Reuters

VW-Absatzfinanzierer bekommt Rezessions-Ängste zu spüren

08.12.2022
um 13:37 Uhr

Braunschweig (Reuters) - Angesichts des Konjunkturabschwungs, hoher Energiekosten und gestiegener Zinsen erwartet Volkswagen im Geschäft mit Autofinanzierungen und Leasingverträgen ein schwieriges Jahr 2023.

"Wir sehen, dass die Menschen in der Rezessionserwartung vorsichtiger sind und wir nicht so viele Fahrzeuge verkaufen", sagte Frank Fiedler, Finanzchef von Volkswagen Financial Services, am Mittwochabend in Braunschweig. Er geht von höheren Risikokosten aus, wenn Kunden ihre Raten nicht zahlen. "Wenn Sie die Entscheidung treffen müssen, ob Sie heizen oder Autofahren, haben Sie eine vitale Diskussion mit sich selbst." Auch steigende Zinsen dürften das Ergebnis im nächsten Jahr belasten. Eine konkrete Prognose für das operative Ergebnis traut sich die VW-Tochter nicht zu.

Der Finanzvorstand begründete dies auch mit der vom Konzern ins Frühjahr verschobenen Investitionsplanung. Volkswagen richtet derzeit seine Software-Strategie neu aus und wird voraussichtlich Ende Januar oder Anfang Februar den Fahrplan für die Ausgaben und die Belegung der Werke der nächsten Jahre beschließen. Wegen der Überarbeitung der Pläne hatte der Vorstand die eigentlich für Anfang November angesetzte Planungsrunde verschoben.

Erst wenn auf dieser Grundlage das Fahrzeugvolumen der Marken absehbar sei, könne der Finanzdienstleister einen Geschäftsausblick formulieren, sagte Fiedler. Sollten wegen des nachlassenden Teilemangels wieder mehr Neufahrzeuge zur Verfügung stehen, dürften die Gebrauchtwagenpreise sinken. Dies sei schon jetzt zu erkennen. Die Finanzsparte profitiert im zu Ende gehenden Jahr noch von hohen Preisen für Gebrauchtwagen und geringeren Kosten für Kredit- und Restwertrisiken. Der operative Gewinn dürfte in einer Spanne zwischen fünf und 5,5 Milliarden Euro landen, sagte Fiedler. Im Sommer hatte die VW-Tochter hier noch einen Wert in der Größenordnung von fünf Milliarden Euro in Aussicht gestellt, nach einem operativen Rekordgewinn von 5,7 Milliarden Euro in 2021.

In den nächsten Jahren will die Finanzsparte des Wolfsburger Autokonzerns ihr Geschäft weiter ausbauen. Ziel ist, am gesamten Lebenszyklus eines Fahrzeugs zu verdienen. War das Geschäft bisher auf die Finanzierung und das Leasing von Neuwagen und jungen Gebrauchtwagen ausgerichtet, sollen nun auch ältere Gebrauchtwagen einbezogen werden. "Wir wollen einer der größten Gebrauchtwagen-Vermarkter Europas werden", sagte Vertriebschef Anthony Bandmann. Eine zentrale Rolle in den Plänen spielen die Gebrauchtwagenplattform Heycar und der von einem Konsortium um Volkswagen übernommene Autovermieter Europcar. Dieser soll zu einer Mobilitätsplattform für Angebote rund um Carsharing, Mitfahrdienste und Abo-Modelle ausgebaut werden. Künftig sollen VW-Kunden über eine App zwischen verschiedenen Mobilitätsdiensten wählen können, bis hin zum E-Scooter.

(Bericht von Jan C. Schwartz. Redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

Volkswagen AG Vz.

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