- von Arshad Mohammed und Trevor Hunnicutt
Washington/Moskau (Reuters) - Die USA verhängen neue Sanktionen gegen Russland. Dies sei die Antwort auf eine Einmischung in die US-Wahl, das Vorgehen gegen Dissidenten und Hackerangriffe, teilte das US-Präsidialamt am Donnerstag mit.
Zu den Schritten gehöre die Ausweisung von zehn Mitarbeitern der russischen Vertretung in Washington sowie Maßnahmen gegen Unternehmen. Ein Erlass von Präsident Joe Biden gebe Regierungsstellen zudem das Recht, in Zukunft jeden Bereich der russischen Wirtschaft mit Sanktionen zu belegen. Ein Teil der Maßnahmen richtet sich gezielt gegen Russlands Staatsfinanzen. So sollen US-Banken bestimmte russische Staatsanleihen nicht mehr kaufen dürfen. Die Regierung in Moskau bestellte in einer erste Reaktion den US-Botschafter ein und sprach von feindseligen Schritten.
Die Maßnahmen seien eine Antwort auf das "bösartige" Vorgehen Russlands, teilte das US-Präsidialamt mit. Sie seien gegen insgesamt 32 Personen und Organisationen gerichtet, die im Auftrag der russischen Regierung versucht hätten, die Präsidentenwahl im vergangenen Jahr zu beeinflussen. Russland hat Vorwürfe der Wahlbeeinflussung zurückgewiesen wie auch Beschuldigungen, den Kreml-Kritiker Alexej Nawalny vergiftet zu haben. Das Land steht nach eigener Darstellung entgegen US-Angaben auch nicht hinter dem Hackerangriff auf amerikanische Regierungsnetzwerke mit Hilfe schadhafter Software von SolarWinds.
RUSSLAND DROHEN HÖHERE ZINSEN BEI STAATSANLEIHEN
Den Vorgaben zufolge dürfen US-Banken ab dem 14. Juni nicht mehr bei der Erstausgabe von Anleihen zuschlagen - dem sogenannten Primärmarkt - können sich jedoch am Sekundärmarkt noch eindecken. Der russische Staat leiht sich regelmäßig Milliarden am Finanzmarkt. Fällt mit den US-Banken künftig ein potenziell großer Käufer aus, könnten das für Russland teuer werden: Andere Investoren müssten dann mit höheren Zinsen gelockt werden.
Das russische Außenministerium erklärte, das Gespräch mit dem US-Botschafter werde schwierig werden. Die feindseligen Schritte der USA verschärften auf gefährliche Art die Konfrontation zwischen beiden Staaten. Zwar habe Biden seinem russischen Kollegen Wladimir Putin zuletzt gesagt, er wolle die Beziehungen normalisieren. Das Vorgehen der Regierung in Washington deute jedoch auf das Gegenteil hin. Man werde bald auf die Schritte der USA reagieren. Das russische Finanzministerium kündigte ein flexibles Vorgehen bei der Ausgabe von Anleihen an. Man verfüge über die Werkzeuge, um notfalls die finanzielle Stabilität zu bewahren.
GROSSBRITANNIEN UND NATO STELLEN SICH HINTER USA
Die Nachrichtenagentur Reuters hatte am Mittwoch unter Berufung auf Insider von den US-Plänen berichtet. Die Meldung führte am Donnerstag vor der offiziellen Ankündigung an den Märkten zu deutlichen Reaktionen. Der Rubel geriet unter Druck, der russische Aktienindex RTS gab nach und Anleger trennten sich von russischen Staatsanleihen. Später erholten sich die russischen Aktien etwas. Die US-Maßnahmen seien nicht so schlimm wie befürchtet, sagte Wladislaw Silaew, Händler bei Alfa Capital.
Viele der US-Vorwürfe werden von anderen westlichen Staaten geteilt. Der britische Außenminister Dominic Raab sagte in einer ersten Reaktion, man erkenne, "was Russland unternimmt, um unsere Demokratien zu untergraben". Die Nato stellte sich hinter die USA. Die amerikanisch-russischen Beziehungen sind auch wegen des Ukraine-Konflikts belastet. Für eine gewisse Beruhigung sorgte in dieser Woche zunächst ein Telefonat zwischen Biden und Putin, bei dem Biden ein Treffen vorschlug. Nach türkischen Angaben verzichten die USA zudem auf die geplante Entsendung von zwei Kriegsschiffen ins Schwarze Meer. Eine Erklärung der US-Regierung lag dazu zunächst nicht vor. Russland hatte die geplante Fahrt als Provokation bezeichnet.