen wir gemeinsame Entscheidungen treffen, welche die Wirtschaftlichkeit genauso berücksichtigen wie die Beschäftigung", betonte Müller. Dabei lege er großen Wert auf die Erfahrung der Betriebsräte. "Die Aufgabe ist angesichts der geänderten Rahmenbedingungen anspruchsvoll", fügte Müller hinzu. Osterloh sagte, die Belegschaft stehe hinter dem Unternehmen, solange es gelinge, eine ausgewogene Planung zwischen Investitionen, Sparmaßnahmen und Zukunftsprojekten zu verabreden. Dafür hätten die Gespräche zwischen ihm und Müller den Grundstein gelegt.

AUFSICHTSRAT ZIEHT ERSTE ZWISCHENBILANZ

Über den Ermittlungsstand bei der Aufklärung des Abgasskandals wurde zunächst nichts Neues bekannt. Die mit der Suche nach den Verantwortlichen beauftragte Anwaltskanzlei Jones Day trug dem 20-köpfigen Kontrollrat zwar ihre bisherigen Erkenntnisse vor, wie ein Insider sagte. Zwischenstände würden jedoch nicht veröffentlicht. Bisher sollen sieben Manager suspendiert worden sein.

Europas größter Autokonzern steckt in der tiefsten Krise seiner Geschichte, seitdem bekannt ist, dass in großem Stil Diesel-Abgaswerte manipuliert wurden. In Europa ruft Volkswagen deshalb 8,5 Millionen Fahrzeuge in die Werkstätten. VW räumte zudem ein, dass bei 800.000 Fahrzeugen zu niedrige CO2-Werte angegeben und damit falsche Versprechen beim Verbrauch gemacht wurden. Weltweit ermitteln Behörden gegen den Konzern, Anwälte sammeln Munition für Schadensersatzforderungen.

In den USA bietet Volkswagen seinen vom Abgasskandal betroffenen Kunden eine Entschädigung in Höhe von 1000 Dollar an. Dazu veröffentlichte der Konzern am Montag eine Offerte, wonach Besitzer der von Manipulation betroffenen Diesel-Autos mit 2,0-Liter-Motoren einen Gutschein über 500 Dollar erhalten sollen. Weitere 500 Dollar können bei VW-Autohäusern eingelöst werden. Zudem erhalten die VW-Kunden drei Jahre einen kostenlosen Pannendienst. "Wir arbeiten unermüdlich daran, eine zugelassene technische Lösung für die betroffenen Fahrzeuge zu entwickeln", sagte VW-USA-Chef Michael Horn. In der Zwischenzeit solle durch das "Goodwill-Paket" ein erster Schritt gemacht werden, um das Vertrauen der Kunden zurückzugewinnen.

Volkswagen AG Vz.

WKN 766403 ISIN DE0007664039