Reuters

Russland-Geschäft lässt Kasse von Geldhaus RBI klingeln

01.02.2023
um 13:52 Uhr

- von Alexandra Schwarz-Goerlich

Wien (Reuters) - Die österreichische Raiffeisen Bank International (RBI) hat so stark wie noch nie von ihrem umstrittenen Russland-Geschäft profitiert.

Die Tochterbank in Moskau, an der die RBI auch fast ein Jahr nach dem Einmarsch Russlands in der Ukraine festhält, trug im vergangenen Jahr mehr als die Hälfte zum Milliardengewinn des Wiener Geldhauses bei. 2021 hatte der Anteil noch bei einem Drittel gelegen. Die Bank prüfe weiter alle Optionen bis hin zu einem Ausstieg aus Russland, sagte Konzernchef Johann Strobl am Mittwoch. "Daran arbeiten wir mit Hochdruck seit vielen Monaten." Auf der Jahrespressekonferenz musste er fast ausschließlich Fragen zum Thema Russland-Geschäft beantworten. "Für Europa ist dieser Krieg eine Zensur, die Brücke zu Russland ist beschädigt", konstatierte Strobl.

Wie es mit der Tochterbank weitergeht, ließ der Manager weiter unbeantwortet. Derzeit könne die Bank nicht sagen, in welche Richtung eine Entscheidung tendiere, sagte Strobl. Er wisse, dass sich viele fragten, warum das so lange dauere. Ein Rückzug aus einem Land aber sei ein komplexes, langwieriges Verfahren und aus Russland umso mehr. "In Russland sind die Rahmenbedingungen andere, es ändert sich auch ständig. Der Weg, um hier eine Lösung zu finden, ist deutlich anspruchsvoller." Auf einen Zeitpunkt, bis wann eine Entscheidung getroffen werde, wollte er sich nicht festlegen.

Die RBI ist seit fast 30 Jahren in Russland tätig, beschäftigt dort gut 9500 Mitarbeiter, führt 130 Filialen und betreut rund 3,2 Millionen Kunden. Sie gilt als zehntgrößte Bank des Landes und ist damit neben der UniCredit, die ebenfalls noch nach Optionen für das Geschäft sucht, die am stärksten engagierte europäische Bank. Seit Kriegsausbruch in der Ukraine wurde das Neugeschäft weitgehend eingestellt und das Kreditportfolio um 30 Prozent reduziert, sagte Risikochef Hannes Mösenbacher. Dennoch vervierfachte sich der Nettogewinn der Moskauer Tochter im vergangenen Jahr auf 2,06 Milliarden Euro, auch dank der Aufwertung des russischen Rubel. Dividenden darf die Bank aber an die Konzernmutter in Wien aufgrund einer Verordnung der russischen Notenbank nicht ausschütten.

Die russische Tochter genießt laut Strobl im Westen viel Aufmerksamkeit, doch in Russland selbst habe die Bank nur einen Marktanteil von 1,5 Prozent oder weniger. "Für große russische Unternehmen oder für die russische Wirtschaft ist die RBI nicht entscheidend". Interessenten gebe es dennoch, allerdings nicht aus dem Westen, räumte Strobl ein. Mehr könne er aber nicht sagen. Die RBI hat die Tochter mit unter einer Milliarde Euro in den Büchern bewertet. Als Hürde für einen Verkauf gilt, dass die ausländischen Banken ihr Russland-Geschäft nur mit einer Sondergenehmigung von Präsident Wladimir Putin verkaufen dürfen. Das drückt naturgemäß den Kaufpreis.

UKRAINE ERHÖHT DEN DRUCK AUF DIE RBI

Druck, das Land zu verlassen, kommt vor allem aus der Ukraine, wo die RBI ebenfalls hunderte Filialen betreibt und trotz dem Krieges im Land Gewinne schreibt. Vorgeworfen wurde der RBI unter anderem, russischen Soldaten Kreditstundungen zu gewähren. Die Bank argumentierte, sie sei so wie alle russischen Banken gesetzlich dazu verpflichtet. Laut Risikochef Mösenbacher wären lediglich 0,2 Prozent des Portfolios davon betroffen.

Zudem wurde vor wenigen Tagen die russische Leasingtochter der Bank von der Ukraine auf eine Sanktionsliste gesetzt. Laut RBI bedeutet das, dass geleaste Güter der Kunden der Raiffeisen Leasing Russland auf ukrainischem Territorium beschlagnahmt werden können. Große wirtschaftliche Auswirkungen habe die Maßnahme nicht. Der Schritt zeigt aber, dass die Ukraine den Druck gegen die RBI erhöht, Russland den Rücken zu kehren.

Insgesamt erzielte die RBI 2022 einen Konzerngewinn von 3,6 Milliarden Euro, mehr als doppelt so viel wie die 1,4 Milliarden Euro aus dem Vorjahr. Ohne das Geschäft in Russland und Belarus und ohne den Erlös aus dem Verkauf der bulgarischen Tochter erzielte die RBI einen Nettogewinn von 982 Millionen Euro, ein Plus von 35 Prozent. "Dieses Ergebnis zeigt, dass die RBI nach wie vor konzernweit hohe Gewinne erwirtschaftet", sagte Strobl. Die Profitabilität des Geschäfts in Österreich sowie in Mittel- und Südosteuropa sei robust. Daher sollen die Aktionäre für 2022 eine Dividende erhalten. Die RBI gehört zu knapp 60 Prozent den Raiffeisenlandesbanken. Der Vorstand empfiehlt die Ausschüttung von bis zu 80 Cent je Aktie, nachdem die Anteilseigner im Vorjahr leer ausgegangen waren. Der Zeitpunkt der Entscheidung sei aber noch offen und wird laut Strobl wahrscheinlich nicht auf der Hauptversammlung Ende März fallen, sondern bei einem späteren außerordentlichen Aktionärstreffen. Abhängig sei die Zahlung von den Kapitalquoten und den fortdauernden strategischen Überlegungen, hieß es.

(Bericht von Alexandra Schwarz-Goerlich. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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