(Stellt im letzten Satz des erstes Absatzes klar: Eurofoam gehört seit 2020 komplett Greiner)
München (Reuters) - Der österreichische Kunststoff- und Schaumstoff-Hersteller Greiner will die milliardenschwere Übernahme des belgischen Rivalen Recticel auch gegen den Widerstand von dessen Management durchsetzen.
Der Vorstand von Recticel hatte das Angebot des Familienunternehmens aus Kremsmünster als unfreundlich zurückgewiesen und stattdessen den Verkauf der Sparte Technische Schaumstoffe an den größeren US-Konkurrenten Carpenter Co. vorgeschlagen. Die Technischen Schäume sind der Bereich, der Greiner an Recticel am meisten interessiert. Die Unternehmen betrieben 30 Jahre lang eine Gemeinschaftsfirma mit dem Namen Eurofoam, die 2020 ganz von Greiner übernommen wurde.
Für die Aktionäre wäre der Verkauf des gesamten Unternehmens mit gut 5000 Mitarbeitern an Greiner vorteilhafter, argumentierten die Österreicher am Mittwoch. Greiner hatte sich im Mai für 204 Millionen Euro das Aktienpaket von 27 Prozent des Recticel-Großaktionärs Compagnie du Bois Sauvage (CBS) gesichert und ein 750 Millionen Euro schweres Angebot an die übrigen Aktionäre des Unternehmens angekündigt. Die Annahmefrist beginnt am Donnerstag und läuft bis 17. Dezember. Insgesamt wird Recticel damit laut Greiner mit 1,17 Milliarden Euro bewertet. Das Carpenter-Angebot für die Schaumstoff-Sparte entspricht laut Recticel einer Bewertung von 656 Millionen Euro. Der Erlös könne an die Aktionäre ausgeschüttet werden.
Die zuvor zwei Tage lang vom Handel ausgesetzte Recticel-Aktie schoss am Mittwoch um 13 Prozent auf 16,58 Euro nach oben. Greiner bietet den Anteilseignern bisher 13,50 Euro.
Der Recticel-Vorstand habe keinerlei Perspektive für das verbleibende Geschäft aufgezeigt, kritisierte Greiner. Recticel produziert Dämmstoffe - die Greiner bisher nicht im Programm hat - und andere Produkte aus Polyurethan-Weichschaum (PU) für die Industrie. Bei Verbrauchern sind die Produkte der Betten-Sparte am bekanntesten, darunter "Schlaraffia"-Matratzen und "Lattoflex"-Lattenroste. Die Sparte steht allerdings ebenfalls zum Verkauf. Ob Greiner zum Zuge kommt, dürfte sich spätestens Anfang Dezember entscheiden. Dann muss die Hauptversammlung von Recticel über das Angebot von Carpenter entscheiden. Stimmen die Aktionäre dem Teilverkauf zu, hätten die Österreicher das Recht, sich zurückzuziehen.
Greiner hat seine Wurzeln im schwäbischen Nürtingen. Heute setzt das Unternehmen mit 11.500 Beschäftigten 1,93 Milliarden Euro um. Zum Portfolio zählen Produkte wie Joghurtbecher und Blutentnahmeröhrchen.