Frankfurt (Reuters) - Im Streit mit der Lufthansa um gekündigte Zubringerflüge stellt sich nach der EU-Kommission auch das Bundeskartellamt auf die Seite des Ferienfliegers Condor.
"Wir sind nach vorläufiger Prüfung der Auffassung, dass die Kündigung einen Missbrauch von Marktmacht darstellt", erklärte Kartellamtschef Andreas Mundt am Dienstag. Deutschlands größte Airline hatte einen Vertrag mit Condor über Lufthansa-Zubringerflüge zu Langstreckenverbindungen des Ferienfliegers mit Wirkung zum 1. Juni gekündigt. Condor hatte sich beim Bundeskartellamt beschwert und beim EU-Gericht in Luxemburg geklagt. Das Kartellamt führe Gespräche mit der Lufthansa über die weiteren Schritte. "Es wäre natürlich zu begrüßen, wenn die Lufthansa den Vertrag mit der Condor nun doch weiter laufen lassen würde", ergänzte Mundt.
Die Lufthansa verwies darauf, dass noch keine finale Entscheidung des Kartellamts vorliege und sie bis 7. April Zeit für eine Stellungnahme dazu habe. Vergangene Woche hatte die Lufthansa der Nachrichtenagentur Reuters gesagt, sie ziehe einen Verzicht auf die Kündigung "in Erwägung". Der Konzern reagierte damit auf einen Bericht im "Spiegel", nach dem EU-Kommissarin Margrethe Vestager mit einem Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland gedroht habe, wenn die Regierung das Vorgehen der Lufthansa nicht unterbinden sollte.
Die EU überwacht mit Argusaugen das Geschäftsgebaren der Lufthansa, weil diese mit bis zu neun Milliarden Euro Staatshilfen in der Corona-Krise vor der Pleite gerettet werden musste. Auch Condor kann sich nur mit staatlichem Kredit in der Luft halten und könnte nach Medienberichten weitere Hilfe benötigen.
Das Bundeskartellamt hatte das Verfahren gegen die Lufthansa im Januar begonnen. Die Behörde erklärte, nach vorläufiger Bewertung sei die Lufthansa bei Inlandszubringerflügen marktbeherrschend. Sie habe auf zahlreichen Strecken ein Monopol und verfüge am Flughafen Frankfurt über zwei Drittel der Start- und Landerechte. Circa ein Viertel der Passagiere der Condor-Langstrecken nutzten die Lufthansa-Zubringerflüge nach Frankfurt, um dort in einen Condor-Flieger umzusteigen. "Ohne diese Zubringerpassagiere kann die Langstrecke der Condor nach den bisherigen Ermittlungsergebnissen nicht wirtschaftlich betrieben werden", erklärte das Kartellamt weiter. Für Condor sei es nicht zumutbar, auf alternative Zubringermöglichkeiten zurückzugreifen. Die von der Lufthansa angeführten verbliebenen Buchungsmöglichkeiten ermöglichten Condor keine planbaren, verbindlich kombinierbaren Angebote an Reiseveranstalter und Reisebüros.
Die Lufthansa baut selbst ihr Langstreckenprogramm zu Urlaubzielen aus, um durch die Corona-Krise zu kommen. Das sei dem Unternehmen unbenommen, erklärte das Kartellamt. Allerdings dürfe die Lufthansa als marktbeherrschende Fluggesellschaft die Konkurrenz nicht von einer Vorleistung abschneiden, um ihre eigene Wettbewerbsposition zu stärken.